Lohnt sich eine duale Berufslehre für Firmen in Nepal?

Lehrlingslohn, Zusatzleistungen für Lehrlinge und Kosten für Ausbildende: Die Autoren eines neuen KOF Working Papers haben untersucht, ob diese Kosten einer dualen Berufslehre durch den von den Lehrlingen während der Ausbildung produzierten Wert wettgemacht werden. Die Ergebnisse für ein Pilotprojekt in Nepal zeigen, dass Firmen einen kleinen Nettonutzen erzielen, wenn sie Ausbildungsplätze anbieten.

Berufslehre

Die schweizerische Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) startete im Herbst 2018 ein Pilotprojekt, in dessen Rahmen in Nepal eine duale Berufslehre eingeführt wurde.1 Dabei handelt es sich um ein formales Berufsbildungsprogramm der höheren Sekundarbildung, welches 24 Monate dauert. Während des Grossteils dieser zwei Jahre verbringen die Studierenden fünf Tage pro Woche in einer Firma und einen Tag pro Woche in einer Schule.

Die Einführung einer dualen Berufslehre stellt eine Herausforderung für alle Beteiligten dar. Denn neben den staatlichen Akteuren und den Schulen müssen auch Firmen davon überzeugt werden, Ausbildungsplätze für die duale Berufsbildung anzubieten. Dies ist besonders schwierig, wenn die Firmen noch keine Erfahrung bezüglich der für sie entstehenden Kosten und Nutzen haben. Deshalb vereinfachen die Autoren die in der Schweiz angewandten Berechnungsmethoden zu Kosten und Nutzen einer Berufslehre für Firmen (siehe z.B. Dionisius et al., 2008, Mühlemann und Wolter, 2014). Dies erlaubt eine frühzeitige Schätzung des zu erwartenden Nettonutzens, basierend auf einer Befragung von rund 40 Firmen.

Ausbildende Firmen machen kleinen Nettonutzen

Die Berechnungsmethode basiert auf der Annahme, dass die Produktivität von Lehrlingen zu Beginn der dualen Berufslehre mit dem Lohn eines nicht ausgebildeten Beschäftigten approximiert werden kann. Anschliessend steigt die Produktivität der Lehrlinge linear an, bis sie jene eines ausgebildeten Beschäftigten erreicht. Laut den befragten Firmen dauert es 22 Monate, bis die Lehrlinge ihre volle Produktivität erreichen. Zudem muss berücksichtigt werden, dass die Lehrlinge während der dualen Berufslehre 20 Monate in der Firma verbringen und einen Tag pro Woche in der Schule sind. Grafik G 6 zeigt, dass der resultierende Wert der von Lehrlingen generierten Produktion während ihrer ganzen Ausbildung bei rund 2300 Fr. liegt. Dies entspricht ungefähr dem Gegenwert der zwölfmonatigen Arbeit eines ausgebildeten Mitarbeitenden in Nepal.

Der von Lehrlingen geschaffene Produktionswert muss mit den Kosten verglichen werden, welche für die Firmen entstehen. Die wichtigste Komponente ist dabei der Lehrlingslohn, welcher 56% der Kosten ausmacht. Die Lehrlingszusatzleistungen wie zum Beispiel Vergütungen in der Form von Essen und Unterkunft verursachen 9% der Kosten. Zudem wenden ausgebildete Beschäftigte im Durchschnitt rund neun Stunden pro Woche auf, um die Lehrlinge auszubilden. Dies macht 35% der Kosten aus.

Der Vergleich von Nutzen- und Kostensumme zeigt, dass die Firmen im Durchschnitt einen kleinen Nettonutzen von rund 145 Fr. erzielen, was knapp dem Monatslohn eines ausgebildeten Beschäftigten entspricht.

Kosten, Nutzen, Nettonutzen

Dauer der Berufslehre und Lehrlingslohn spielen Schlüsselrolle

Die Dauer der Berufslehre von 24 Monaten ist entscheidend dafür, dass für die Firmen ein Nettonutzen entsteht. Die Produktivität von Lehrlingen ist zu Beginn der Berufslehre noch vergleichsweise tief, nimmt aber im Verlauf der dualen Berufslehre zu. Gleichzeitig sinken die Kosten für ausbildende Beschäftigte. Die Ausbildungsdauer ist folglich lang genug, damit Firmen die Investitionen, die sie zu Beginn der Ausbildung tätigen, wettmachen können.

Auch der Lehrlingslohn ist wichtig. In Nepal beträgt der gesetzlich vorgeschriebene Mindestlohn von Lehrlingen 28 Fr. pro Monat, was rund 14% des Lohnes eines ausgebildeten Mitarbeitenden entspricht. Der tatsächliche Lehrlingslohn liegt bei den untersuchten Firmen zu Beginn der Ausbildung mit durchschnittlich 45 Fr. über diesem vorgeschriebenen Wert. Dies zeigt, dass der vorgeschriebene Mindestlohn tief genug ist, um den Firmen ein für sie profitables Ausbildungsplatzangebot zu ermöglichen.

Nepalesische Firmen konnten bislang keine Erfahrungen mit den Kosten und Nutzen einer dualen Berufslehre sammeln. Diese Analyse kann somit helfen, Firmen davon zu überzeugen, dass sich das Angebot eines Ausbildungsplatzes finanziell lohnt. Allerdings basieren die präsentierten Ergebnisse auf einer relativ kleinen Anzahl von Beobachtungen und die angewandte Projektionsmethode basiert auf vereinfachenden Annahmen. Deshalb ist es wichtig, die Ergebnisse in zukünftigen Studien zu verifizieren.

1) Die Autoren bedanken sich bei der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA), dem schweizerischen Nationalfonds und der DEZA Nepal, welche Teile dieser Studie finanziert haben.

Literatur

Bolli, T., J. Kemper, M. N. Parajuli, U. Renold, and B. K. Thapa (2020): Projection of Net Benefits for Companies in the Dual Vet-Apprenticeship Programme in Nepal, KOF Working Papers, 145, https://www.research-collection.ethz.ch/handle/20.500.11850/388868.

Dionisius, R., S. Muehlemann, H. Pfeifer, G. Walden, F. Wenzelmann, and S. C. Wolter (2008): Cost and benefit of apprenticeship training-A comparison of Germany and Switzerland.

Muehlemann, S. and S. C. Wolter (2014): Return on investment of apprenticeship systems for enterprises: Evidence from cost-benefit analyses. IZA Journal of Labor Policy, 3(1), 25.

Kontakt

Thomas Bolli

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