Stimmungseintrübung und Schwäche der Schwellenländer bremsen globale Konjunktur

Die Weltkonjunktur verlor zuletzt an Schwung. Die Häufung negativer Nachrichten drückt auf die Stimmung und die Aussichten. Hinzu kam eine erneute Verschärfung der Krise in den rohstoffexportierenden Schwellenländern, welche sich negativ auf den Aussenhandel der entwickelten Volkswirtschaften auswirkt. Allerdings wird die US-Konjunktur nach einem schwachen Jahresschluss 2015 im ersten Halbjahr 2016 wieder anziehen.

Weltkonjunktur Container
Foto: Shutterstock

Nach einem starken ersten Halbjahr verlor die Weltkonjunktur an Schwung. Die Abschwächung der Dynamik betraf alle aus Sicht der Schweiz wichtigen Wirtschaftsregionen. Für die schwache Entwicklung im vergangenen Halbjahr waren unter anderem zwei Faktoren ursächlich: Einerseits häuften sich, insbesondere in Europa, seit dem Sommer 2015 die negativen wirtschaftlichen und politischen Nachrichten. Die Kaskade schlechter Neuigkeiten drückte die Stimmung und Aussichten der Wirtschaftsakteure und liess sie das Risiko eines wirtschaftlichen Abschwungs wieder höher einschätzen. Dadurch stieg ihre Zurückhaltung bei Investitions- und Konsumentscheidungen.

Andererseits war der Verfall der Rohstoffpreise massgeblich für die schwächere Entwicklung der Weltkonjunktur. Der unter anderem durch den Rückgang der Nachfrage aus China sowie durch Angebotsschocks bedingte Rückgang der Rohstoffpreise ab 2013 liess die Exporteinnahmen in den rohstoffreichen Schwellenländern einbrechen. Dadurch wurde dem Wachstum, das auf Investitionen in den Rohstoffsektor und einem breit abgestütztem Konsum basierte, die Grundlage entzogen. Die rohstoffreichen Schwellenländer gerieten dadurch in eine Abwärtsspirale. Als Konsequenz dieser Entwicklung verzeichneten die exportbasierten entwickelten Volkswirtschaften eine geringere Nachfrage nicht nur aus China, sondern auch aus rohstoffreichen Schwellenländern – mit negativen Folgen für die Gesamtkonjunktur. Jeder neuerliche Preisverfall – zuletzt die erneuten Ölpreisrückgänge von Mai 2015 bis Januar 2016 – verstärkt die konjunkturelle Schwäche der Schwellenländer und als Konsequenz auch die Rückwirkungen auf die entwickelten Volkswirtschaften. Die Erholung der Rohstoffpreise am aktuellen Rand dürfte die Belastung für die rohstoffreichen Schwellenländer reduzieren.

Externe Faktoren belasten den Euroraum

Zusätzlich zur schwachen Nachfrage aus den Schwellenländern und den Flüchtlingsströmen dämpften Sorgen um die Konjunktur in den USA, die im Juni anstehende Abstimmung über einen BREXIT sowie Finanzmarktturbulenzen zum Jahresanfang die Stimmung im Euroraum. Die Erwartungen zur zukünftigen Geschäftssituation von Unternehmen aus Verarbeitendem Gewerbe, Detailhandel, Finanzindustrie und Dienstleistungssektor gingen merklich zurück. Einzig bei Unternehmen im Baugewerbe verbesserten sie sich leicht.

Aufgrund der eingetrübten Erwartungen wird schon jetzt die Umsetzung geplanter Investitionen hinausgezögert und Haushalte verschieben Käufe, insbesondere jene von langlebigen Konsumgütern. Dem stehen allerdings die weiterhin niedrigen Energiepreise gegenüber, wodurch die real verfügbaren Einkommen steigen, sowie ein positiver Fiskalimpuls in diesem Jahr, nicht zuletzt durch die höheren Staatsausgaben infolge der Flüchtlingsströme. Insgesamt wird die konjunkturelle Dynamik im Euroraum in den kommenden Quartalen jedoch etwas schwächer ausfallen als bisher erwartet. In diesem Jahr dürfte das Bruttoinlandprodukt (BIP) um 1.2% steigen, wobei der Aussenbeitrag aufgrund der schwachen Exportnachfrage merklich negativ zu Buche schlagen wird (siehe G 5). Aufgrund der gesunkenen Energiepreise liegt die Inflation im ersten Halbjahr bei rund 0%. Laufen diese Energiepreiseffekte aus, dürfte sich die Inflationsdynamik etwas erholen.

USA: Privater Konsum stützt Erholung

Der wirtschaftliche Aufschwung in den Vereinigten Staaten hält an, allerdings fiel das letzte Quartal 2015 mit einem BIP-Anstieg von annualisiert 1% weniger stark als erwartet. Zu Beginn dieses Jahres sorgte der amerikanische Arbeitsmarkt dann aber bereits wieder für positive Nachrichten. Das Wachstum der US-Wirtschaft wird in diesem Jahr weiterhin vom privaten Konsum getrieben. Die gute Beschäftigungslage sorgt für einen positiven Lohndruck. Die Erholung der Ausrüstungsinvestitionen dürfte nur verhalten sein. Der hohe Lageraufbau im Jahr 2015 dämpft die gesamtwirtschaftliche Produktion. Die Bauinvestitionen profitieren weiterhin von einem starken Wachstum beim Wohnbau, gestützt von steigenden Immobilienpreisen und nach wie vor attraktiven Hypothekarzinsen. Das Defizit im Aussenhandel wird sich ausweiten, da der starke Dollar und die steigende Konsumnachfrage weiterhin für hohe Wachstumsraten bei den Importen sorgen, während sich die Exporte nur langsam erholen dürften. Das gesamtwirtschaftliche Wachstum dürfte in diesem Jahr 2.2% betragen, gefolgt von 2.3% im Jahr 2017 (siehe G 6).

China: Strukturwandel und langsameres Wachstum

Der Trend zu einem niedrigeren Wachstum der chinesischen Volkswirtschaft setzte sich 2015 fort. Dies ging primär auf ein schwächeres Wachstum der Investitionen zurück, während die Konsumausgaben sogar stärker als in den Vorjahren waren. Im Gegensatz zum Bild Chinas als Werkbank der Welt liefert der Aussenhandel bereits seit Jahren keine positiven Impulse. Auch in diesem Jahr wird sich das Wachstum weiter abschwächen (siehe G 7).

Eine Abwertung des Renminbi könnte nach Meinung einiger Experten über sinkende Importpreise der chinesischen Handelspartner zu deflationären Tendenzen beitragen, insbesondere in Europa. Doch auch wenn – wovon wir derzeit ausgehen – die chinesische Führung eine substanzielle Abwertung des Renminbi weiterhin verhindert, dürfte von Chinas Wirtschaft ein dämpfender Effekt auf die Teuerung in anderen Regionen ausgehen. Angesichts der chinesischen Überkapazitäten dürften die chinesischen Exportpreise stagnieren oder sogar sinken – dies wohl umso mehr, je weniger der Renminbi abwertet – was wiederum die Importpreise der Handelspartner und deren heimische Teuerung dämpft.

Ansprechpartner

Dr. Heiner Mikosch
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KOF Konjunkturforschungsstelle
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