Wie der Schweizer Tourismus im internationalen Vergleich dasteht

Die Zahl der internationalen Touristenankünfte lag in den ersten acht Monaten dieses Jahres weltweit 70% tiefer als vor der Corona-Krise. In Europa erholte sich die Nachfrage in den Sommermonaten zwar teilweise, die steigenden Infektionszahlen bremsen diese Erholung aber wieder aus. Die Schweiz schneidet im internationalen Vergleich allerdings nicht schlecht ab: Dank des starken Inlandtourismus hat sie weniger Logiernächte verloren als andere Länder.

Tourismus

Kaum eine Branche wird von der gegenwärtigen Krise so stark getroffen wie der Tourismus. Im ersten Halbjahr wurden in zahlreichen Ländern die Gastronomie sowie die Betriebe der Kultur und Unterhaltung stark eingeschränkt oder vorübergehend geschlossen. Um die Ausbreitung des Coronavirus zu stoppen, wurden weltweit Reiserestriktionen verhängt, was den internationalen Reiseverkehr praktisch zum Erliegen brachte. So sank die Zahl der internationalen Touristenankünfte in den ersten acht Monaten dieses Jahres um 70% gegenüber dem letzten Jahr, ein Verlust von 700 Mio. Ankünften. Der gegenwärtige Wiederanstieg der Infektionszahlen und die Verschärfung der Massnahmen dürften dem Tourismus in vielen Ländern einen erneuten Dämpfer versetzen. Auch in den kommenden Monaten wird die touristische Nachfrage angesichts der Unsicherheit über den weiteren Verlauf der Pandemie verhalten bleiben.

In Europa hat sich die touristische Nachfrage in den Sommermonaten teilweise erholt, nachdem viele Schutzmassnahmen aufgehoben und die innereuropäischen Grenzen ab Mitte Juni wieder geöffnet worden waren. Die Übernachtungszahlen in Hotels stiegen bis Juli in allen europäischen Ländern auf ein Vorkrisenniveau von 40 bis 90% (siehe Grafik G 1). In der Schweiz lagen die Übernachtungen im Juli bei 70% des Vorkrisenniveaus, in Deutschland und Österreich ebenfalls bei 70% respektive 77%. Insbesondere die inländischen Gäste machten im Sommer vermehrt Ferien in der Schweiz. Demgegenüber blieben die ausländischen Gäste mit Ausnahme einiger europäischer Touristen aus den Nachbarländern und den Benelux-Staaten weitgehend aus. Im Vergleich dazu lagen die Übernachtungen in dem von der Pandemie weit stärker betroffenen Italien im Juli erst bei knapp der Hälfte des Vorkrisenniveaus. Die ersten Zahlen für den Monat August deuten auf eine gewisse Abschwächung der touristischen Nachfrage in den Sommermonaten hin. In vielen Ländern dürften die starken Nachholeffekte aus dem ersten Halbjahr bei der Inlandsnachfrage ausgeklungen sein.

Hotellogiernächte EU

Länder mit hohem Inlandsanteil profitieren

Die Inlandsnachfrage war der wichtigste Treiber der touristischen Erholung im Sommer. Viele Touristinnen und Touristen entschieden sich angesichts der Reiserestriktionen und der allgemein hohen Unsicherheiten im Zusammenhang mit einer Auslandsreise für Ferien im Inland. In vielen Ländern stieg die Inlandsnachfrage in den Sommermonaten deutlich über das Vorkrisenniveau. So lagen Hotelübernachtungen der inländischen Gäste in der Schweiz im Juli 30% über dem Vorkrisenniveau, was vor allem den alpinen und ländlichen Gebieten zugute kam. In Österreich stiegen die Übernachtungen der Inländerinnen und Inländer um 15%, und auch in Dänemark, Norwegen und den Niederlanden stieg die Inlandsnachfrage deutlich. Demgegenüber lagen die Übernachtungen der inländischen Gäste in Deutschland im Juli um einen Fünftel, in Italien um einen Drittel unter dem Vorkrisenniveau (siehe Grafik G 2).

