Die KOF als engagierte Partnerin in der Welt

Entwicklungshilfe: Denkt man an dieses Wort, sieht man Menschen, die anderen erklären, wie sie ihre Felder bearbeiten müssen, oder ihnen helfen, Schulen und Krankenhäuser zu bauen. Aber Entwicklungshilfe ist sehr viel mehr. Auch Mitarbeitende der KOF sind engagierte Entwicklungshelfer oder viel mehr Berater – und das insbesondere in den Bereichen Umfragen und Prognosen.

Viele Länder sind gekennzeichnet durch Krieg, eine extrem prekäre Sicherheitslage, politische Unsicherheiten, Armut und Hunger. Die Lösung dieser Probleme hat oberste Priorität. Die Entwicklung oder Weiterentwicklung eines Landes ist aber oft ein Mosaik, das sich aus vielen kleinen Teilen zusammensetzt. So ist beispielsweise auch das Wissen um den Zustand der lokalen Wirtschaft wichtig, um die Situation in einem Land zu verbessern. Und um diesen Zustand in Erfahrung zu bringen, sind Konjunkturumfragen ein geeignetes Mittel. Die Kenntnis über die Stimmung der Unternehmen hilft den lokalen Institutionen zudem, in einen sachlichen Dialog mit der Politik zu treten, um die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu verbessern. Allerdings fehlt in vielen Ländern die Erfahrung mit Umfragen. Und hier kommt die KOF mit ihrem grossen Erfahrungsschatz im Bereich der Umfragen ins Spiel.

Afghanistan: Ein Land gekennzeichnet vom Krieg

In den vergangenen Jahren waren Mitarbeiter der KOF immer wieder als Berater in den verschiedensten Regionen der Welt im Einsatz, um lokale Institutionen wie Industrie- und Handelskammern bei der Entwicklung und Einführung von landesspezifischen Umfragen zu beraten und zu unterstützen. So wie beispielsweise in Afghanistan von 2012 bis 2015. Dort unterstützte und beriet die KOF im Auftrag der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) die Afghan Chamber of Commerce and Industry bei der Einführung regelmässiger Konjunkturumfragen. Neben diesem regelmässigen Monitoring der konjunkturellen Entwicklung wurde eine jährliche Umfrage zur Identifizierung jener strukturellen Probleme eingeführt, die die Unternehmen in ihrer Geschäftstätigkeit hindern.

Kabul, Afghanistan
Kabul, Afghanistan (Quelle: KOF)

Da Afghanistan ein Land mit einer äusserst prekären Sicherheitslage und geringer Infrastruktur ist, kann man dort aber nicht einfach ein paar Fragebögen per Post oder E-Mail verschicken, wie es in der Schweiz selbstverständlich ist. Da die Erreichbarkeit nicht gewährleistet ist und persönliche Interviews zwar möglich wären, aber mit erheblichen Sicherheitsrisiken für die Interviewer verbunden wären, werden die Umfragen telefonisch durchgeführt. Dafür wurden Interviewer angeworben und durch die Projektpartner ausführlich geschult. Die Ergebnisse der jährlichen Umfrage von 2015 zeigen, dass es neben der prekären Sicherheitslage in Afghanistan eine Vielzahl weiterer Probleme gibt, mit denen sich die Unternehmen konfrontiert sehen. Etwa die Elektrizitätsversorgung, intransparente Zollvorschriften oder politische Einflussnahme bei öffentlichen Ausschreibungen. Diese Ergebnisse ermöglichen es der Afghan Chamber of Commerce and Industry, Gespräche mit der Politik zur Verbesserung der Rahmenbedingungen zu führen, ohne sich dem Vorwurf der partikularen Interessenvertretung auszusetzen.

Workshop in Afghanistan
Workshop in Afghanistan (Quelle: KOF)

Ein weiteres Projekt, welches mittels der Einführung einer Expertenbefragung durchgeführt wurde, sollte Probleme innerhalb der landwirtschaftlichen Wertschöpfungsketten von Mandeln, Weizen, Geflügel und Molkereiprodukten in den nördlichen Regionen Balkh, Balghlan, Takhar, Badkhshan und Samangan analysieren. Die KOF implementierte zusammen mit den lokalen Partnern im Rahmen eines Pilot-Workshops in Mazar-i-Sharif die Methode der Nominal Groups. In den Workshops identifizieren und quantifizieren die anwesenden Key Informants die Probleme in den jeweiligen Wertschöpfungsketten. Den Workshops wird dabei eine starke Struktur vorgegeben, die mehrere geheime Bewertungsrunden beinhaltet. Nach dem Pilot-Workshop führte die Industrie- und Handelskammer mehrere solcher Workshops in verschiedenen Regionen selbständig durch. Aus Sicherheitsgründen konnte die KOF diese weiteren Workshops nicht vor Ort begleiten. Die Ergebnisse der Workshops wurden in einem Report veröffentlicht, der in Englisch, Paschtu und Dari verfasst ist und in einer Auflage von 1000 Exemplaren gedruckt wurde.

