Rückblick

JB_Forschungsakzente

2022 im Fokus der Inflationsentwicklung

Forschung – nah an den wirtschaftspolitischen Themen der Gesellschaft. Diese Brücke zwischen Forschung und Gesellschaft zu sein, ist das Mission Statement der KOF und spiegelt sich somit in sehr vielen Forschungsprojekten. Neben dem Krieg in der Ukraine waren die rasant in die Höhe schnellende Inflation und die Diskussion um eine Energiekrise die grossen in der Öffentlichkeit diskutierten Wirtschaftsthemen im vergangenen Jahr.

Neben ihrer Expertise zu diesen Themen in den Medien lancierte die KOF verschiedene Projekte, die sich insbesondere mit dem Thema der Inflation auseinandersetzen: So wurden beispielsweise bei den KOF Konjunkturumfragen neue quantitative Fragen zu den Lohn- und Inflationserwartungen der teilnehmenden Unternehmen integriert. Interessant hierbei ist, dass man eine direkte Einschätzung darüber erhält, was die Unternehmen in ihrem Betrieb für eine Lohnentwicklung erwarten und wie ihre Preisvorstellungen aussehen. Diese Entwicklung wurde von externen Personen der Universitäten Basel und Lüneburg sowie der Schweizerischen Nationalbank begleitet.

Die Ergebnisse werden als experimentelle Statistik der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt. Aufbauend auf diesem Projekt, wurde ein Umfrageexperiment durchgeführt, das beantworten sollte, ob und wie Inflationserwartungen das Preis- und Lohnsetzungsverhalten von Unternehmen beeinflussen. Die gewonnenen Erkenntnisse können allgemeine Informationen darüber liefern, wie sich der Preisdruck in einer Volkswirtschaft ausbreitet.

Inflation Schweiz, Euroraum, USA 2020 - 2024

Fachkräftemangel und Arbeitsmarktbeobachtungen in der Schweizer Wirtschaft

Ein weiteres, in der Öffentlichkeit viel diskutiertes Thema war der Fachkräftemangel. Neben der Analyse dieses Themas in den Medien ist es auch Gegenstand von Forschungsprojekten an der KOF. Im Rahmen eines vom externe SeiteSchweizer Arbeitgeberverband finanzierten Projekts entwickelten KOF Forschende mit einem externen Partner ein neues Verfahren, um den Fachkräftemangel in der Schweiz in verschiedenen Branchen, Berufen und Kompetenzfeldern umfassend und detailliert zu charakterisieren. Dafür wurden Onlinedaten verwendet, welche zeigen wie lange nahezu alle im Web aufgeschalteten Stelleninserate verfügbar bleiben. Diese Daten wurden erstmalig für eine solche Auswertung verwendet. Sie erlauben es, Stellenprofile zu identifizieren, die besonders schwierig zu besetzen sind. Der Schlussbericht wurde im Februar 2023 veröffentlicht.

Ein anderes Projekt, das sich mit dem Thema Förderung von Fähigkeiten in Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik (MINT) beschäftigt, setzt an einem frühen Stadium des späteren Fachkräftemangels an. Das institutsübergreifende Projekt «Edumap: MINT-Förderung im Gymnasium» hat zum Ziel, Mittelschulen mit Datenanalysen bei der MINT-Förderung von Schülerinnen zu unterstützen. Das Projekt wird in Zusammenarbeit mit dem Department of Economics der Universität Zürich, der Assistenzprofessur für Economics of Child and Youth Development an der Universität Zürich sowie den Schulleitungen der ETH und Universität Zürich durchgeführt.

Dafür wurden Daten der Universität Zürich und der ETH Zürich zu allen Studierenden seit 2010 aufbereitet. Zudem analysierte das Projekt in verschiedenen Fallstudien, welche individuellen und schulischen Faktoren dazu beitragen, dass sich Schülerinnen für ein MINT-Studium an den beiden Universitäten entscheiden. Ende 2022 wurden den Schulen die Ergebnisse online zugänglich gemacht. Das Angebot stiess auf reges Interesse und schliesst gleichzeitig eine Wissenslücke. Wie erste Auswertungen zeigen, haben die Schulleitungen keine systematischen Informationen darüber, welche Studienwahl ihre Absolventinnen und Absolventen treffen.

Im Rahmen des externe SeiteNationalen Forschungsprogramms «Digitale Transformation» (NFP 77) des Schweizerischen Nationalfonds (SNF) führt die KOF das Projekt «What Workers Want: Determinants and Implications of Job Search Strategies on an Online Job Platform» in Kooperation mit dem Lehrstuhl für Applied Economics and Econometrics an der HEC Lausanne durch. Mittels neuartiger Daten einer öffentlichen Jobplattform wird untersucht, wie arbeitslose Personen online nach Stellen suchen.

Ziel des Projekts ist es, die Erfolgsfaktoren der Jobsuche und Trends auf dem Schweizer Arbeitsmarkt besser zu verstehen und die Stellenvermittlung zu optimieren. Ein erster Meilenstein dieses Projekts war die Lancierung eines hochfrequenten Job Trackers. Dieser weist die Anzahl online publizierter Stellenausschreibungen in der Schweiz im zeitlichen Verlauf aus. Der Swiss Job Tracker wird wöchentlich aktualisiert und erlaubt somit das Beobachten des Schweizer Arbeitsmarkts in Echtzeit. https://kof.ethz.ch/prognosen-indikatoren/indikatoren/swiss-job-tracker.html.