Während auf inländische Touristinnen und Touristen fokussierte Länder und Regionen die Krise bis anhin verhältnismässig besser meistern konnten, leiden vor allem Länder mit einem hohen Anteil internationaler Gäste. Dazu gehören insbesondere Länder mit einem grossen Tourismussektor wie Kroatien, Griechenland und Spanien, die im Vergleich zum letzten Jahr in den ersten sieben Monaten dieses Jahres über 40% der Übernachtungen verloren. Portugal, Italien und Bulgarien verloren rund 35% aller Übernachtungen. Im Vergleich dazu beträgt der kumulierte Verlust an Hotelübernachtungen in der Schweiz und Deutschland rund 25%, in Österreich 22%. Insgesamt liegt der Verlust an Hotelübernachtungen höher in Ländern, die mehr COVID-19-Infektionen pro 100 000 Einwohner zählten und die stärkere Schutzmassnahmen im Kampf gegen die Pandemie verhängten.

Hotellogiernächte Inländer

30% weniger Logiernächte im kommenden Winter

Im Zuge steigender Infektionszahlen werden die Schutzmassnahmen in vielen Ländern gegenwärtig wieder verschärft. Dazu gehören unter anderem Reisebeschränkungen in Form von Quarantänevorschriften. Das bremst die Erholung im Tourismus in den Wintermonaten aus. Die Lage dürfte sich erst im Frühjahr allmählich entspannen, wenn ein möglicher Impfstoff entwickelt wurde und sich die Gewohnheiten der Menschen in der wärmeren Jahreszeit ändern. Dies würde die internationale Tourismusnachfrage wieder ankurbeln. Die europäische Nachfrage, insbesondere zwischen Nachbarländern, dürfte sich verhältnismässig rasch erholen. Bei den interkontinentalen Reisen hingegen wird die Erholung schleppend verlaufen. Zwar könnten die Einreisebeschränkungen für aussereuropäische Touristen im Schengenraum im nächsten Frühling aufgehoben werden, allerdings sind die Vorlaufzeiten bei den interkontinentalen Reisen lang. Eine gute inländische Nachfrage dürfte die Tourismuswirtschaft in vielen Ländern stützen, kann das Ausbleiben ausländischer Gäste aber nur teilweise kompensieren (siehe G 3).

In der Schweiz dürften die Übernachtungen der inländischen Gäste in der kommenden Wintersaison rund 8% über dem Vorkrisenniveau liegen, was in erster Linie den Wintersportdestinationen zugutekommt. Die Übernachtungen der europäischen Gäste dürften hingegen rund einen Drittel tiefer liegen als im Vorjahr und rund die Hälfte des Vorkrisenniveaus betragen. Bei den Fernmärkten werden die Gäste aufgrund der Reiserestriktionen weitgehend ausbleiben. Insgesamt dürften die Übernachtungszahlen in diesem Winter gemäss Prognose um 30% zurückgehen. Sollte sich die Pandemie allerdings länger und heftiger zurückmelden als derzeit angenommen, könnte der Einbruch bis zu 50% betragen.

Insgesamt führt die Pandemie zu einem geschätzten Verlust von 13.3 Millionen Logiernächten im Tourismusjahr 2020. Auch die Preise in der Hotellerie sind im laufenden Jahr erwartungsgemäss gesunken und werden voraussichtlich erst 2022 wieder auf das Vorkrisenniveau zurückfinden. Für die Hotellerie resultiert ein Umsatzverlust von 1.6 Mrd. Franken. Für den gesamten Tourismus liegt der Umsatzverlust im Tourismusjahr 2020 bei über 10 Mrd. Franken. Im nächsten Jahr dürfte der Nachfrageverlust gegenüber dem Tourismusjahr 2019 noch 6.2 Mrd. Franken betragen. Insgesamt dürfte die Zahl der Logiernächte der ausländischen Gäste Ende 2021 bei knapp 80% und Ende 2022 dann bei 90% liegen. Das Vorkrisenniveau wird erst Ende 2023 wieder erreicht.

Logiernächte nach Tourismusjahr

Die ausführliche Tourismusprognose vom Oktober 2020 finden Sie hier.

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