Gegen die Intuition: Transparenz im Innovationsprozess

Ein Produkt von der Idee bis zur Marktreife zu entwickeln, ist ein steiniger und mitunter kostenintensiver Prozess. Daher sollte ein Unternehmen diesen Prozess möglichst geheim halten, damit kein Mitbewerber Wind davon bekommt. Dies ist der klassische, aber nicht immer der beste Ansatz, wie neue Untersuchungen von Georg von Krogh, Torbjørn Netland und Martin Wörter zeigen.

In Bezug auf die Entwicklung neuer Produkte oder Dienstleistungen in Unternehmen konzentrieren sich Untersuchungen zu offenen Innovationen traditionell auf die Nutzung von Ideen und Kenntnissen, die von ausserhalb der betreffenden Organisation stammen. Offenheit kann jedoch auch eine wichtige Rolle innerhalb der Organisation selbst spielen, wie Georg von Krogh, Torbjørn Netland und Martin Wörter in ihrer Studie zeigen.

Manager in produzierenden Unternehmen halten Aktivitäten für Prozessinnovationen intuitiv geheim, da sie fürchten, dass Mitbewerber ihre Ideen stehlen könnten. Manche Unternehmen haben gute Gründe, ihre Prozessinnovationen geheim zu halten. Wenn Sie einen einzigartigen Produktionsprozess entwickelt haben, mit dem Sie ein differenzierendes Produkt herstellen können, kann es sich als klug erweisen, wenn dieses Know-how das Unternehmen nicht verlässt. In solchen Fällen besteht ein offenkundiges Risiko, geistiges Eigentum zu verlieren.

Wie die drei Forscher jedoch zeigen, ist ein solches defensives Verhalten für viele Hersteller nicht immer die beste Strategie. Die Abschottung von Prozessinnovationen von der Aussenwelt kann sich als Nachteil erweisen, da Mitbewerber in der Regel früher oder später ohnehin aufholen. Die Verfasser stützen ihre Schlussfolgerungen auf Umfrageergebnisse aus neun Jahren von 1000 Schweizer Herstellern und 200 Interviews mit Mitarbeitern der Volvo Group (AB Volvo), einem Hersteller von Lastwagen, Bussen, Baumaschinen sowie Marine- und Industriemotoren mit Sitz in Göteborg, Schweden.[1]

Von einer geschlossenen zu einer offenen Strategie in sechs Schritten

Es mag der Intuition widersprechen, aber viele Manager könnten einen grösseren Vorteil für ihr Unternehmen erzielen, wenn sie bei Prozessinnovationen eine offene Strategie verfolgen würden anstatt auf Geheimhaltung zu setzen. Wie aber setzt man eine solche offene Unternehmenskultur in einer Organisation um? Die Studie empfiehlt einen sechsstufigen Plan:

  1. Öffnung nach innen.
  2. Konzentration auf die Geschwindigkeit von Prozessinnovationen.
  3. Ausnutzung von Connectivity-Technologien.
  4. Verbesserung der Fähigkeiten des Unternehmens, Ideen aus externen Quellen aufzunehmen und umzusetzen.
  5. Öffnung nach aussen.
  6. Nutzung unkonventioneller Wissensquellen.

Der Start

Da Produktzyklen immer kürzer werden und die Nachfrage nach Individualisierung zunimmt, sind Unternehmen, die es verstehen, eine hervorragende Produktentwicklung mit einer erstklassigen Prozessentwicklung zu kombinieren, besser positioniert. Die Öffnung der Prozessinnovation steht im Einklang mit dieser neuen Philosophie. Daher hängt der Erfolg eines solchen Offenheitsprogramms davon ab, wie gut sich ein Unternehmen selbst kennt, das heisst, die Manager müssen sich selbst fragen, wann externes Know-how von grösstem Nutzen ist, wie die Suche nach Service- und Produkt-Know-how kombiniert werden kann etc.

Wie bei vielen organisatorischen Herausforderungen sollte eine offene Innovationsstrategie möglichst schrittweise eingeführt werden. Die Verfasser raten daher davon ab, mit einem Schlag von einer geschlossenen auf eine offene Strategie für Prozessinnovationen umzustellen. Die meisten Ergebnisse dieser Studie zeigen jedoch, dass Unternehmen, die sowohl die Prozess- als auch die Produktseite einer offenen Innovationsstrategie beherrschen, in Zukunft an der Spitze stehen werden.

 

[1] AB Volvo bzw. Volvo Group ist nicht der Hersteller von Volvo-PKW. Volvo Car Group ist im Besitz des chinesischen Unternehmens Zhejiang Geely Holding Group Co. Ltd. Einer der Verfasser besuchte 45 Werke der Volvo Group auf der ganzen Welt.

Kontakt

Prof. Dr. Martin Wörter
Dozent am Departement Management, Technologie und Ökonomie
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KOF Konjunkturforschungsstelle
Leonhardstrasse 21
8092 Zürich
Schweiz

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