Starke Beschäftigung trifft auf stockende Wirtschaft

Die Schweizer Wirtschaft zeigt sich derzeit stabil. Die gedämpfte Entwicklung der Weltkonjunktur lässt aber auch den Konjunkturverlauf in der Schweiz harziger werden. Der Arbeitsmarkt ist hingegen in einer sehr guten Verfassung. Der private Konsum stützt die Konjunkturentwicklung zusätzlich. Das um Sportanlässe bereinigte Bruttoinlandprodukt (BIP) wird in diesem Jahr 1.2% steigen, im kommenden Jahr um 1.7%.

Köche

Konjunkturbild bleibt nahezu unverändert

Im vergangenen Jahr wuchs die weltweite Produktion aufgrund von Lieferkettenproblemen, der Energiepreishausse und Unsicherheiten im Zuge des Ukraine-Krieges im Verlauf nur unterdurchschnittlich. Die globale Produktion entwickelte sich dann zu Jahresbeginn positiv, getrieben zum einen vom Ende der Null-Covid-Politik in China, zum anderen vom Rückgang der Energiepreise. Die weltweite Konjunkturdynamik dürfte angesichts hoher Inflationsraten und erschwerter finanzieller Rahmenbedingungen in der zweiten Jahreshälfte wieder schwächer ausfallen. Dies wird sich auch auf die Schweizer Konjunkturentwicklung auswirken, die sich derzeit trotz einer Vielzahl globaler Herausforderungen als robust und stabil erweist. Die KOF erwartet, dass die Wertschöpfung in der Schweiz in den kommenden Quartalen aufgrund der gedämpften Weltkonjunktur ebenfalls schwächer expandieren wird.

Der Schweizer Aussenhandel zeigt sich von dieser Entwicklung vorerst ungerührt. Die Schweizer Warenexporte erholten sich zu Beginn des Jahres 2023 insbesondere getrieben durch die Pharmaindustrie kräftig, sollten sich im weiteren Jahresverlauf aber tiefere Zuwachsraten aufweisen. Die Dienstleistungsexporte entwickeln sich seit einiger Zeit etwas erratisch, vor allem bei den Lizenz- und Patentdienstleistungen. Sie dürften sich im Jahr 2023 aber mit einem Anstieg von 3.8% insgesamt positiv entwickeln, vor allem bei den Tourismusexporte. Da die Wachstumsrate bei den Importen ähnlich ausfallen dürfte wie bei den Exporten, wird sich der Schweizer Handelsbilanzüberschuss im Prognosezeitraum fortschreiben.

Das reale BIP der Schweiz wird gemäss Prognose der KOF 2023 um 0.9% zunehmen (um 1.2% ohne grosse internationale Sportanlässe) und 2024 voraussichtlich um 2.1% (um 1.7% ohne grosse internationale Sportanlässe). Im Frühjahr hatte die KOF für 2023 ein Wachstum von 0.8% prognostiziert (ohne grosse internationale Sportanlässe 1.1%) und 2.1% für 2024 (ohne grosse internationale Sportanlässe 1.7%). Die KOF hat ihr Konjunkturbild für die Schweiz im Vergleich zur Frühjahrsprognose somit nur wenig verändert und dabei die BIP-Prognose dem letzten Datenstand entsprechend ganz leicht nach oben revidiert. Für das BIP pro Kopf resultiert im Jahr 2023 eine Stagnation oder sogar ein leichter Rückgang, während 2024 mit einem bescheidenen Zuwachs zu rechnen ist.

Starke Stellenzuwächse

Der Arbeitsmarkt zeigt sich hingegen in einer sehr guten Verfassung. Die Beschäftigung ist in den vergangenen Quartalen stärker gewachsen als erwartet. Auch im ersten Quartal 2023 kam es zu einem beachtlichen und branchenmässig breit abgestützten Stellenzuwachs. Aufgrund des Beschäftigungszuwachses, der nur zu einem kleinen Teil aus dem inländischen Arbeitskräftepotenzial bedient werden konnte, wuchs auch die Nettozuwanderung deutlich. Einige Frühindikatoren für den Arbeitsmarkt deuten zwar eine Abflachung des Stellenaufbaus an, es ist aber nicht mit einem unmittelbaren Ende zu rechnen. Allerdings dürfte die Dynamik des Stellenaufbaus an Tempo verlieren. Erst im Jahr 2024 dürfte sich das vollzeitäquivalente Beschäftigungswachstum seinem längerfristigen Mittelwert annähern (1%).

