KOF Konjunkturprognose: Schwierige Bedingungen für die Schweizer Wirtschaft

Die KOF hat ihre Prognose für das BIP-Wachstum in diesem Jahr von 1.6% auf 1% gesenkt. Verantwortlich für die Korrektur sind die internationalen Rahmenbedingungen, die sich in den letzten Monaten weiter verschlechtert haben. Wegen der gedämpften konjunkturellen Aussichten rechnet die KOF für 2019 mit einer leichten Unterauslastung der Schweizer Wirtschaft.

Zementfabrik
Bild: shutterstock / swissdrone

Die starke Wirtschaftsentwicklung, welche die Schweiz im Jahr 2017 und Anfang des Jahres 2018 erlebte, ist vorerst zu einem Ende gekommen. Das liegt zu einem grossen Teil am internationalen Umfeld, das derzeit von Unsicherheit geprägt ist. So ist im Euroraum im ersten Halbjahr 2019 mit einer relativ schwachen konjunkturellen Dynamik zu rechnen. In China dürfte sich die Abkühlung ebenfalls fortsetzen. Das KOF Konjunkturbarometer, das die Entwicklung der Schweizer Konjunktur in der nahen Zukunft aufzeigt, weist aktuell denn auch einen unterdurchschnittlichen Wert auf.

Die KOF hat ihre Prognose für das Wachstum des Bruttoinlandprodukts (BIP) für 2019 deshalb von 1.6% auf 1% gesenkt (siehe T 1). Klammert man den Effekt der Lizenzeinnahmen aus grossen internationalen Sportveranstaltungen aus, reduziert sich das entsprechende Wachstum in diesem Jahr von 1.8% auf 1.3%. Für 2020 ist das prognostizierte Wachstum mit 2.1% (beziehungsweise 1.8% ohne internationale Sportanlässe) gegenüber der Prognose im Dezember praktisch unverändert.
 

Bruttoinlandprodukt

Die schwächere internationale Konjunktur wirkt sich auf die exportorientierten Schweizer Industrieunternehmen aus. Der Wachstumsbeitrag des Industriebereichs wird dieses und nächstes Jahr deutlich geringer ausfallen als in der Hochkonjunktur des Jahres 2018. Das BIP-Wachstum wird 2019 im Jahresverlauf vorwiegend unter der Potenzialwachstumsrate liegen; im Jahresdurchschnitt ist die Produktionslücke daher leicht negativ.

Schweizer Wirtschaft war 2018 nahezu ausgelastet

Die Produktionslücke misst die Abweichung des realisierten BIP vom geschätzten gesamtwirtschaftlichen Produktionspotenzial. Eine positive Produktionslücke deutet auf überdurchschnittlich ausgelastete gesamtwirtschaftliche Produktionskapazitäten hin. Eine negative Produktionslücke signalisiert hingegen eine Schwächephase der Volkswirtschaft.

Zur Berechnung der Produktionslücke gibt es verschiedene theoretische Ansätze. Eine weitverbreitete Methode ist der Produktionsansatz der EU-Kommission (EU-Methode), welcher für alle Staaten des Euro-Währungsraums verbindlich vorgegeben ist. Um die Vergleichbarkeit zu umliegenden EU-Staaten zu gewährleisten, berechnet die KOF die Produktionslücke gemäss der EU-Methode, wobei das zugrunde liegende BIP um internationale Sportveranstaltungen bereinigt wurde.
 

Die EU-Methode

Nach der EU-Methode wird das Produktionspotenzial in drei Komponenten zerlegt: das potenzielle Arbeitsvolumen, den nicht finanziellen Kapitalstock und den Trend der Totalen Faktorproduktivität (TFP). Die TFP wird als Residuum mittels einer Cobb-Douglas-Produktionsfunktion berechnet. Dabei wird der Teil des BIP ermittelt, der nicht durch den mengenmässigen Einsatz der Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital erklärt werden kann. Die Berechnung des Arbeitsvolumens basiert auf der Anzahl Personen im erwerbsfähigen Alter, der Nettoerwerbsquote, der durchschnittlichen jährlichen Arbeitszeit je erwerbstätiger Person und der Arbeitslosenquote (weitere Informationen: siehe Literaturhinweis).

Produktionslücke

Die jahresdurchschnittlichen Produktionslücken Deutschlands, Frankreichs, Italiens und der Schweiz weisen ausgeprägte Parallelbewegungen über die Zeit aus (siehe G 1). So führte zum Beispiel die Finanzkrise im Jahr 2009 zu einer negativen Produktionslücke, nachdem die Produktionskapazitäten 2008 in allen vier Ländern hoch ausgelastet waren. 

Die Produktionslücke der Schweiz, die seit 2009 durchgehend negativ war, hat sich im vergangenen Jahr praktisch geschlossen. Demnach dürfte die Schweizer Wirtschaft 2018 nahezu ausgelastete Kapazitäten aufgewiesen haben, was auf einen stärkeren Anstieg der gesamtwirtschaftlichen Leistung im Vergleich zum Anstieg des Produktionspotenzials zurückzuführen ist. Wegen der gedämpften konjunkturellen Aussichten rechnet die KOF im Jahr 2019 mit einer leichten Unterauslastung, da die Expansionsrate unter der Potenzialwachstumsrate liegt. Im Jahr 2020 schliesst sich die Produktionslücke wieder etwas. 

Im internationalen Vergleich weist die Schweizer Wirtschaft damit für 2019 und 2020 eine ähnliche Auslastung aus wie die französische, während Deutschland und Italien mit einer etwas stärkeren Unterauslastung rechnen müssen. Bei der Interpretation ist zu beachten, dass sich die Potenzialwachstumsraten der Länder deutlich unterscheiden können. 2018 variierten diese zum Beispiel von knapp 2% für Deutschland bis 0.5% für Italien. Die Potenzialwachstumsrate der Schweiz lag 2018 bei 1.6%.  

Literatur

Havik, K. et al. (2014): The production function methodology for calculating potential growth rates & output gaps (No. 535). Directorate General Economic and Financial Affairs (DG ECFIN), European Commission.
 

Kontakte

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  • LEE G 317

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