Internationale Konjunkturentwicklung: Es boomt

Die Weltwirtschaft befindet sich in einer sehr guten Verfassung, auch der Welthandel wächst das erste Mal seit fünf Jahren wieder überdurchschnittlich. Allerdings rechnet die KOF damit, dass die hohe konjunkturelle Dynamik der Weltwirtschaft in den kommenden Monaten etwas abnehmen wird.

Der globale Aufschwung schwächte sich nach einer äusserst dynamischen Entwicklung im Sommerhalbjahr zum Jahresende 2017 hin leicht ab. Diese graduelle Verlangsamung fand in fast allen Wirtschaftsräumen statt. Insgesamt kann die Weltwirtschaft jedoch auf ein erfolgreiches Jahr zurückblicken. Insbesondere die entwickelten Volkswirtschaften legten im vergangenen Jahr kräftig zu. Sowohl die Vereinigten Staaten als auch die EU und Japan befinden sich in einem starken Aufschwung. Auch aus Ost- und Südostasien kamen hohe Expansionsbeiträge, allen voran aus China, wo die Hochkonjunktur, gestützt durch fiskalische Stimuli, weiter anhielt. Aus Lateinamerika und Russland kamen im Verlauf des Jahres erstmals wieder positive Impulse. Die Produktion in Indien wurde durch Reformen des Bargeldsystems und der Mehrwertsteuer temporär stark beeinträchtigt, konnte aber zum Jahresende wieder kräftiger zulegen.

Im Einklang mit dem kräftigen Aufschwung der Weltwirtschaft erholte sich auch der Welthandel nach fünf schwachen Jahren mit durchschnittlichen Zuwachsraten um 2% und legte im vergangenen Jahr um 4.5% zu. Auch die Preise für Energieträger und sonstige Industrierohstoffe erholten sich im Jahresverlauf, starke Effekte auf die Konsumentenpreise ergaben sich hieraus allerdings nicht. Der zugrunde liegende Preisdruck, gemessen an der Kerninflation ohne Energie- und Lebensmittelpreise, nahm im vergangenen Jahr nur moderat zu. Jedoch gibt es regionale Unterschiede: Während sich die Kerninflation in den Vereinigten Staaten dem Inflationsziel nähert, ist sie sowohl im Euroraum als auch in Japan noch immer weit davon entfernt. Die Teuerung im Vereinigten Königreich ist nach wie vor geprägt von den Folgen der Abwertung des Pfunds nach der «Brexit»-Entscheidung im Sommer 2016. Dort liegt der zugrunde liegende Preisdruck deutlich über dem Inflationsziel. In China schlug sich die kräftige Konjunktur kaum in den Konsumentenpreisen nieder.

Langsamer Ausstieg aus expansiver Geldpolitik

Die geldpolitische Divergenz zwischen den grossen Währungsräumen hat im vergangenen Jahr zugenommen und wird sich in diesem Jahr noch ausweiten. Auf der einen Seite haben die US-amerikanische Notenbank (Fed) und die Bank of England die Zinsen dreimal bzw. einmal erhöht. Im laufenden Jahr dürften die beiden Notenbanken die Zinsen im gleichen Ausmass erhöhen wie im vergangenen Jahr. Auf der anderen Seite weitete die japanische Notenbank den expansiven Kurs zumindest kommunikativ noch einmal aus.

Die Europäische Zentralbank (EZB) behielt die niedrigen Zinsen im vergangenen Jahr bei, jedoch begann sie im April mit der Normalisierung der Geldpolitik, indem sie das Nettovolumen des Anleihenkaufprogramms von monatlich 80 Mrd. Euro auf 60 Mrd. Euro senkte. Im Januar dieses Jahres folgte eine weitere Reduktion auf monatlich 30 Mrd. Euro. Erst im Jahr 2019 ist auch im Euroraum mit der ersten Erhöhung des Leitzinses zu rechnen.

