Künstliche Intelligenz – im Bild ein Roboter, der mit Menschen zusammenarbeitet, gilt als Schlüsseltechnologie. Neuste KOF-Forschung zeigt, dass KI oft in relativ geschlossenen Gruppen eingeführt wird. (Bild erzeugt mit KI)

Künstliche Intelligenz: Wie Netzwerke KI-Know-how in Unternehmen steuern

Neuste KOF-Forschung zeigt, dass KI-Technologie in relativ geschlossenen Gruppen eingeführt wird, ähnlich wie in exklusiven Clubs. Das könnte zu einer Konzentration relevanten KI-Wissens führen, die die Verbreitung dieser Technologie erschweren und die Abhängigkeit von wenigen Technologieanbietern verstärken. Das wiederum kann die Ungleichheit der wirtschaftlichen Entwicklungen in verschiedenen Regionen erhöhen. Die Politik sollte darauf drängen, zu starke Cluster-Effekte zu überwinden.

In Zusammenarbeit mit einem internationalen Netzwerk von Wissenschaftern erforscht die Innovationsgruppe der KOF, wie sich Unternehmen, Leistung und Märkte durch die digitale Transformation verändern. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf Künstlicher Intelligenz (KI). Um herauszufinden, wie Unternehmen KI einsetzen, haben die Forscher ein Transformator-Sprachmodell trainiert. Dafür nutzten sie Textdaten von über 1.1 Millionen Websites und erstellten ein Hyperlink-Netzwerk mit mehr als 380 000 Unternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz.

Die Ergebnisse der Stichprobe zeigen, dass 2.2% der Firmen über fundierte KI-Kenntnisse verfügen, welche sich bereits auf das wirtschaftliche Handeln auswirken. In einigen Branchen ist die KI schon tief integriert, wie beispielsweise bei den IKT-Dienstleistungen, im Maschinenbau sowie im Detail- und Grosshandel.

Die Ergebnisse der Analyse zeigen, dass die Einführung von KI mit drei bedeutenden Kanälen epidemischer Effekte verbunden ist. Erstens spielt der Standort des Unternehmens eine Rolle, insbesondere wenn es sich in einem industriellen und/oder regionalen Hotspot befindet, der mit der Produktion von KI-Wissen verbunden ist. Das setzt das Unternehmen einem hohen Mass an indirektem Druck aus, was potenziell zu einer «Mitläufer»-Einführungspraxis führen kann.

Zweitens beeinflusst die Einbindung des Unternehmens in das KI-Wissensnetzwerk die weitere Verbreitung. Je geschlossener das System von KI-Anwendern, desto geringer dürfte die weitere Verbreitung sein, argumentieren die Autoren der Studie.

Drittens erhöht das Vorhandensein intensiver direkter Verbindungen zwischen Unternehmen die Wahrscheinlichkeit des Transfers von KI-Wissen. Die Effektivität der direkten Übertragung von KI-Wissen hängt jedoch von der kognitiven Nähe der Partner, der Stärke der Verbindung und der Tiefe des geteilten Wissens ab. Intensive direkte Verbindungen zwischen Unternehmen scheinen geografische Entfernungen zu überwinden und könnten somit ein potenzieller Schwerpunkt für politische Massnahmen sein, um die Verbreitung über lokale Cluster hinaus zu fördern.

Unternehmensnetzwerke bilden KI-Inseln

Die Grafik G 1 veranschaulicht die geografische Verbreitung von KI-Anwendungen und zeigt, dass diese auf bestimmte Regionen konzentriert ist. Diese Regionen sind oft durch Netzwerke miteinander verbunden, was bedeutet, dass die Übertragung von KI-Wissen nicht durch geografische Distanzen behindert wird (siehe Grafik G 2). Der Zugang zu diesen Netzwerken ist jedoch für Unternehmen von entscheidender Bedeutung. Die Untersuchungen zeigen, dass die Einführung von KI in der Wirtschaft ähnlich wie in exklusiven Clubs in relativ geschlossenen Gruppen stattfindet. Die Integration von Unternehmen in ein Netzwerk erweist sich als entscheidend, um sie zu versierten Anwendern von KI zu machen.

Struktureller Wettbewerbsnachteil

Die Struktur dieser Netzwerke stellt eine Herausforderung für die zukünftige Verbreitung von KI in der Wirtschaft dar. Das Wissen ist ungleich verteilt in Bezug auf Regionen, Branchen und Clustern. In der langfristigen Perspektive könnte diese Dynamik zu strukturellen Wettbewerbsnachteilen und wirtschaftlicher Ungleichheit im Zusammenhang mit dem transformatorischen Potenzial der KI-Technologie führen und ein Szenario mit wenigen Gewinnern und zahlreichen Abhängigkeiten schaffen.

Was bedeutet das für Politik und Management

Um dieses Szenario zu verhindern, empfehlen die Forscher ein Monitoring der Verbreitung dieser Schlüsseltechnologie unter Verwendung von zeitnahen Innovationsmetriken, wie etwa webbasierte Messungen, die sich auf einzelne Unternehmenscluster konzentrieren. Politische Instrumente zur Förderung des Einsatzes von KI-Technologien sollten sowohl die Produktion und Anwendung von KI-Technologien als auch die Verknüpfungen zwischen unverbundenen Clustern unterstützen.

Auf Führungsebene betonen die Forschungsergebnisse die Bedeutung, zu verstehen, wie technologierelevante Informationen in Unternehmen gelangen und wie sie dort über Hierarchien hinweg weiterverarbeitet werden. Dieses Verständnis ist entscheidend, um KI-Technologien erfolgreich zu übernehmen.

externe SeiteDiese Forschung wird im Rahmen des Nationalen Forschungsprogramms (NFP 77) durchgeführt, das 46 Projekte zum Thema digitale Transformation unterstützt.

Weitere Informationen zu diesem Beitrag finden Sie in den NFP-77-News: externe Seitehttps://www.nfp77.ch/de/brCvrwixLKY4Qpw2/news/ki-revolution-wie-geschlossene-netzwerke-unternehmen-zu-experten-machen und in der Original-Publikation, welche in der Fachzeitschrift «Research Policy» erschienen ist: Dahlke, J., M. Beck, J. Kinne, D. Lenz, R. Dehghan, M. Wörter, & B. Ebersberger (2024): Epidemic effects in the diffusion of emerging digital technologies: evidence from artificial intelligence adoption. Research Policy, 53(2), 104917: externe Seitehttps://doi.org/10.1016/j.respol.2023.104917
 

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Dr. Johannes Dahlke
Assistenzprofessor für digitale Innovation und Unternehmertum und KOF Research Fellow

Universität Twente

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