KOF Konjunkturprognose Frühjahr 2018: Breit abgestützter Aufschwung

Die Schweizer Wirtschaft befindet sich in einem Aufschwung. In diesem Jahr erreicht sie eine vergleichsweise hohe BIP-Wachstumsrate von 2.5% und auch für 2019 rechnet die KOF mit einer relativ günstigen Wirtschaftsentwicklung (1.8%). Erfreulich ist die Arbeitsmarktentwicklung: Die Arbeitslosenquote sinkt leicht. Die Inflation dreht langsam in den positiven Bereich.

Die Wirtschaftsentwicklung in der Schweiz verläuft zurzeit äusserst erfreulich (siehe G 3). Sowohl die auslands- als auch die binnenorientierten Sektoren zeigen ein starkes Wachstum und es gibt kaum negative Nachrichten aus dem schweizerischen Unternehmenssektor. Als Grund dieser positiven Entwicklung lässt sich hauptsächlich die verbesserte wirtschaftliche Lage der wichtigsten Handelspartner aufführen, aber auch der gegenüber dem Euro schwächere Franken trug dazu bei. Letzteres hatte vor allem zur Folge, dass die Margen in den exportierenden Unternehmen sich weiter erholen konnten.

Reales BIP und Konjunkturbarometer

Die KOF hat ihre Prognose gegenüber jener vom Winter leicht nach oben korrigiert. Nunmehr erwarten wir einen Anstieg der Wirtschaftsleistung um 2.5% in diesem Jahr. Ein Teil des Anstiegs ist jedoch Ereignissen geschuldet, die mit der Produktion auf schweizerischem Boden bedingt zu tun haben. Erhebliche Teile der Einnahmen aus internationalen grossen Sportanlässen werden dem schweizerischen Bruttoinlandprodukt (BIP) zugeordnet, wenn der organisierende Verein in der Schweiz beheimatet ist und die entsprechenden Einnahmen diesem zufliessen. Im laufenden Jahr gab bzw. gibt es zwei solcher grossen Anlässe – die Olympischen Winterspiele in Südkorea und die Fussballweltmeisterschaft in Russland, für welche die in der Schweiz beheimateten IOC und FIFA die Vermarktungsrechte besitzen. Wir schätzen die damit verbundene zusätzliche Wertschöpfung auf etwa 0.3% des schweizerischen BIP. Dieser Effekt bleibt im nächsten Jahr aus, so dass wir lediglich eine Wachstumsrate von 1.8% erwarten. Bereinigt um die Effekte der Sportveranstaltungen, ist die für 2019 prognostiziere Wachstumsrate jedoch kaum schwächer als die für dieses Jahr (siehe G 4).

Auswirkung grosser internationaler Sportanlässe

Es ist aufgrund dieses Sondereffekts nicht verwunderlich, dass trotz des stärkeren Wachstums – und entgegen einem raschen Blick auf die Wachstumsraten für 2019 – die Beschäftigtenzahl eher wenig zulegt und die Arbeitslosenzahl nur langsam abnimmt und auch kein nennenswerter Lohnerhöhungsdruck aufkommt. Damit gibt es von der inländischen Produktion kaum einen Preisauftrieb. Der schwächere Wechselkurs des Frankens gegenüber dem Euro und der etwas höhere Preis für Erdöl dürften jedoch dazu führen, dass die Inflationsrate dieses Jahres auf 0.7% ansteigt. Sie sollte aber tief bleiben und sich in der Folge sogar etwas abschwächen (siehe G 5), so dass sich vom Preisauftrieb her kein Bedarf für eine restriktivere Geldpolitik ableiten lässt.

Konsumentenpreise mit Prognose

In der momentanen Situation erwarten wir, dass die Schweizerische Nationalbank (SNB) die Zinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) nachvollziehen wird, um die übliche Zinsdifferenz zu den Euroanlagen aufrechtzuerhalten. Die EZB wird voraussichtlich erst im Jahr 2019 die Zinswende einläuten. In unserer Prognose gehen wir weiterhin von einem verhältnismässig stabilen Wechselkurs des Frankens zum Euro aus, so dass wir auch von daher keinen Handlungsdruck auf die SNB erwarten.

Die erfreuliche Wirtschaftsentwicklung ist zurzeit breit abgestützt (siehe G 6). War die pharmazeutische Industrie neben dem inlandsorientierten Unterrichts- und Gesundheitssektor in den letzten Jahren ein wichtiger Treiber des Wirtschaftswachstums, tragen jetzt weitere Sektoren massgeblich zum Aufschwung bei. Die Maschinen- und Metallindustrie, die in den letzten Jahren hart zu kämpfen hatte, expandiert wieder und der vorübergehende Rückgang in der Uhrenindustrie sollte beendet sein. Selbst der Tourismussektor, der in den letzten Jahren nur von den inländischen und aussereuropäischen Gästen positive Impulse erhielt, meldet seit einiger Zeit eine Zunahme der Gäste aus den umliegenden Ländern. Dies ist vor allem für die Regionen von Bedeutung, die vom Anwachsen der Gästezahl aus den asiatischen Ländern in der Vergangenheit kaum zu profitieren vermochten.

