Digitalisierung (2/2): Effizienzsteigerung als oberstes Ziel

Der zweite Beitrag zum Stand der Digitalisierung in der Schweiz – nach einer Beschreibung der gesuchten Arbeitnehmerkompetenzen im vorherigen Bulletin – widmet sich den möglichen Digitalisierungszielen Schweizer Unternehmen. Es zeigt sich, dass die Firmen sich vor allem Effizienzsteigerungen erhoffen.

Digitalisierung

Forscherinnen und Forscher der Professur für Arbeits- und Organisationspsychologie an der ETH Zürich, der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) sowie der KOF haben in einer gemeinsamen Studie (Bienefeld et al., 2018) gefragt, welche Ziele Unternehmen im Zusammenhang mit der Digitalisierung ihrer Tätigkeiten verfolgen. Dabei zeigt sich, dass Firmen über alle Industrien und Grössenklassen hinweg vor allem an der Erhöhung der innerbetrieblichen Effizienz interessiert sind: 85.5% bezeichnen diese als Ziel (siehe G 1).

G 1

Auch die am zweit- und dritthäufigsten genannten Ziele innerbetriebliche Prozessintegration (74.6%) und Erhöhung der innerbetrieblichen Flexibilität (64.4%) beziehen sich auf firmeninterne Abläufe. Nach aussen gerichtete Ziele – zum Beispiel die Erhöhung der Flexibilität am Markt (52.7%) oder die Erhöhung des Markt-/Kundenwissens (46.8%) – werden deutlich weniger häufig verfolgt. Dies erstaunt etwas in Anbetracht der vielen Möglichkeiten, die durch den Einsatz digitaler Technologien für die Analyse von Markt- und Kundenwissen (z.B. anhand von Big Data) genutzt werden könnten (Bienefeld et al., 2018).

Auch das Risiko disruptiver Technologien am Markt und die damit einhergehende Forderung nach erhöhter Agilität scheint die Firmen (noch) wenig zu interessieren, wie die Anteile der Ziele neue Geschäftsmodelle verfolgen (32.4%) und Produkteinführungszeit senken (21.7%) suggerieren. Aus dem Bereich der Human Resources werden die Ziele Reduktion der Personalkosten zu 44.1% und die Schaffung motivierender Arbeitsaufgaben zu 37.7% verfolgt. Dieser erste Punkt dürfte für die laufende Debatte um die Gefahr des Stellenabbaus aufgrund der Digitalisierung von Interesse sein. Basierend auf der deskriptiven Analyse der Umfrageauswertung des ersten Teils dieser Studie (Arvanitis et al. 2017) gibt es jedoch Hinweise, dass sich mögliche Auswirkungen der Digitalisierung auf die Zahl der Angestellten eher auf wenig qualifizierte Mitarbeiter bezieht.  Für besser qualifizierte Arbeitnehmer melden viele und besonders grössere Firmen eine höhere Nachfrage.

Am wenigsten häufig wurde das Ziel Gewinnung der besten Nachwuchskräfte verfolgt; dies obwohl Social Media (interne und externe Plattformen) ideale Möglichkeiten dafür bieten würden und bereits 77% aller Firmen Social Media aktiv nutzen (siehe Arvanitis et al., 2017).

Baubranche eher «digitalisierungsscheu»

Der Vergleich zwischen den Wirtschaftssektoren zeigt ein ähnliches Muster der Zielverfolgung. Je nach Industriezweig fällt dieses jedoch unterschiedlich markant aus (siehe T 1). Auffällig ist, dass in der Baubranche sämtliche Ziele deutlich weniger häufig und die Ziele neue Geschäftsmodelle und Produkteinführungszeit senken praktisch gar nie verfolgt werden. An den oben beschriebenen Zielen, die in der Gesamtübersicht am häufigsten verfolgt werden (innerbetriebliche Effizienzsteigerung und innerbetriebliche Prozessintegration), sind jeweils die Firmen der Hightech- und Lowtech-Industrie sowie der modernen Dienstleistungen am stärksten interessiert. Die Flexibilität am Markt und das Ziel, den Markt/Kunden besser zu verstehen, werden vor allem von den modernen und traditionellen Dienstleistern verfolgt. Die modernen Dienstleister sind zudem Vorreiter bei der Verfolgung der Ziele neue Geschäftsmodelle kreieren und motivierende Arbeitsaufgaben schaffen.

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Hinweis

Beim vorliegenden Text handelt es sich um eine angepasste Version des Abschnitts «Betriebliche Ziele der Digitalisierung» aus der KOF Studie «Digitalisierung in der Schweizer Wirtschaft: Ergebnisse der Umfrage 2016, Teil 2: Ziele, Berufliche Kompetenzen und Arbeitsorganisation» (2018) von Nadine Bienefeld, Gudela Grote, Irina Stoller, Toni Wäfler, Martin Wörter und Spyros Arvanitis. Den Link zum ersten Teil dieser zweiteiligen Serie «Digitalisierung (1/2): Firmen sehen fehlende Mitarbeiterkompetenzen als grösstes Hindernis für die Verbreitung der Digitalisierung» finden Sie hier.

Literatur

Arvanitis, S.; G. Grote, A. Spescha, T. Wäfler und M. Wörter (2017): Digitalisierung in der Schweizer Wirtschaft – Ergebnisse der Umfrage 2016, eine Teilauswertung im Auftrag des SBFI, KOF Studien Nr. 93, Zürich.

Bienefeld, N., Grote, G., Stoller, I., Wäfler, T., Wörter, M., Arvanitis, S. (2018): Digitalisierung in der Schweizer Wirtschaft: Ergebnisse der Umfrage 2016, Teil 2: Ziele, berufliche Kompetenzen und Arbeitsorganisation, KOF Studien Nr. 99, Zürich.

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