Quantitative Lockerung im Euroraum: Wer profitiert?

Nach der globalen Finanzkrise verlangsamte sich die Kreditvergabe an Unternehmen im Euroraum deutlich. Die Europäische Zentralbank setzte auf unkonventionelle Massnahmen, um die Lage zu entschärfen. Eine aktuelle Studie der KOF zeigt, dass KMU von der quantitativen Lockerung der EZB profitiert haben – allerdings nicht in allen Ländern gleich stark.

EZB Frankfurt
Der Sitz der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt. (Bild: EwaStudio)

Mit der Verschärfung der europäischen Staatsschuldenkrise und dem langsamen Schuldenabbau der Banken näherte sich die europäische Wirtschaft vor einigen Jahren einer Kreditklemme. Von 2011 bis 2015 nahm der Bestand an Unternehmenskrediten trotz eines massiven Rückgangs des Leitzinses und damit der Kreditzinsen für Unternehmen stark ab (siehe G 4). Die Europäische Zentralbank (EZB) ergriff noch nie da gewesene Massnahmen, um den Kreditkanal der Geldpolitik aufrechtzuerhalten, wie beispielsweise die Targeted Long Term Repurchase Operations (TLTRO).

Allerdings setzte eine nachhaltige Verbesserung der Kreditvergabe erst mit Beginn des quantitativen Lockerungsprogramms in Form des Public Sector Purchase Programme (PSPP) im März 2015 ein (Ankündigung Januar 2015). Auch der Bank Lending Survey und der Survey on the Access to Finance of Enterprises (SAFE) der EZB zeigen, dass sich die Kreditbedingungen erst nach 2015 fundamental verbessert haben. Es ist jedoch nicht klar, ob die unkonventionellen geldpolitischen Massnahmen wie beispielsweise das PSPP dazu beigetragen haben, die Finanzierungsbedingungen auch für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) zu erleichtern.

Unternehmenskredite
  • Targeted Long Term Repurchase Operations (TLTRO): Dabei handelt es sich um langfristige Finanzierungsmöglichkeiten für Banken zu attraktiven Konditionen. Sie sollen die Kreditvergabe an die Realwirtschaft stimulieren.
  • Public Sector Purchase Programme (PSPP): Dabei handelt es sich um den gross angelegten Kauf von Staatsanleihen durch die EZB.
     

Erschwerter Zugang zu Finanzierung für KMU

Unternehmen im Euroraum sind – insbesondere im Vergleich zu solchen in den USA – besonders abhängig von Bankkrediten (siehe z.B. Praet, 2016, oder Kraemer-Eis et al., 2017). Zwischen 2002 und 2008 wurden durchschnittlich fast 70% der Finanzierungen von nicht finanziellen Kapitalgesellschaften mit Hilfe von Banken getätigt. Im Allgemeinen sind KMU stark auf Bankkredite als Finanzierungsquelle angewiesen. Die meisten Unternehmen des Euroraums sind KMU, sie beschäftigen mehr als zwei Drittel der Arbeitskräfte und erwirtschaften etwa 60% der Wertschöpfung (Kraemer-Eis et al., 2017). Daher spielen ihre Finanzierungsbedingungen eine wichtige Rolle für die Konjunktur und die Geldpolitik. KMU haben jedoch einen erschwerten Zugang zu Finanzierung und höhere Finanzierungskosten als Grossunternehmen.

Eine aktuelle Studie der KOF analysiert die Auswirkungen des Ankaufsprogramms der EZB auf den Zugang von KMU zu Finanzierungsmitteln anhand von Unternehmensdaten des SAFE. Im Vergleich zur bestehenden Literatur zur Bankenkreditvergabe erlaubt die Analyse mit diesen Daten, sich auf KMU zu konzentrieren, ohne sie mit Kleinkrediten oder kleinen Banken zu approximieren. Zweitens ist ein direkter Vergleich zwischen den Ländern des Euroraums möglich. Drittens kann für Kreditnachfrage, Unternehmensmerkmale und makroökonomische Rahmenbedingungen kontrolliert werden.

Auswirkungen des PSPP

Die Analyse zeigt, dass das quantitative Lockerungsprogramm der EZB den Zugang der KMU zu den Finanzmitteln tatsächlich verbessert hat, indem es die Kreditverfügbarkeit erhöhte, die finanziellen Restriktionen lockerte und die Zinssätze für Kreditlinien und Kontokorrentkredite senkte (siehe T 2). Das PSPP hat sich in den einzelnen Ländern jedoch sehr unterschiedlich ausgewirkt. Vor allem KMU in der Peripherie der Eurozone, etwa in Italien, Spanien oder Irland, profitierten vom Programm (siehe T 3). Diese Unterschiede lassen sich durch die Kapitalisierung der Banken erklären. Das PSPP hat einen grösseren Einfluss auf die Finanzierungsbedingungen, wenn die Banken eine niedrige Eigenkapitalquote aufweisen, da es die Gesundheit der Bankenbilanzen verbessert und damit die Kreditvergabe stimuliert (siehe z.B. Acharya et al., 2017, oder Gambacorta und Marques-Ibanez, 2011).  

Auswirkungen PSPP je nach Ländergruppe

Diese Ergebnisse haben wichtige wirtschaftspolitische Implikationen. Nicht nur grosse Unternehmen, sondern auch KMU profitieren vom PSPP der EZB. Das Mandat der EZB besteht zwar darin, Preisstabilität auf der Ebene des Euro-Währungsgebiets zu erreichen. Doch ihre Politik kann je nach Land und Wirtschaftsakteur sehr unterschiedliche Auswirkungen haben. KMU in den Ländern, die die grösste Unterstützung benötigen, profitieren bislang am meisten vom PSPP.

Literatur

Acharya, V., T. Eisert, C. Eufinger, and H. Christian (2017): Whatever it takes: The real effects of unconventional monetary policy. SAFE Working Paper Series, 152.

Gambacorta, L. and D. Marques-Ibanez (2011): The bank lending channel – lessons from the crisis. ECB Working Paper, (1335).

Kraemer-Eis, H., A. Botsari, S. Gvetadze, F. Lang, and W. Torfs (2017): European Small Business Finance Outlook June 2017. European Investment Fund Working Paper Nr. 43.

Praet, P. (2016): Monetary policy transmission in the euro area. Speech at the suerf conference, European Central Bank.

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