Die hohe konjunkturelle Dynamik der Weltwirtschaft dürfte im Prognosezeitraum langsam abnehmen (siehe G 7). In den entwickelten Volkswirtschaften, den bisherigen Treibern des Aufschwungs, dürften sich die Produktionslücken im vergangenen Jahr grösstenteils geschlossen haben. Allerdings ist zu erwarten, dass die Unternehmen ihre Kapazitäten im derzeit insgesamt positiven wirtschaftspolitischen Umfeld noch weiter ausweiten. Entsprechend dürften die Produktionsfaktoren nur langsam zunehmend überausgelastet werden, was in schrittweise schwächeren Zuwachsraten resultiert.

Die steigenden Produktionskapazitäten sind auch der Grund, warum wir zwar einen spürbaren, aber keinen massiven Anstieg der Inflation in den entwickelten Volkswirtschaften erwarten. Auch in China werden die abnehmenden fiskalischen Stimuli und der Wandel zu einem mehr dienstleistungsorientierten Wirtschaftsmodell die Expansionsbeiträge zur Weltwirtschaft verringern. In anderen Entwicklungs- und Schwellenländern, die im Konjunkturzyklus noch weniger weit fortgeschritten sind und eher von steigenden Rohstoffpreisen profitieren, dürfte der Aufschwung noch länger anhalten.

Wachstumsbeiträge verschiedener Länderaggregate

US-Handelspolitik und Steuerreform als Prognoseunsicherheit

Die US-amerikanische Regierung unter Präsident Trump sorgt derzeit sowohl durch ihre Handels- als auch ihre Steuerpolitik für Prognoseunsicherheit. Zwar dürften die bisher beschlossenen Strafzölle auf Stahl- und Aluminiumimporte keine spürbaren konjunkturellen Auswirkungen auf die europäischen Länder haben, da die USA vergleichsweise wenig Rohmetalle aus Europa importieren. Allerdings beschwört die Ankündigung, auch auf nur punktuelle Vergeltungsmassnahmen seitens der EU mit einer massiven Ausweitung der Importbeschränkungen auf Fahrzeuge und andere Güter zu reagieren, die Gefahr eines Handelskonflikts herauf. Fahrzeuge sind in mehreren europäischen Ländern das bedeutendste Exportgut und die USA ein wichtiger Exportmarkt hierfür. Für Deutschland wären 1.7% aller Exporte von einem Strafzoll betroffen, in Italien 0.9%, im Vereinigten Königreich sogar 2.1%. Geringere Ausfuhren durch einen Strafzoll hätten zudem durch die Verflechtung der Zuliefererstruktur innerhalb Europas grössere Exporteinbussen zur Folge.

Kurzfristig dürfte Europa durch einen Handelskonflikt deutlich stärker beeinträchtigt werden als die USA. Denn die europäische Konjunktur wird derzeit stark von den Exporten getragen. Auch die zuletzt hohe Investitionsdynamik dürfte beeinträchtigt werden, falls sich die Exportaussichten deutlich verschlechtern.

Des Weiteren sind die Auswirkungen der kürzlich beschlossenen Steuerreform schwer abzuschätzen. Kurzfristig dürfte sie in den Vereinigten Staaten weiter sowohl den privaten Konsum als auch die Investitionstätigkeit befeuern. Durch die zusätzliche Nachfrage werden kurzfristig auch europäische Unternehmen in Form von höheren Exporten profitieren (sofern keine weiteren Importbeschränkungen ergriffen werden). Da die Vereinigten Staaten bereits jetzt eine hohe Kapazitätsauslastung haben, dürften die realwirtschaftlichen Impulse aus der Steuerreform im Prognoseverlauf immer mehr abnehmen, stattdessen wird der Druck auf die Konsumenten- und Vermögenspreise zunehmen.

Jedoch erhöht die Reform auch die Attraktivität der Vereinigten Staaten für zusätzliche ausländische Direktinvestitionen. Gleichzeitig werden Hochsteuerländer wie Deutschland oder Frankreich durch die Freistellung der Gewinne ausländischer Tochterunternehmen in den USA relativ weniger attraktiv für US-Direktinvestitionen im Vergleich zu Niedrigsteuerländern wie Irland. Mittelfristig wird es in Hochsteuerländern daher zu Einbussen kommen, sofern sie nicht den von den USA neu initiierten Steuerwettbewerb aufnehmen und ihrerseits steuerliche Anpassungen vornehmen.

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