Investitionen steigen – aber nicht in allen Sektoren

Die Ergebnisse der halbjährlichen KOF Investitionsumfrage besagen für 2024 einen Anstieg der Investitionen von nominal 8.2%, angetrieben vom technologischen Fortschritt und getragen vom Dienstleistungssektor. Die Industrie und das Baugewerbe melden hingegen eine Verlangsamung oder gar einen Rückgang ihrer Investitionspläne aufgrund von Finanzierungsengpässen und einer rückläufigen Nachfrageentwicklung.

Nach der Verlangsamung des Investitionswachstums im vergangenen Jahr dürfte sich die Dynamik der Bruttoanlageinvestitionen im laufenden Jahr wieder beschleunigen. Dies zeigen die Ergebnisse der aktuellen KOF Investitionsumfrage vom Herbst 2023. Demnach erwarten die befragten Unternehmen, dass ihre Anlageinvestitionen im Jahr 2024 nominal um 8.2% zunehmen werden. Im Vorjahr lagen die Erwartungen noch bei 5.1%.

Diese im Aggregat stabilen Investitionserwartungen dürfen jedoch nicht über die grossen Unterschiede zwischen den einzelnen Sektoren hinwegtäuschen. Die für 2024 erwartete Zunahme der Investitionsausgaben wird vor allem von den Unternehmen des Dienstleistungssektors getragen (+10%). Die Industrie und das Baugewerbe verlangsamen dagegen ihr Investitionstempo im Vergleich zum Vorjahr. Nachdem die Unternehmen des Verarbeitenden Gewerbes ihre Investitionen im vergangenen Jahr um 5% erhöht haben, planen sie für das laufende Jahr noch eine Steigerung um 4%. Die Unternehmen des Baugewerbes wollen ihre Investitionen sogar um 14% reduzieren, nachdem sie im Vorjahr noch um 3% gestiegen sind.

Die geplanten Investitionsausgaben fliessen vorrangig in den Neu- und Umbau von Betriebs- und Geschäftsgebäuden. Die befragten Unternehmen wollen ihre Bauinvestitionen in diesem Jahr nominal um 12.7% erhöhen. Die Investitionen in Forschung und Entwicklung sollen 2024 um 8.2% steigen. Demgegenüber liegt das erwartete Wachstum der Ausrüstungsinvestitionen mit 2.8% unter dem langjährigen Durchschnitt. Alle Zahlen basieren auf einem seit der aktuellen Erhebung angepassten Verfahren zur Identifizierung und Behandlung von Ausreissern in den Investitionssummen aus den quantitativen Unternehmensantworten (siehe Kasten).

Technischer Fortschritt als Motor des Investitionsanstiegs im laufenden Jahr

Bei den für das Jahr 2024 erhobenen Investitionszahlen handelt es sich um Planungen, deren Realisierung zum Zeitpunkt der Befragung nicht sicher war. Um die Unsicherheit der aus den Planungen resultierenden Veränderungsraten zu ermitteln, wurden die Unternehmen nach der Realisierungssicherheit ihrer geplanten Investitionen befragt. Im Herbst 2023 stuften 13% der Unternehmen ihre Investitionspläne für 2024 als unsicher ein. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Realisierungssicherheit per saldo zwar leicht gestiegen, liegt aber immer noch unter dem Durchschnitt vor der Pandemie. Zudem hat die Unsicherheit im Verarbeitenden Gewerbe stark zugenommen. Darin spiegelt sich wider, dass die Aussichten für die konjunkturelle Entwicklung und die Finanzierungsbedingungen so unsicher sind wie schon lange nicht mehr.

Motor des Investitionswachstums im laufenden Jahr ist der technische Fortschritt. Im Vergleich zum Vorjahr ist seine Bedeutung als Einflussfaktor per saldo von 53.1 Punkten auf 68.4 Punkte gestiegen (siehe Grafik G7). Dieser Trend ist in allen Branchen zu beobachten, am stärksten jedoch im Verarbeitenden Gewerbe und im Dienstleistungssektor. Dort geben jeweils rund 63% der befragten Unternehmen an, dass ihre Investitionspläne durch die Technologie positiv beeinflusst werden. Im Baugewerbe liegt dieser Anteil mit 40% der Unternehmen deutlich niedriger.

Finanzielle Engpässe und Nachfrageerwartung lasten auf den Investitionsaussichten

Zunehmend dämpfend auf die Investitionsplanungen wirken sich hingegen die erwartete Nachfrage und die verfügbaren finanziellen Mittel aus, insbesondere in den Branchen, in denen die Unternehmen mit einer Verlangsamung des Investitionswachstums oder sogar mit einem Rückgang der Investitionen rechnen. Sowohl in der Industrie als auch im Baugewerbe wirken sich beide Einflussfaktoren deutlich weniger positiv auf die Investitionspläne für 2024 aus als noch vor einem Jahr.

Bezüglich der erwarteten Nachfrageentwicklung gibt jeweils rund ein Fünftel der befragten Unternehmen an, dass die Nachfrage die Investitionen in diesem Jahr leicht oder deutlich dämpfen wird (siehe Grafik G 8). Dies entspricht einer Verdoppelung gegenüber dem Vorjahr. Bezogen auf die finanziellen Mittel, meldet fast ein Viertel der Industrieunternehmen eine dämpfende Wirkung der Ertragslage – so viele wie noch nie seit Beginn der Erhebung im Jahr 2010 (siehe Grafik G 9). Im Baugewerbe sind es 18% der befragten Unternehmen. Hintergrund dieser finanziellen Engpässe dürften Kostensteigerungen insbesondere bei Faktoren wie Energie, Mieten, Zinsen, Personal oder Material sein.

