Wirtschaft im Euroraum nimmt etwas an Fahrt auf

Der BIP-Zuwachs im Euroraum dürfte sich wieder etwas beschleunigen. Das erwarten die drei Forschungsinstitute ifo, KOF und Istat aus München, Zürich und Rom. Ausgehend von einem geringen Zuwachs von 0.2% im dritten Quartal 2019, wird der Produktionszuwachs im vierten Quartal 0.3% betragen. Die Institute erwarten, dass die Wirtschaft im Euroraum auch in den ersten beiden Quartalen des neuen Jahres jeweils 0.3% gegenüber dem Vorquartal expandiert.

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Die Expansion des Bruttoinlandprodukts im Euroraum war auch im dritten Quartal 2019 eher träge (+0.2% wie im zweiten Quartal). Sie wurde vor allem von den privaten Konsumausgaben gestützt. Infolge der schwachen weltweiten Nachfrage war der Aussenbeitrag leicht negativ. Die Industrieproduktion hat weiter abgenommen und ist damit bereits seit dem ersten Quartal 2018 auf einem Abwärtstrend. Die Verlangsamung in China und die Schwäche im Automobil-Sektor belasteten insbesondere die Hersteller von Investitionsgütern und Vorleistungen.

Dies ist vor allem für die deutsche Wirtschaft relevant, die sich im dritten Quartal nur leicht (+0.1%) von der rückläufigen Entwicklung im zweiten Quartal (-0.2%) erholte. In Frankreich und Spanien, wo der Dienstleistungssektor und die Herstellung von Konsumgütern höhere Anteile aufweisen, wurden auch höhere Expansionsraten ausgewiesen. Die italienische Volkswirtschaft entwickelte sich weiterhin schwach.

Privater Konsum als Haupttreiber des BIP-Wachstums

Die vorlaufenden Indikatoren in den vergangenen Monaten deuten auf eine Stabilisierung des konjunkturellen Ausblicks hin. Während die von der Europäischen Kommission erhobene Konsumentenstimmung kaum Veränderungen signalisiert, scheint sich die Stimmung im Verarbeitenden Gewerbe nicht mehr weiter zu verschlechtern und damit eine Talsohle zu erreichen.

Der Einkaufsmanagerindex der Firma Markit bestätigt dieses Bild. Der Subindex für das Verarbeitende Gewerbe hat sich im vierten Quartal 2019 stabilisiert. Die Industrieproduktion hat jedoch im September und Oktober weiter abgenommen (-0.1% bzw. -0.5%). Nach einem Rückgang von -0.8% im dritten Quartal dürfte die Industrieproduktion im vierten Quartal erneut zurückgehen (-0.2%). Anschliessend ist mit einer leichten Erholung zu rechnen, mit +0.1% im ersten und +0.2% im zweiten Quartal 2020.

Industrieproduktion Euroraum

Der Zuwachs des Bruttoinlandprodukts (BIP) im Euroraum dürfte sich im Prognosezeitraum im Vergleich zum dritten Quartal 2019 etwas beschleunigen. Im vierten Quartal 2019 und den ersten beiden Quartalen 2020 dürfte er bei +0.3% liegen. Für das Gesamtjahr 2019 dürfte sich damit eine Zuwachsrate von +1.2% ergeben.

Bruttoinlandproduktion Euroraum

Die privaten Konsumausgaben werden wohl weiterhin der Haupttreiber der BIP-Ausweitung sein, auch weil sich der Arbeitsmarkt robust gegenüber der Abschwächung im Verarbeitenden Gewerbe zeigt. Im Prognosezeitraum wird für den privaten Konsum mit einer gleichbleibenden Veränderungsrate von +0.3% gerechnet.

Vor dem Hintergrund einer voraussichtlich expansiveren Finanzpolitik im Jahr 2020 dürfte auch der Staatskonsum merklich zur BIP-Expansion beitragen. Die Kapazitätsauslastung im Verarbeitenden Gewerbe hat abgenommen, liegt aber immer noch etwas über dem Mittelwert der vergangenen 20 Jahre. Anzeichen einer Entspannung im Handelskonflikt zwischen den USA und China sowie eine gesunkene Unsicherheit über die Modalitäten des Brexit könnten die Aussennachfrage stimulieren. Ähnlich wie die Industrieproduktion dürften auch die Bruttoanlageinvestitionen im vierten Quartal leicht zurückgehen, bevor sie mit +0.3% im ersten und +0.4% im zweiten Quartal wohl wieder zunehmen werden.

Inflation bleibt verhalten

Infolge des Rückgangs der Energiepreise im vergangenen Sommer sank die Inflationsrate, gemessen als jährliche Veränderung des harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI), auf verhältnismässig geringe Werte. Im November lag die Rate bei lediglich +1%. Die Kerninflation, die um die Preisschwankungen von Energie und unverarbeiteten Lebensmitteln bereinigt ist, nahm auf +1.5% zu – vor allem aufgrund des Preisdrucks bei Dienstleistungen. Dies ist vermutlich zum Teil auf eine Änderung bei der Verbuchung von Pauschalreisen in Deutschland zurückzuführen.

Die Inflation dürfte im vierten Quartal 2019 bei +1% verbleiben, was in einer Rate von +1.2% für das Gesamtjahr 2019 resultieren würde. Für das laufende Jahr wird mit einer leichten Beschleunigung auf +1.3% im ersten Quartal gerechnet, gefolgt von einer leichten Verlangsamung auf +1.2% aufgrund vergangener Energiepreisschwankungen im zweiten Quartal. Die Inflationsprognose basiert auf der technischen Annahme, dass der Ölpreis (Brent) bei 65 US-Dollar pro Barrel stabil ist und der Euro-Dollar-Kurs im Prognosezeitraum bei 1.12 bleibt.

Risikolandschaft ändert sich

Zwar haben verschiedene Prognoserisiken zuletzt etwas abgenommen, jedoch sind neue Risiken aufgekommen. Nach der Wiederwahl von Boris Johnson als Premierminister des Vereinigten Königreichs wird der Brexit mit grosser Wahrscheinlichkeit am 31. Januar stattfinden. Dies vermindert die Unsicherheit. Die Beziehungen zwischen den übrigen Mitgliedstaaten und dem Vereinigten Königreich werden im Jahr 2020 praktisch unverändert bleiben. Für die Folgezeit müssen neue Modalitäten ausgehandelt werden, was mit neuen Unsicherheiten verbunden sein wird. Überdies zeichnet sich eine Entspannung im Handelskonflikt zwischen den USA und China ab, wobei das Risiko einer weiteren Eskalation nach wie vor besteht.

Ein neues Risiko ist in Frankreich entstanden, wo Streiks im öffentlichen Verkehr und anderen Sektoren der öffentlichen Verwaltung seit Dezember 2019 die wirtschaftliche Entwicklung empfindlich dämpfen könnten. Zudem bergen die eskalierenden Spannungen zwischen den USA und Iran das Potenzial für weitere Konflikte, wirtschaftliche Verwerfungen und starke Fluktuationen bei den Energiepreisen.

Weitere Informationen zum Eurozone Economic Outlook finden sich hier.

Eurozone Economic Outlook

Der Eurozone Economic Outlook ist ein Gemeinschaftsprojekt zwischen dem externe Seiteifo Institut, dem externe SeiteIstat und der KOF. Die Schätzungen und Prognosen werden unter Zuhilfenahme statistischer Prognoseverfahren durch die drei Institute erstellt. Eine Downloaddetailliertere Analyse (PDF, 691 KB) sowie Tabellen und Grafiken finden Sie als Download in der rechten Spalte.

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