Kosovo: Ein junger Staat mit politischen Spannungen

Aber nicht nur in Afghanistan, auch in anderen Ländern, wie dem Kosovo, unterstützte die KOF Institutionen vor Ort bei der Einführung von Konjunkturumfragen. So führte die Kosovo Chamber of Commerce, finanziert durch die GIZ, mit Unterstützung der KOF von 2012 bis 2016 zwei Umfragen ein. In dem noch jungen Staat mit seiner politisch unsicheren Lage sind zeitnahe Daten über die Situation der Unternehmen sehr von Interesse. Regelmässig durchgeführte Konjunkturumfragen und die Einführung eines Geschäftsklimaindex bedienen nun diese Nachfrage. Da das Land auch unter strukturellen Problemen und einer hohen Arbeitslosigkeit leidet, wurde mit Unterstützung der KOF eine sogenannte Bottleneck-Befragung zur Analyse des strukturellen Umfelds eingeführt. Bei dieser Art von Umfragen werden den teilnehmenden Unternehmen Listen mit Behinderungsfaktoren aus den Bereichen ökonomisches Umfeld, administrative und regulatorische Bedingungen, Infrastruktur und allgemeine Bedingungen vorgelegt. Zudem nennen die Unternehmen Probleme innerhalb ihrer Branche und beantworten Fragen zu ihren Investitionsplanungen und -motiven.

Die Qualität ihrer Produkte ist eines der Probleme der kosovarischen Unternehmen. Um wettbewerbsfähiger zu werden, wollen sie hier investieren. Aber auch die Stromversorgung machte den Unternehmen in den vergangenen Jahren zu schaffen. Im Wesentlichen wird der Strom in einem Braunkohlekraftwerk in der Nähe von Pristina produziert. Die veraltete Technik impliziert hohe Stromkosten und darüber hinaus häufige Stromunterbrüche. Mit Hilfe von internationalen Kapitalgebern soll dieses Werk nun modernisiert werden. Ein anderes Problem sind die hohen Arbeitskosten, was auf den ersten Blick widersprüchlich zur hohen Arbeitslosigkeit erscheint. Hohe Löhne im öffentlichen Sektor sowie die Überweisungen aus der Diaspora treiben das allgemeine Lohnniveau. Gemessen an der Produktivität und der Qualität der Produkte, ist der Kosovo damit ein eher teurer Standort, verglichen mit anderen Ländern in dieser Region. Zudem gibt es eine Schere zwischen den Qualifikationen, die die in grosser Zahl auf den Arbeitsmarkt strömenden jungen Leute in ihrer Ausbildung erworben haben, und den tatsächlich von den Firmen geforderten Qualifikationen.

Bessere weltweite Konjunkturbeobachtung

Nach der Grossen Rezession von 2009 definierten die Vereinten Nationen die Entwicklung und Implementierung von Indikatoren für die zeitnahe Beobachtung der Konjunkturentwicklung als wichtiges Ziel. Solche Statistiken sollten in möglichst vielen Ländern, auch in Entwicklungsländern, implementiert werden. Dadurch soll eine bessere Beobachtung der Konjunkturentwicklung gewährleistet werden. Im Auftrag der UN führt die KOF Workshops in verschiedenen Ländern in Westasien bzw. Nordafrika durch. So etwa in Jordanien und Ägypten in diesem Jahr. Im Rahmen dieser Workshops soll jeweils ein landesspezifisches Konzept und Pläne zur Implementierung von Konjunkturumfragen erstellt werden. Die Einführung der Umfragen wird durch die KOF beratend begleitet.

Montenegro: Eine langfristige Partnerschaft

Bei einem anderen Kernthema der KOF, der Erstellung von Wirtschaftsprognosen, ist die KOF ebenfalls beratend tätig. Die KOF unterstützt als institutionelle Partnerin das Institut für Strategische Studien und Prognosen (ISSP) in Montenegro. Dies im Rahmen des Programms Scientific Co- operation between Eastern Europe and Switzerland (SCOPES) des Schweizerischen Nationalfonds (SNF) und des Departments für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA).

Podgorica, Montenegro
Podgorica, Montenegro (Quelle: KOF)

Das ISSP war das erste wirtschaftliche Forschungsinstitut des kleinen Adriastaates. Seit seiner Gründung 1997 hat es seine Kompetenzen in den Bereichen Wirtschaft, Finanzen, Sozialpolitik und Demografie stetig ausgeweitet. Für den Ausbau der Kenntnisse seiner Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen ist ein Austausch mit einem ausländischen Partner wichtig, da die Möglichkeiten in Montenegro sehr begrenzt sind. So findet ein reger Austausch und eine Beratung seitens der KOF mit dem ISSP statt. Regelmässig kommen Mitarbeiter des ISSP zu Zeiten der Prognoseerstellung in die Schweiz, andererseits fahren Mitarbeiter der KOF nach Montenegro, um das ISSP zu beraten.

Die langfristige Partnerschaft hat das Ziel, dass das ISSP seine Modelle zur Prognoseerstellung ausbauen und professionalisieren kann. Zudem will das Institut der montenegrinischen Wirtschaft und Politik mehr Daten und Indikatoren zur Verfügung stellen. Dies unterstützt die Unternehmen und Politik in ihren Investitionsplanungen und ihren wirtschaftspolitischen Entscheidungen.

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Dozent am Departement Management, Technologie und Ökonomie
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