KOF Konjunkturumfragen: Schwieriges Fahrwasser für die Schweizer Konjunktur beruhigt sich

Der KOF Geschäftslageindikator für die Schweizer Privatwirtschaft, der aus den KOF Konjunktur­umfragen berechnet wird, steigt im April leicht (siehe Grafik G 7). Im Verarbeitenden Gewerbe entspannt sich die Geschäftslage, während sie sich im Baugewerbe etwas eintrübt. Die Infla­t­ionserwartungen der Unternehmen sinken und vom privaten Konsum könnten Impulse für die Schweizer Konjunktur ausgehen.

Vergrösserte Ansicht: G 7: KOF Geschäftslageindikator
G 7: KOF Geschäftslageindikator

Im April ist insbesondere im Verarbeitenden Gewerbe eine Entspannung der aber nach wie vor ungünstigen Geschäftslage zu verzeichnen. Zudem bessert sich die Geschäftslage bei den Finanz- und Versicherungsdienstleistern und im Detailhandel. Im Detailhandel ist dies bereits der dritte leichte Anstieg des Geschäftslageindikators in Folge. Eine graduelle Aufhellung melden auch die Unternehmen im Bereich übrige Dienstleistungen (siehe Tabelle T 1).

Vergrösserte Ansicht: T 1: KOF Geschäftslage Schweiz (Salden, saisonbereinigt)
T 1: KOF Geschäftslage Schweiz (Salden, saisonbereinigt)

Demgegenüber trübt sich die Geschäftslage in den mit der Bautätigkeit verbundenen Bereichen Projektierung und Baugewerbe etwas und in den Sektoren Gastgewerbe und Grosshandel deutlich ein. Die Besserung im Detailhandel, im Verarbeitenden Gewerbe und hier insbesondere in der Konsumgüterproduktion sowie die zwar abgeschwächte, aber weiterhin insgesamt gute Geschäftslage im Gastgewerbe deuten zusammengenommen darauf hin, dass vom privaten Konsum Impulse für die Schweizer Konjunktur ausgehen könnten.

Inflationssorgen lassen bei den Unternehmen nach

Die Unternehmen rechnen mit einer gemässigten weiteren Entwicklung der allgemeinen Konsumentenpreisinflation in der Schweiz. Hinsichtlich der Entwicklung in den nächsten zwölf Monaten resultiert aus den Unternehmensmeldungen im Durchschnitt eine Inflationserwartung von 1.6%. Im Januar waren die Erwartungen für diesen Zeithorizont mit 1.9% erstmals wieder unter die 2%-Marke gesunken. Im April 2023 wurde mit einer Inflationsrate von 2.6% in den nächsten zwölf Monaten gerechnet. Auch mit Blick auf einen erweiterten Zeithorizont, die Inflationsrate in fünf Jahren, sinken die Erwartungen der Unternehmen auf einen Durchschnittswert von 1.9% und damit im April erstmals wieder unter die 2%-Marke.

Was die Preispolitik der Unternehmen bezüglich ihrer eigenen Verkaufspreise anbelangt, so ebbt der Preisauftrieb, der zu Jahresbeginn auflebte, wieder ab. Bei den Unternehmen hat der Druck auf die Ertragslage abgenommen. Die Unternehmen gehen von einer Steigerung der von ihnen im Durchschnitt gezahlten Bruttolöhne um 1.6% in den nächsten zwölf Monaten aus. Damit sind die Lohnerwartungen niedriger als im Januar (1.8%) und stehen vom Durchschnittswert her auf einer Stufe mit den Inflationserwartungen der Unternehmen.

Wettbewerbssituation im Verarbeitenden Gewerbe verbessert sich

Im Verarbeitenden Gewerbe ist die Geschäftslage nicht mehr ganz so negativ wie im März. Insbesondere bei den exportorientierten Unternehmen entspannt sich die Lage. Während die Konsumgüterhersteller deutlich aufatmen, befinden sich die Investitionsgüterproduzenten aber weiter auf Talfahrt. Der Druck auf die Wettbewerbsposition lässt sowohl im Inland als auch auf den ausländischen Märkten nach. Dementsprechend entwickelt sich die Ertragslage auch nicht mehr ungünstig. Die Unternehmen rechnen damit, dass sich die Nachfrage nach ihren Produkten sowohl aus dem In- als auch aus dem Ausland zeitnah belebt.

Die baunahen Wirtschaftsbereiche verlieren an Schwung

In den mit der Bautätigkeit verbundenen Bereichen Projektierung und Baugewerbe ist die Geschäftslage seit einigen Monaten auf dem Rückzug. In beiden Wirtschaftsbereichen steigt die Nachfrage eher langsamer als bisher. Die Ertragslageentwicklung ist aber weiterhin günstig und auch für die nächste Zeit wird zwar mit einer schwächeren, aber nicht mit einer negativen Entwicklung gerechnet. Im Baugewerbe ist die Kapazitätsauslastung gesunken, sie ist aber weiterhin knapp überdurchschnittlich. Eine Zunahme der Bauproduktion wird für die nahe Zukunft nicht erwartet, die Planungen sind aber nicht mehr so negativ wie zuvor. Die Klagen über eine mangelnde Nachfrage nehmen zu. Die Projektierungsbüros gehen von einer langsameren Ausweitung ihrer Leistungserbringung in den kommenden Monaten aus als bis anhin. Zwar ist die Zeitspanne, für die der vorhandene Auftragsvorrat ausreicht, jüngst wieder gestiegen. Bei den neu abgeschlossenen Verträgen steigen die Bausummen aber nicht mehr.

