Glättung der Steuereinnahmen und Änderungen bei der Schuldenbremse im Kanton Neuenburg

Die starke Volatilität gewisser Einnahmearten bereitet dem Kanton Neuenburg seit einigen Jahren Schwierigkeiten. Die unerwarteten und bisweilen starken Schwankungen erschweren die Finanzpolitik. Um die Schuldenbremse zu erfüllen, sind vor allem bei plötzlichen Einnahmerückgängen kurzfristig grössere Ausgabenanpassungen nötig. Die KOF empfiehlt deshalb in einer neuen Studie dem Kanton die Einführung eines Glättungsmechanismus und einer Budgetregel, die auf den Einnahmetrends basieren.

Volatilität der kantonalen Einnahmen und Prognosefehler

Um einen Mechanismus der Einnahmeglättung vorschlagen zu können, ist zunächst zu bestimmen, welche Einnahmearten in dieser Hinsicht am meisten Schwierigkeiten bereiten. Die Tabellen T1 und T2 quantifizieren die Volatilität sowie die Prognosefehler der verschiedenen kantonalen Einnahmearten. Diese Tabellen enthalten von links nach rechts die Einnahmen im Jahr 2016 in Millionen Franken, den Durchschnitt über den gesamten Zeitraum, den Variationskoeffizienten (VK), den durchschnittlichen absoluten Prognosefehler in Prozent der verbuchten Einnahmen1, den Gegenwert des absoluten durchschnittlichen Fehlers in Franken 2016 und schliesslich die Anzahl Perioden in der Serie (P).

Volatilität und Prognosefehler der eigenen Einnahmen

Der Variationskoeffizient ist ein Mass für die Volatilität, was deren Vergleich zwischen verschiedenen Einnahmearten ermöglicht und bestätigt, dass die Einnahmen von juristischen Personen, der Anteil am Ertrag der direkten Bundessteuer (dBSt) und die Einnahmen aus dem Ressourcenausgleich stark schwanken. Ausserdem zeigt der durchschnittliche absolute Prognosefehler in Franken im Jahr 2016, wie sich die Schwierigkeit, diese Einnahmen vorherzusehen, zahlenmässig auf die Finanzpolitik auswirkt. Mit einem durchschnittlichen absoluten Fehler von 19.6 bzw. 6.10 Mio. Fr. sind die Einnahmen von juristischen Personen und der Anteil am Ertrag der dBSt für die Finanzpolitik besonders problematisch und erfordern einen Glättungsmechanismus.2

Volatilität und Prognosefehler der übrigen Einnahmen

Mechanismus der Einnahmenglättung

Der von Florian Chatagny in einer neuen KOF Studie empfohlene Glättungsmechanismus beruht im Wesentlichen auf drei Elementen: der Äufnung einer Glättungsreserve in der Bilanz, der Festlegung einer Regel für die Zuweisung zur bzw. Entnahme aus der Reserve und der Berechnung eines Einnahmetrends. Um den empfohlenen Glättungsmechanismus zu illustrieren, wird in diesem Beitrag das Beispiel der Gewinnsteuer der juristischen Personen herangezogen. Der Einnahmetrend wird mittels eines Hodrick-Prescott-Filters berechnet (Hodrick and Prescott, 1997)3. Der sich durch die Anwendung des Filters auf die Einnahmeserie ergebende Glättungsgrad hängt von einem Lambda-Parameter ab, der nach dem von Pollock empfohlenen Verfahren auf 40 festgesetzt wird (2004)4. Die Grafik G 1 zeigt blau die tatsächlichen Einnahmen aus der Gewinnsteuer der juristischen Personen und rot den mithilfe des HP-Filters berechneten Trend.

Einnahmen Gewinnsteuer der juristischen Personen

Die Differenz zwischen diesen beiden Kurven bestimmt den Einnahmeanteil, welcher der Reserve gutzuschreiben/zu entnehmen ist. Aus Gründen der Transparenz und für eine einfachere Beurteilung des Mechanismus empfiehlt Chatagny die Anlegung einer Reserve für jede Einnahmeart. Im Falle der juristischen Personen wird empfohlen, der Reserve je nach Dynamik der Einnahmen im Zeitpunkt ihrer Anlegung zunächst zwischen 3 und 55 Millionen Franken zuzuweisen.

Änderung der Schuldenbremse

Die Volatilität der verschiedenen Einnahmearten erschwert die Finanzpolitik insofern, als die plötzlichen Einnahmeschwankungen sehr kurzfristig grössere Anpassungen bei den Ausgaben erfordern. Um solche Anpassungen zu vermeiden und die Schwankungen bei den Auslagen über die Jahre zu glätten, befürwortet der Studienautor Änderungen bei der Schuldenbremse. Insbesondere sollte die Obergrenze des Auslagenüberschusses von 1% aufgehoben und durch eine sogenannte Einnahmetrend-Budgetregel ersetzt werden. Diese Regel setzt die Höhe der Ausgaben auf der Höhe des Einnahmetrends an. Eine solche Haushaltsregel verlangt, dass der Haushaltssaldo vor der Zuweisung zur/Entnahme aus der Glättungsreserve gemäss Konjunkturzyklen frei schwanken darf, während die Ausgaben auf dem Niveau des Einnahmetrends gehalten werden sollten. Hinsichtlich der Stabilisierung der öffentlichen Ausgaben wurde die Überlegenheit einer solchen Budgetregel im Vergleich zu anderen alternativen Vorkehrungen, namentlich solchen, die auf gleitenden Durchschnitten oder auf einem zur Schuldenbremse des Bundes analogen Modell beruhen, unlängst bewiesen.5

1) Dieser Indikator misst den Durchschnitt über den Zeitraum der absoluten Differenz zwischen dem Budget und der Rechnung jedes Jahres als Prozentsatz der Gesamtsumme der Rechnung. Die Verwendung des absoluten Wertes bedeutet, dass sowohl positive als auch negative Abweichungen als positive Werte betrachtet werden. Dies verhindert, dass die positiven und negativen Differenzen aufgehoben werden, wenn der Durchschnitt dieser Differenzen über mehrere Jahre hinweg berechnet wird.

2) Die grossen Prognosefehler beim Anteil am Gewinn der Schweizerischen Nationalbank (SNB) sind hauptsächlich auf die Jahre 2013 und 2014 zurückzuführen: 2013 schüttete die SNB keine und 2014 eine doppelte Dividende aus.

3) Hodrick, R. and E. Prescott (1997): Postwar U.S. Business Cycles: An Empirical Investigation. Journal of Money, Credit and Banking, 29(1), 1–16.

4) Pollock, D.S.G. (2000): Trend estimation and de-trending via rational square-wave filters, Journal of Econometrics, Volume 99, Issue 2, Seite 317–334.

5) Landon, S. and C. Smith (2017): Does the design of a fiscal rule matter for welfare?, in Economic Modelling, Volume 63, 2017, Seite 226–237.

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