Digitalisierung und Innovationen in der Schweizer Wirtschaft

Im Rahmen eines weiteren NFP-77 Projekts «Digital transformation: how it changes organizations, performance, and markets – a multi-level analysis», das mit dem Lehrstuhl für Strategisches Management und Innovation an der ETH durchgeführt wird, werden die Auswirkungen der digitalen Transformation auf die Leistung von Unternehmen in der Schweiz unter Berücksichtigung der Marktdynamik untersucht. Ziel ist es, eine repräsentative Datenbank sowie Implikationen für die Politik- und Strategiegestaltung zu entwickeln.

Innovationen sind Treiber von Entwicklung und Wachstum. Deswegen erhebt die KOF seit mehr als drei Jahrzehnten die Innovationsleistung und seit einiger Zeit auch den Digitalisierungsgrad der Schweizer Unternehmen. Dies im Auftrag des Staatssekretariats für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI). Im Jahr 2022 wurde die neuste Innovationserhebung veröffentlicht, die den Zeitraum von 2018 bis 2020 umfasst.

Traditionelle Datenerhebungsmethoden wie beispielsweise Umfragen sind nicht immer geeignet, um neue Technologien sehr zeitnah und umfänglich zu erfassen. Das Projekt «web based innovation metrics» will mittels Online-Daten Innovations- und Vernetzungsindikatoren im Bereich künstlicher Intelligenz entwickeln. Diese Indikatoren ermöglichen es, Entwicklungen von Innovationsaktivitäten der Schweizer Wirtschaft am aktuellen Rand abzubilden. Das Projekt, das in Zusammenarbeit mit der Universität Hohenheim und Istari.ai durchgeführt wird, soll im Jahr 2023 abgeschlossen werden.

Prognose: Methodische Weiterentwicklungen

Schätzungen und Prognosen von guter Qualität sind zentral, damit Entscheidungsträger aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft rationale und fundierte Entscheidungen treffen können. Nicht nur langfristige Prognosen, die strukturelle Änderungen der Wirtschaft und Gesellschaft erfassen, auch zeitnahe, kurzfristige Schätzungen und Prognosen, die eine Konjunkturwende frühzeitig identifizieren und quantifizieren können, sind wichtig.

Mit neuen Methoden wie beispielsweise Mixed frequency data models (MIDAS), Ansätzen aus der künstlichen Intelligenz (KI) oder dynamische Faktormodelle können heutzutage grosse Datenmengen in nahezu Echtzeit analysiert werden, um kurzfristige Bewegungen innerhalb von wichtigen Wirtschaftsdaten zu identifizieren. Dies hat man insbesondere in der Corona-Krise gut beobachten können, bei der sich die Wirtschafts- und Finanzlage fast täglich, wenn nicht zu Beginn stündlich, geändert hat. Durch die Anwendung verschiedener Methoden kann auch eine Kombination der Modellprognosen erstellt werden, um die Prognosegenauigkeit zu verbessern. Verschiedene Projekte an der KOF haben zum Ziel, mit genau diesen aktuellen Methoden neue Modelle für kurz- und längerfristige Prognosen zu entwickeln.

Eines dieser Projekte ist das externe SeiteKOF Nowcasting Lab. Es ist eine Echtzeit-Testplattform für die Prognose des Bruttoinlandprodukts (BIP) des laufenden Quartals mit Hilfe von früher verfügbaren und höherfrequenten Daten. Die Modelle werden täglich für eine Reihe von Ländern auf Basis grosser Datenmengen aktualisiert und online veröffentlicht. 2022 startete das KOF Nowcasting Lab erfolgreich in sein zweites Jahr: So konnte das Directorate‑General for Economic and Financial Affairs (DG ECFIN) der Europäischen Kommission als Kooperationspartner gewonnen werden. Zudem wurden weitere Länder in das Nowcasting Lab integriert. Im Auftrag des portugiesischen Finanzministeriums wurde Portugal in die Prognosen aufgenommen. Hinzu kamen noch Bulgarien, Rumänien sowie die USA.

Für die Prognose der Schweizer Konjunktur verwendete die KOF vor allem ihr sogenanntes «KOF Makromodell». Dieses wurde nun von Grund auf erneuert und auf ein bayesianisches Schätzverfahren umgestellt, wofür ein neuartiges numerisches Verfahren entwickelt wurde. Dieser Ansatz hilft, die Unsicherheiten, die einer Prognose inhärent sind, besser und intuitiver abzuschätzen. Das neue Prognosemodell «KOF KoMa» soll 2023 das erste Mal zum Einsatz kommen. Geplant ist zudem, dass das bayesianische Schätzverfahren des neuen Modells der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt wird.

Für und mit der Eidgenössischen Finanzverwaltung (EFV) entwickelt ein Team Modelle für die Finanzprognose mit unterschiedlichen Zeithorizonten. Im Projekt «Fiscal Nowcasting» werden Methoden für die Quartalisierung von Daten der Finanzstatistik weiterentwickelt. Insbesondere solche Daten sind bisher nur in jährlicher Frequenz erschienen. Nicht zuletzt die jüngsten Wirtschaftskrisen haben aber den Bedarf nach vierteljährlichen Daten erhöht.

Das Projekt «Macroeconomic Fiscal Forecasting» hat zum Ziel, kurz- und mittelfristige Prognosen der wichtigsten Aggregate der öffentlichen Haushaltsdaten zu erstellen, die mit der Entwicklung makroökonomischer Indikatoren übereinstimmen. Der Ansatz baut auf den Bayesian Vector Autoregressions (BVAR) auf, die am Institut entwickelt werden. Der Ansatz dieses Teilprojekts ist es, die Modelle der KOF um zusätzliche fiskalische Variablen zu erweitern, die für die Erstellung staatlicher Finanzstatistiken sowie für die Fiskalpolitik relevant sind.
 

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