Schumpeter hatte recht

Ohne Innovation gibt es keinen Konjunkturzyklus – das war eine bekannte Behauptung von Joseph Schumpeter. Andrin Spescha und Martin Wörter untersuchen in einer neuen Publikation diese Schumpetersche Hypothese mit Schweizer Daten. Es zeigt sich, dass in der Tat eine Beziehung zwischen Innovation und Konjunkturzyklen besteht.

Schumpeter

In seinem 1939 erschienen Buch Konjunkturzyklen argumentierte Joseph Schumpeter, dass der Konjunkturzyklus hauptsächlich durch Innovationen gesteuert wird, d.h. es ist die Innovation die der Wirtschaft Wachstumsimpulse vermittelt. Ohne innovative Aktionen der Unternehmen würde sich die Wirtschaft nur in der sogenannten stationären Ökonomie selbst reproduzieren, d.h. sie würde sich ohne Innovation in keiner Weise verändern. Nur die wellenartige Einführung diverser Innovationen kann die stationäre Ökonomie aus dem Gleichgewicht bringen, um das Auf und Ab des Konjunkturzyklus zu stimulieren. Die Annahme, dass Innovation eine wichtige Triebkraft für das wirtschaftliche Wachstum darstellt, stösst heute bei den meisten Wirtschaftstheoretikern auf Zustimmung.1 In einer neuen Veröffentlichung untersuchen Andrin Spescha und Martin Wörter nun, ob Schumpeters Hypothese im Konjunkturverlauf der Schweizer Wirtschaft empirisch bestätigt werden kann.

Ergebnisse für die Schweiz

Basierend auf einem repräsentativen Paneldatensatz Schweizer Unternehmen für den Zeitraum 1996–2014 analysieren Spescha und Wörter, wie sich die empirische Beziehung zwischen Innovation und Wachstum im Laufe der verschiedenen makroökonomischen Konjunkturphasen verändert. Sie stellen fest, dass innovative Unternehmen wesentlich höhere Umsatzwachstumsraten aufweisen als nicht-innovative und bestätigen damit die Annahme von Schumpeter, dass Innovation zu grösserem Wachstum führt. Diese Ergebnisse betreffen sowohl die Unternehmen, deren Innovationen auf F&E-Aktivitäten basieren als auch Unternehmen, deren Innovationen nicht auf F&E-Aktivitäten basieren.

Die Autoren zeigen jedoch auch, dass das höhere Umsatzwachstum von Unternehmen, die sich auf F&E-Aktivitäten stützen, auf unterschiedliche Phasen im Konjunkturzyklus zurückzuführen ist. Während Unternehmen, deren Innovationen auf F&E-Aktivitäten basieren, nicht-innovative Firmen in Rezessionsphasen übertreffen, weisen sie in Phasen der Hochkonjunktur ähnliche Zuwachsraten wie nicht-innovative Unternehmen auf. Unternehmen dagegen, deren Innovationen auf anderen, Nicht-F&E-Aktivitäten basieren, zeigen das entgegengesetzte Muster. In Zeiten einer Rezession legen sie ähnliche Wachstumsraten wie nicht-innovative Unternehmen an den Tag, übertreffen sie jedoch in Zeiten der Hochkonjunktur. Während folglich Unternehmen, die sich auf  F&E-Innovationen stützen, Konjunkturschwankungen  gegenüber resistenter sind als nicht-innovative Unternehmen, sind Unternehmen deren Innovationen nicht auf F&E-Aktivitäten basieren, Konjunkturschwankungen gegenüber empfindlicher als nicht-innovative Unternehmen.

Die Beobachtung, dass innovative Unternehmen in Phasen der Rezession höhere Wachstumsraten als nicht-innovative Unternehmen aufweisen, steht im Einklang mit der Konjunkturzyklustheorie von Schumpeter, in welcher Rezessionen eine Erneuerung der wirtschaftlichen Gesamtproduktion herbeiführen. Veraltete, nicht-innovative Produkte und Serviceleistungen werden aus dem Markt verdrängt und es findet eine entsprechende Verschiebung von Marktanteilen zu Gunsten höherwertiger innovativer Produkte und Serviceleistungen statt. Nachdem die Ökonomie den Tiefpunkt erreicht hat, beginnt ein neuer Zyklus und es treten wieder neue Innovationen auf. Wenn man deshalb nur die gesamtwirtschaftliche Wachstumsrate im Blick hat, übersieht man die Tatsache, dass in einem Kulturzyklus Altes durch Neues ersetzt wird.

Innovation erhöht die Stabilität der Ökonomie

Die festgestellten Ergebnisse legen nahe, dass hochqualitative Innovationen in hohem Masse zur Stabilität einer Wirtschaft in Rezessionsphasen beitragen. Eventuelle politische Massnahmen zur Stärkung der Innovationskapazitäten der Unternehmen zielen gewöhnlich auf eine Zunahme des wirtschaftlichen Wohlergehens. Unsere Ergebnisse legen jedoch auch nahe, dass solche Massnahmen gleichsam als Nebeneffekt die Stabilität der Unternehmen in Zeiten internationaler Wirtschaftskrisen stärken. Eine Wirtschaft mit Unternehmen, die immer die neuesten innovativen Produkte und Serviceleistungen produzieren, ist besser vor dem Druck, den ein Nachfragerückgang auf den internationalen Märkten auslöst, geschützt. Es ist allerdings wichtig, die Innovationskapazität einer Wirtschaft lange vor einer Wirtschaftskrise zu stärken. Politische Massnahmen während einer Krise werden nicht mehr die gleichen Ergebnisse erzielen.

1 Siehe Spescha und Wörter (2018) für einen Literaturüberblick

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