Schweizer Konjunktur verliert an Schwung

Trotz der negativen Entwicklung des Bruttoinlandprodukts (BIP) im 3. Quartal 2018 befindet sich die schweizerische Wirtschaft weiterhin in einer relativ guten Gesamtverfassung. Die KOF erwartet für 2018 einen Anstieg des BIP um 2.6%. Der private Konsum wird im Prognosezeitraum zu einer wichtigen Konjunkturstütze. Die Arbeitslosigkeit wird wegen der soliden Wirtschaftsentwicklung weiter sinken.

Für 2019 rechnet die KOF mit einem etwas verlangsamten Expansionstempo von 1.6%. Im Jahr 2020 dürfte das BIP dann wieder um 2.1% zunehmen.

 

Die Schweizer Wirtschaft hat die konjunkturelle Hochphase hinter sich gelassen und sich im dritten Quartal deutlich abgekühlt. Sie befindet sich aber weiterhin in einer guten Gesamtverfassung. Die Binnenwirtschaft lieferte positive Impulse für die Schweizer Konjunktur. Die KOF revidiert ihre Prognose für das BIP im Jahr 2018 aber nicht zuletzt wegen der schwächeren Entwicklung im Spätsommer von 2.9% auf 2.6%.

In diesem Jahr verflachte sich die weltwirtschaftliche Dynamik gegenüber dem Vorjahr. Im kommenden Jahr wird sich diese Tendenz weiter fortsetzen. In den USA dürfte sich im Jahr 2019 die zuletzt hohe konjunkturelle Dynamik wieder normalisieren, wobei der private Konsum weiterhin von der guten Arbeitsmarktlage und Reallohnsteigerungen profitieren wird. In China schwächt sich die konjunkturelle Dynamik ab wie auch im Euroraum. Die zunehmend ausgelasteten gesamtwirtschaftlichen Kapazitäten im Euroraum lassen in einigen Ländern keine grossen Sprünge mehr zu. Zum anderen drücken politische Entwicklungen, wie z. B. der internationale Handelskonflikt, der Streit um Italiens Budget und die damit verbundenen Finanzmarktrisiken, zunehmend auf die Investitionsneigung der Unternehmen. Die Konjunktur in vielen Schwellenländern wird in diesem und den kommenden Quartalen durch Liquiditätsabflüsse und Währungsabwertungen gedämpft werden. Das Risiko eines rapiden globalen Abschwungs ist zuletzt angestiegen, dennoch erwartet die KOF für die Weltkonjunktur im Prognosezeitraum eine weiche Landung. Somit gehen vom Aussenhandel im kommenden Jahr schwächere Impulse für die Schweizer Konjunktur aus.

Privater Konsum als wichtige Konjunkturstütze

Der private Konsum wird sich im Prognosezeitraum zu einer wichtigen Stütze für die Schweizer Konjunktur entwickeln. Im dritten Quartal 2018 wurde die sich anbahnende positive Grundtendenz des privaten Konsums noch überdeckt durch verschiedene Sonderfaktoren. So haben etwa der heisse und trockene Sommer sowie die Lieferschwierigkeiten einiger ausländischer Automobilhersteller nahezu zu einer Stagnation der privaten Konsumausgaben geführt. Die Kauflaune der Verbraucher dürfte jedoch zum Jahresende hin wieder deutlich steigen.

Die Beschäftigung wird in der nächsten Zeit zunehmen und die Arbeitslosigkeit sinken. Nach einem hohen Zuwachs der vollzeitäquivalenten Beschäftigung von 1.8% wird sich diese 2019 auf 1.1% etwas abschwächen. Im Jahr 2020 wird der Zuwachs mit 1% ähnlich hoch ausfallen wie 2019. Die Arbeitslosenquote gemäss SECO wird im kommenden Jahr auf tiefe 2.4% sinken und sich 2020 dann auf 2.5% belaufen. Ähnlich verhält sich die Arbeitslosenquote gemäss International Labour Organization (ILO). Sie dürfte ganz leicht weiter sinken und sich im Prognosezeitraum bei einem Wert knapp über 4% stabilisieren.

Die wieder positiven Inflationsraten haben dazu geführt, dass es in den Jahren 2017 und 2018 keine Reallohnsteigerungen gab. Dies wird sich im kommenden Jahr voraussichtlich ändern. Die Löhne dürften 2019 und 2020 etwas stärker zunehmen als die Preise. Die Durchschnittslöhne werden infolgedessen etwas kräftiger zulegen und die Lohnquote wird geringfügig ansteigen. Die nominalen Erwerbseinkommen und das real verfügbare Einkommen der Haushalte werden stärker steigen als bis anhin. Die günstigere Einkommensentwicklung bereitet den Boden für eine Ausweitung der Konsumausgaben. Der private Konsum wird in diesem Jahr daher nach einem Anstieg um preisbereinigt 1% und nächstes Jahr um 1.2% zunehmen. Im Jahr 2020 könnte der private Konsum um 1.6% steigen.