Die hohe Zuwanderungsdynamik und die verlangsamte Beschäftigungsdynamik lassen die Arbeitslosigkeit in den kommenden Monaten auf tiefem Niveau stagnieren. Gemäss International Labour Organizsation (ILO) wird sie im Jahresdurchschnitt für 2023 und 2024 bei jeweils 4.2% liegen. Die Quote der registrierten Arbeitslosen gemäss SECO steigt im Prognosezeitraum leicht an, bleibt aber weiterhin auf historisch tiefen Niveaus (2023: 1.8%, 2024: 2%).

Konsumverhalten hat sich wieder normalisiert

Das Stellenwachstum in der Schweiz und die daraus resultierende Zuwanderung erhöhen die Binnennachfrage. Deswegen wird der private Konsum trotz hoher, aber rückläufiger Teuerungsraten, eine wichtige Stütze des Wirtschaftswachstums sein. Das Konsumverhalten der privaten Haushalte hat sich weitestgehend wieder normalisiert, so dass die pandemiebedingten Aufholeffekte langsam auslaufen. Für das Jahr 2023 erwartet die KOF eine Zunahme des realen privaten Konsums um 2%, wobei das erste Quartal eine höhere Dynamik als die restlichen drei Quartale aufweisen dürfte. Eine kräftigere Entwicklung des privaten Konsums wird durch die anhaltende Teuerung (2023: 2.2%) verhindert, die das real verfügbaren Einkommen in diesem Jahr um 0.3% schmälert.

Teuerung tiefer als erwartet

Die jährliche Inflationsrate lag im Mai mit 2.2% so tief wie zuletzt im März 2022. Der Hauptgrund für die sinkende Jahresinflation war die Normalisierung der Energie- und Treibstoffpreise. Darüber hinaus verlief die Teuerung im Bereich der inländischen Dienstleistungen trotz steigender Strompreise zu Beginn des Jahres weniger dynamisch als erwartet worden war. Zudem zeigt sich laut den aktuellen Konjunkturumfragen der KOF, dass der Anteil der Unternehmen, die beabsichtigen, in den nächsten drei Monaten die Preise zu erhöhen, nach den historischen Höchstwerten um den Jahreswechsel wieder rückläufig ist. Insgesamt geht die KOF nun von einer durchschnittlichen Jahresteuerung von nur noch 2.2% (nach 2.6% in der Frühjahrsprognose) im aktuellen Jahr und unverändert 1.5% im nächsten Jahr aus.

Durch den kürzlichen Anstieg des hypothekarischen Referenzzinssatzes werden viele Bestandsmieten im kommenden Herbst empfindlich erhöht werden. Da die Wohnungsmieten im Landesindex der Konsumentenpreise (LIK) ein Gewicht von aktuell gut 19% haben, wird dieser Anstieg bis zum Ende des Prognosezeitraums massgeblich zur Teuerungsentwicklung beitragen, allzumal die Straffung der Geldpolitik durch die SNB einen weiteren Anstieg des Referenzzinssatzes zur Folge haben dürfte. Die KOF geht in ihrer Prognose davon aus, dass die Inflation im Jahr 2024 etwa zur Hälfte durch die Mietzinserhöhungen verursacht werden wird.

Kaum Reallohnzuwächse im Prognosezeitraum

Die aktuell verfügbaren Daten deuten darauf hin, dass die Reallöhne im Prognosezeitraum nur schwach oder gar nicht wachsen werden. Für ein tiefes Reallohnwachstum sprechen auch die Zahlen zur Produktivitätsentwicklung - die Wertschöpfung pro Arbeitsstunde nahm seit 2020 nicht zu.

Wohnbau erholt sich

Nach mehreren Jahren stetigen Rückgangs ist im Bausektor eine langsam anlaufende Erholungsphase in Sicht. Dies wird vor allem durch die sich erholenden Wohnbauinvestitionen getrieben. Im Prognosezeitraum wird das erhöhte Bevölkerungswachstum den Druck auf die Produktion weiter erhöhen. Für die gesamten Bauinvestitionen gehen wir für den Prognosezeitraum von einer allmählichen Erholung aus.

Die Investitionstätigkeit der Schweizer Unternehmen hat zu Beginn dieses Jahres stark zugenommen, trotz der steigenden Zinsen, hohen Energiekosten und der geopolitischen Unsicherheiten. Für die nähere Zukunft deuten die Frühindikatoren auf eine weiterhin positive Entwicklung hin. Die KOF rechnet daher für das laufende Jahr mit einem soliden Anstieg der Ausrüstungsinvestitionen, der sich, wenngleich vielleicht etwas weniger stark, 2024 fortsetzen dürfte.

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