Auch die Lage im Handel hat sich inzwischen stabilisiert. Der Detailhandel, der in den letzten Jahren als binnenorientierte Branche vermehrt durch grenzübergreifende Einkäufe der Schweizer unter Druck stand, hat seine Position aufgrund des schwächer gewordenen Frankens wieder verbessern können. Er beurteilt seine Aussichten jetzt recht optimistisch und sowohl Umsätze als auch Erträge dürften wieder zunehmen.

Wachstumsbeiträge BIP: Produktionsseitig

Der Transithandel hat seine Erlöse seit dem Jahr 2010 kaum erhöhen können, was aber auch auf Wechselkurseffekte zurückzuführen ist, denn diese Erlöse werden nahezu ausschliesslich in ausländischen Währungen erzielt. Die Erträge dieses Sektors sind schwer zu prognostizieren, hängen sie doch stark von regional divergierenden Preisen für Rohstoffe und deren Preisschwankungen ab. In unserer Prognose gehen wir im Sinn einer technischen Annahme von Erträgen in der Grössenordnung der letzten Jahre aus. Die mittlerweile vermehrt unter kritischer Beobachtung stehenden Aktivitäten dieser Branche werden in Zukunft voraussichtlich einer stärkeren Regulierung unterliegen, was die Kosten erhöhen, aber nicht unbedingt die Bruttoerträge schmälern dürfte.

In der Finanzbranche haben sich die Gewichte verschoben. Bis zur Finanzkrise war die Wertschöpfung der Banken meist doppelt so gross wie diejenige der Versicherungen. Inzwischen sind die Erträge der Kreditwirtschaft zurückgegangen, während die der Versicherungen weiter zugelegt haben. Die Folge ist, dass die Wertschöpfung der Versicherungen nunmehr nur unwesentlich kleiner ist als diejenige der Banken. In unserer Prognose rechnen wir damit, dass die gesamte Finanzbranche wieder stärker zulegen wird ­ und dies nicht nur in der Versicherungswirtschaft.

Verbesserte Aussichten sind normalerweise auch mit einer hohen Investitionsbereitschaft verbunden. Die Bautätigkeit, insbesondere im Wohnbau und für den Unterrichts- und Gesundheitssektor, ist aber bereits rege, so dass keine nennenswerte Steigerung mehr zu erwarten ist. Im Wohnbau gehen wir sogar von einer leichten Abnahme aus, übersteigen doch die Anzahl fertiggestellter Wohnungen bereits die erwartete Zunahme der Nachfrage nach Wohnraum. Bei den Ausrüstungsinvestitionen erwarten wir eine Verlagerung vom Transportsektor zur übrigen Wirtschaft; das erwartete Wachstum fällt darum eher tiefer aus als in den letzten Jahren. Erneut höhere Investitionen im Transportsektor sind zwar nicht auszuschliessen; diese hätten wohl höhere Investitionen und Importe zur Folge als prognostiziert; die kurzfristigen Auswirkungen auf die Wertschöpfung in der Schweiz dürften aber bescheiden sein.

Prognoserisiken

Die grössten Risiken für unsere Prognosen liegen wie so oft vor allem im internationalen Umfeld. Wenn der Ausstieg aus der ultraexpansiven Geldpolitik in den wichtigen Exportmärkten der Schweiz weniger glimpflich verlaufen sollte als erhofft oder die Spannungen in einem der internationalen Krisenherde die ökonomische Unsicherheit markant verstärken sollte, würden sich unsere Annahmen als zu optimistisch herausstellen; und auch das momentan eher zunehmende Risiko eines ungeordneten «Brexit» im Frühjahr 2019 könnte die europäische Wirtschaft und damit auch die der Schweiz empfindlich treffen. Der Franken stellt als traditionelle Fluchtwährung für die Schweizer Exportwirtschaft ein potenzielles Risiko dar, welches daher im Prognosezeitraum auch manifest werden könnte. Eine weitere Eskalation der Streitigkeiten über die Modalitäten im internationalen Handelsaustausch würde ebenfalls dämpfend auf die internationale und schweizerische Wirtschaftsaktivität wirken.

Auf der Seite möglicher positiver Überraschungen steht ein potenziell stärker als erwartet beschleunigender Investitionszyklus in Europa. Der gegenwärtige Aufschwung in Europa wird bereits von einer günstigen Investitionstätigkeit getragen. Sollten die Investitionen kräftiger als erwartet anziehen, würde auch die international ausgerichtete Schweizer Wirtschaft profitieren.

Kontakt

Yngve Abrahamsen
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KOF FB Konjunktur
Leonhardstrasse 21
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Schweiz

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