Im Detailhandel entspannt sich die Situation im Frühjahr

Im Detailhandel verbessert sich die Geschäftslage im April bereits den dritten Monat in Folge. Insbesondere die Supermärkte und Warenhäuser sowie der Detailhandel mit Datenverarbeitungsgeräten und Software sind derzeit im Aufwind. Dagegen kühlt sich die Lage im Versandhandel und in Bereichen des Detailhandels, die ohne Verkaufsräume arbeiten, stark ab. Insgesamt entwickelt sich der Warenabsatz im Detailhandel nicht mehr so negativ wie zuvor. Auch der Druck auf die Ertragslage lässt erheblich nach. Die Preisplanungen der Unternehmen sehen weiterhin nur vereinzelt Anhebungen vor. Bezüglich der weiteren Umsatzentwicklung sind die Befragungsteilnehmenden zuversichtlich, allerdings nicht mehr ganz so optimistisch wie im Vormonat und im April vor einem Jahr.

Im Grosshandel trübt sich die Geschäftslage weiter ein. Zwar sinkt der Geschäftslageindikator sowohl im Grosshandel mit Konsumgütern als auch im Grosshandel mit Waren für die Produktionsbetriebe, doch ist vor allem in Letzterem die Lage ungünstig. So gibt etwa der Lageindikator im Grosshandel mit Maschinen und Ausrüstungsgütern sehr deutlich nach.

Im Gastgewerbe schwächt sich die Geschäftslage verbreitet ab

Im Gastgewerbe gibt der Geschäftslageindikator erneut nach. Die Geschäftslage ist nun ähnlich gut wie vor der Pandemie und nicht mehr so überschäumend wie zwischen dem zweiten Halbjahr 2022 und weiten Teilen des Jahres 2023. Die Eintrübung erfasst sowohl das Beherbergungsgewerbe als auch die Gastronomie. Auch sind alle Tourismuszonen betroffen, die Berggebiete, die Seegebiete und die grossen Städte. Im Vergleich zum Vorjahr kann der Umsatz kaum noch gesteigert werden. Auch die Ertragslage verbessert sich per saldo nicht mehr weiter. Nachdem die Anzahl von Logiernächten von einheimischen Gästen seit geraumer Zeit nicht mehr steigt, nehmen nun auch die Übernachtungen von ausländischen Gästen seltener zu. Ein Mangel an Nachfrage gewinnt als Hemmnisfaktor in der Gastronomie an Bedeutung, während der Personalmangel an Gewicht verliert.

Die Lage der Finanz- und Versicherungsdienstleister hellt sich wieder auf

Im Wirtschaftsbereich Finanz- und Versicherungsdienstleistungen hellt sich die Geschäftslage nach einer Eintrübung im Vormonat wieder etwas auf. In ihren Erwartungen bezüglich der Geschäftsentwicklung im kommenden halben Jahr sind die Umfrageteilnehmenden zudem zuversichtlicher als bisher. Die Ertragsentwicklung hat aber insbesondere bei den Banken jüngst an Schwung eingebüsst. Bei den Versicherungen war sie dagegen günstiger als bis anhin. Nach Ansicht der Bankinstitute verbessert sich die Bonität der Privatkunden und die der Firmenkunden verschlechtert sich kaum mehr. Dennoch rechnen sie gerade im Firmenkundengeschäft mit einer schleppenden Vergabe neuer Kredite.

Die Geschäftslage der übrigen Dienstleister erholt sich leicht

Im Wirtschaftsbereich übrige Dienstleistungen verbessert sich die Geschäftslage im April geringfügig. Im Gegenzug sind allerdings die Erwartungen der Unternehmen hinsichtlich der Geschäftsentwicklung in den kommenden sechs Monaten leicht zurückhaltender als bisher. Obwohl die Nachfrage jüngst angezogen hat, bleibt die Kapazitätsauslastung nahezu unverändert. Die Zahl der Mitarbeitenden wird von den Befragungsteilnehmenden nicht mehr so häufig als zu klein beurteilt wie bisher. Im Teilbereich persönliche Dienstleistungen ist derzeit sogar per saldo keine Personalausweitung mehr geplant. Die Ertragslage der Unternehmen entwickelte sich in den vergangenen drei Monaten aber wieder positiv. Insbesondere die wirtschaftlichen Dienstleistungen melden eine günstige Entwicklung.

In die Ergebnisse der KOF Konjunkturumfragen vom April 2024 sind die Antworten von etwa 4500 Unternehmen aus dem Verarbeitenden Gewerbe, dem Baugewerbe und den wichtigsten Dienstleistungsbereichen eingeflossen. Dies entspricht einer Rücklaufquote von etwa 61%.

Die detaillierten Ergebnisse der KOF Konjunkturumfragen (inklusive Tabellen und Grafiken) finden Sie auf unserer Webseite:
https://kof.ethz.ch/news-und-veranstaltungen/medien/medienmitteilungen.html

Ansprechperson

Dr. Klaus Abberger
  • LEE G 121
  • +41 44 632 51 56

KOF Konjunkturforschungsstelle
Leonhardstrasse 21
8092 Zürich
Schweiz

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