Investitionen für den Umweltschutz gewinnen an Bedeutung

Das wichtigste Investitionsziel ist nach wie vor der Ersatz bestehender Anlagegüter. Gleichzeitig haben Investitionen für den Umweltschutz oder zur Erfüllung gewerberechtlicher Auflagen weiter an Bedeutung gewonnen. Mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen gibt an, in diesem Jahr entsprechende Investitionen tätigen zu wollen. Im Herbst 2022 waren es noch 47% der Unternehmen.

Demgegenüber hat die Bedeutung von Investitionen zur Ausweitung der Produktion und Leistungserstellung leicht abgenommen. In diesem Jahr wollen weniger als 60% der Unternehmen ihre betrieblichen Kapazitäten erweitern (gegenüber 64% im Herbst 2022). Diese Entwicklung geht insbesondere in der Industrie mit einer Reduzierung der Produkt- und Angebotspalette einher. Dies führt zu Umstrukturierungskosten und einer Verringerung der für Investitionen zur Verfügung stehenden Mittel.

Die konjunkturelle Entwicklung wird stark von der Investitionstätigkeit der Unternehmen beeinflusst. Aus diesem Grund führt die KOF Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich jeweils im Frühjahr und im Herbst eine Umfrage bei inländischen Unternehmen durch. Die halbjährliche Umfrage im Herbst 2023 wurde vom 2. Oktober bis zum 24. Dezember 2023 durchgeführt. Von den 5667 angeschriebenen Unternehmen haben 2346 geantwortet, was einer Rücklaufquote von 41% entspricht.

Methodische Anpassungen bei der Berechnung der Investitionswachstumsraten

Mit der Auswertung der KOF Investitionsumfrage vom Herbst 2023 wurden methodische Anpassungen bei der Berechnung der Investitionswachstumsraten vorgenommen. Die Wachstumsraten basieren auf den quantitativen Antworten der befragten Unternehmen zu ihren bereits getätigten und geplanten Investitionen. Diese Raten sind jedoch anfällig für Extremwerte, beispielsweise wenn Unternehmen ihre Investitionen in einer Periode in Tausend Schweizer Franken und in der nächsten in Millionen Schweizer Franken angeben. Darüber hinaus können sehr hohe Investitionssummen das Gesamtergebnis verzerren, da sie in den Gewichtungsprozess eingehen.

Bisher wurden extreme Investitionssummen in einem Ad-hoc-Verfahren als Ausreisser identifiziert und behandelt. Mit der aktuellen Erhebung wurde nun ein neues, datengestütztes Verfahren zur Identifikation und Behandlung von Ausreissern eingeführt. Das Verfahren besteht aus zwei Schritten und wird für jede Erhebung auf der Ebene von Branchenaggregaten angewendet. Im ersten Schritt werden die Wachstumsraten behandelt, indem Raten ausserhalb des eineinhalbfachen Interquartilsabstandes («Box-Plot-Regel») als Ausreisser identifiziert und ausgeschlossen werden. In einem zweiten Schritt werden die Investitionssummen behandelt, indem die Beträge oberhalb des 95. Perzentils winsorisiert werden.

Das neue Verfahren wurde rückwirkend auf alle bisherigen Umfragen angewendet. Dies führt zu einer vollständigen Revision der Zeitreihen der Investitionswachstumsraten. Darüber hinaus kann das neue Verfahren auch Auswirkungen auf die übrigen Zeitreihen haben, da die Investitionssummen der befragten Unternehmen in die Gewichtung ihrer Antworten einfliessen.

Zur Validierung der neuen Methode kann ein Vergleich der Investitionswachstumsraten nach alter und neuer Methode mit den entsprechenden Zahlen des Bundesamts für Statistik (BFS) herangezogen werden. Grafik G 10 zeigt das jährliche Wachstum der Ausrüstungsinvestitionen (links) und der Bauinvestitionen (rechts) nach beiden Methoden für die Ergebnisse der KOF Investitionsumfragen im Herbst für das laufende Jahr und vergleicht es mit den entsprechenden Komponenten des Bruttoinlandprodukts nach Verwendungsart gemäss BFS, wobei die Rate für 2023 der aktuellen KOF Konjunkturprognose vom Dezember 2023 entspricht. Die neue Methode zur Identifikation und Behandlung der Ausreisser erhöht die Korrelation mit den entsprechenden Zahlen des BFS sowohl bei den Ausrüstungs- als auch bei den Bauinvestitionen deutlich. Bei den Ausrüstungen beträgt die Korrelation mit der neuen Methode 0.85 (mit der alten Methode betrug sie 0.05). Bei den Bauinvestitionen beträgt die Korrelation mit der neuen Methode 0.33 (mit der alten Methode betrug sie -0.36). Bei diesem Vergleich ist zu beachten, dass die KOF Investitionsumfrage nur den Unternehmenssektor umfasst. Die Daten des BFS umfassen auch die Investitionen der institutionellen Sektoren sowie der Landwirtschaft und des Bergbaus.

Ansprechperson

Pascal Seiler
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KOF FB Konjunkturumfragen
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