Geringe Zunahme der Anlageinvestitionen

Die derzeitige Unsicherheit im internationalen Handel beeinflusst die Standortentscheide für Produktionsanlagen und damit auch die Investitionsentscheide negativ. Davon ist auch die Schweiz betroffen. Die Investitionen in neue Produktionsfazilitäten werden im historischen Vergleich nur schwach zunehmen. Einzig im Bereich Verkehrsinfrastruktur ist eine deutlich positive Entwicklung zu erwarten. Dies betrifft sowohl Bauinvestitionen für Strassen und Schienen als auch Investitionen in neue Schienen- und Luftfahrzeuge. Insbesondere die Bauinvestitionen für den Wohnbau werden aber schwächer ausfallen als in der Vergangenheit. Dies liegt vor allem daran, dass die Anzahl Fertigstellungen seit einiger Zeit deutlich über der Zunahme der Anzahl Haushalte liegt, was zusätzliche Leerstände zur Folge hat.

Die KOF erwartet wie bereits in der Prognose vom Herbst, dass sich die konjunkturellen Zuwächse des BIP über den Prognosezeitraum bis Ende 2020 abschwächen werden. Zwar dürfte für 2019 der Anstieg des BIP bei 1.6% liegen und für 2020 bei 2.1%. Der tiefere Wert für 2019 ist aber nicht nur auf die Konjunkturentwicklung, sondern insbesondere auf geringere Einnahmen der in der Schweiz ansässigen internationalen Sportverbände zurückzuführen.

Industrie erholt sich von Rückschlägen – stabilisierte Wertschöpfung in der Finanzbranche

Die pharmazeutische Industrie verzeichnete im dritten Quartal 2018 deutlich geringere Umsätze. Seither sind die Exporte pharmazeutischer Produkte und damit auch die Umsätze wieder markant gestiegen. Negativ beeinflusst hat die Statistik auch die Verzögerung bei Typenzulassungen neuer deutscher Automobile. Sie hat sowohl auf die Zulieferer von Fahrzeugteilen und Metallen als auch auf den Verkauf neuer Kraftfahrzeuge Auswirkungen gehabt. Der Rückgang des Wertschöpfungsanteils des Finanzsektors ist inzwischen beendet und er dürfte im Prognosezeitraum annähernd konstant bleiben. Seit 2007 ist der Wertschöpfungsanteil der Versicherungen annähernd stabil geblieben, während der Anteil der Banken sich nahezu halbiert hat. Wenn es zu keinen Rückschlägen (z.B. Bussen) im Finanzsektor kommt, könnte die Profitabilität künftig wieder etwas zulegen.

SNB wird mit Zinssteigerungen abwarten

Der Schweizer Franken hat sich seit Mai dieses Jahres gegenüber dem Euro wieder aufgewertet. Der Wechselkurs lag Anfang Mai nahe beim zu Jahresbeginn 2015 aufgehobenen Mindestkurs und war damit für die schweizerische Exportwirtschaft als einigermassen vorteilhaft einzustufen. In der Prognoseperiode geht die KOF von einem stabilen Wechselkurs von 1.13 gegenüber dem Euro aus. Der Erdölpreis hat jüngst wieder nachgegeben und dies führt dazu, dass die Inflationsprognose geringfügig nach unten anpasst werden muss (0.9% anstatt 1%). Die erwartete Inflation bleibt mit Anstiegen von 0.6% im kommenden Jahr und 0.7% im Jahr 2020 aber weiterhin tief. Eine restriktivere Geldpolitik seitens der Schweizerischen Nationalbank (SNB) drängt sich somit nicht auf. Die tiefen Zinsen haben in der Vergangenheit aber zu erhöhten Investitionen in Immobilien und den Wohnungsbau geführt. Die etwas höheren Leerstände sowie die zusätzlichen makroprudenziellen Massnahmen im Bankensektor scheinen jedoch eine weitere Überhitzung im Bausektor zu verhindern. Darum erwartet die KOF, dass das Zinsniveau erst allmählich und zeitlich kongruent mit der Politik der Europäischen Zentralbank erfolgen wird. Ein Ende der Negativzinsen wird damit voraussichtlich erst im Jahr 2020 zu erwarten sein.

Prognoserisiken

Abwärtsrisiken für die KOF Prognose kommen insbesondere aus dem internationalen Umfeld, vor allem aufgrund der Unsicherheiten hinsichtlich der internationalen Handelskonflikte sowie der weiteren Entwicklung beim Brexit. Aber auch die Situation um den italienischen Staatshaushalt und die anhaltenden Proteste in Frankreich erhöhen das Risiko für eine Abwärtskorrektur im Euroraum. Die vielfältigen Risiken für die globale Konjunkturentwicklung haben bereits zu Unsicherheit und teilweise starken Reaktionen an den Finanzmärkten gesorgt. Auch von diesen Schwankungen geht mittlerweile ein Abwärtsrisiko für die Schweizer Konjunktur aus.

JavaScript wurde auf Ihrem Browser deaktiviert