Innovation in Europa: Die Schweiz verliert ihre Spitzenposition

Der Anteil von Schweizer Firmen, die Forschung und Entwicklung betreiben, ist in den letzten Jahren gesunken. Auch der Anteil der Unternehmen mit Prozess- und Produktinnovationen ist zurückgegangen. Gemessen an diesen Indikatoren, ist die Schweiz punkto Innovationen ins europäische Mittelfeld abgerutscht.

Innovation

Innovationen leisten einen wesentlichen Beitrag zur Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen, erhöhen die Produktivität und tragen zu einer erfolgreichen wirtschaftlichen Entwicklung bei. In den letzten Jahrzehnten scheint es jedoch zunehmend schwieriger geworden zu sein, Innovationen hervorzubringen. Die Unternehmen müssen immer mehr Mittel einsetzen, um erfolgreich neue Produkte und Dienstleistungen entwickeln zu können.

Bei international vergleichenden Innovationsanalysen wie dem GII (Global Innovation Index) oder dem «European Innovation Scoreboard» nimmt die Schweiz in der Regel eine Spitzenposition ein. Dies ist primär auf Infrastrukturindikatoren wie das Humankapital oder die Attraktivität des Hochschulsystems zurückzuführen. Im Gegensatz zu diesen sehr breit gefassten Studien fokussieren KOF-Forscher bei ihrer Analyse auf jene Innovationsindikatoren, die unmittelbar mit der Entwicklung neuer Produkte und Prozesse in Verbindung stehen.

Anteil von Unternehmen mit F&E-Aktivitäten sinkt

Forschung und Entwicklung (F&E) sind üblicherweise teuer und riskant. Sie sind jedoch eine wichtige Voraussetzung für die Entwicklung von bedeutenden Innovationen. Mit zwei F&E-Indikatoren wird daher die Bereitschaft der Unternehmen gemessen, intensive Innovationsanstrengungen zu unternehmen: der Anteil F&E-treibender Unternehmen und der Anteil der F&E-Ausgaben am Umsatz.

Der Anteil von Unternehmen mit F&E-Aktivitäten hat sich in den Vergleichsländern im Zeitablauf angeglichen (siehe Grafik G2). In den einst führenden Ländern Schweiz und Deutschland haben sich die Anteile verringert, während in Österreich, Frankreich und mit Einschränkungen auch in Italien steigende Anteile zu beobachten sind.

Anteil der Unternehmen mit Forschung und Entwicklung

Mit dem Umsatzanteil der F&E-Ausgaben werden die relativen Anstrengungen eines Unternehmens gemessen, neue Produkte oder Prozesse zu entwickeln bzw. diese zu verbessern. Auch hier zeigen sich sehr unterschiedliche Entwicklungen (siehe Grafik G3). Während Schweden die Anteile über den gesamten Untersuchungszeitraum konstant hochhalten konnte, ist es den Unternehmen in Deutschland, Österreich und vor allem in der Schweiz gelungen, ihre F&E-Ausgaben im Vergleich zum Umsatz deutlich zu erhöhen.

Gesamte F&E-Ausgaben als Anteil der gesamten Umsätze

Eine Gruppe von Ländern – darunter Deutschland und die Schweiz – verzeichnet also eine Abnahme des Anteils der F&E-aktiven Unternehmen bei gleichzeitiger Zunahme des Umsatzanteils der F&E-Ausgaben. Das heisst: Die steigenden F&E-Anstrengungen konzentrieren sich zunehmend auf eine geringere Zahl von Unternehmen.

Die Entwicklung von Prozess- und Produktinnovationen

Den Erfolg von Innovationsanstrengungen messen die KOF-Forscher anhand von zwei Indikatoren: der Entwicklung neuer Produktionsprozesse sowie der Generierung von neuen Produkten oder Dienstleistungen für den Absatzmarkt. Der Anteil der Prozessinnovatoren ist in der Schweiz seit 2002 stark zurückgegangen und seit 2012 wieder leicht angestiegen. Eine deutlich andere Entwicklung ist in Frankreich und den Niederlanden zu beobachten. Dort hat der Anteil von Prozessinnovatoren über die gesamte Periode zugenommen, insbesondere in den letzten Jahren.

Beim Anteil der Unternehmen mit Produktinnovationen zeigt sich im Zeitablauf eine starke Konvergenz (siehe Grafik G4). Während die Anteile in der Schweiz, in Deutschland und Schweden abgenommen haben, sind sie in Italien, Frankreich, den Niederlanden und Finnland angestiegen. Die Abnahme des Anteils von Unternehmen mit Produktinnovationen kann mit dem Rückgang der F&E-aktiven Unternehmen in diesen Ländern zusammenhängen. In gleicher Weise kann der Anstieg des Anteils der Produktinnovatoren in Finnland, den Niederlanden und Frankreich mit dem Anstieg der F&E-aktiven Unternehmen in diesen Ländern zusammenhängen.

Anteil der Unternehmen mit Produktinnovationen

Die Schweiz im Mittelfeld bei den Innovationsleistungen

Gemessen an den präsentierten Indikatoren, hat die Schweiz ihre Spitzenposition, welche sie noch zu Beginn der 2000er Jahre eingenommen hat, weitestgehend verloren. Beim Anteil der Unternehmen mit Produkt- und Prozessinnovationen sowie beim Anteil der Unternehmen mit F&E-Aktivitäten befindet sich die Schweiz im Mittelfeld der europäischen Vergleichsländer. Eine Ausnahme stellt der Umsatzanteil der F&E-Ausgaben dar, welcher sich in der Schweiz im Zeitablauf stark erhöht hat.

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