KOF Konjunkturprognose Herbst 2017: Internationale Impulse beflügeln die Schweizer Wirtschaft

Das Schweizer Bruttoinlandprodukt (BIP) wird dieses Jahr aufgrund des schwachen ersten Halbjahres um 0.8% steigen. In den nächsten beiden Jahren gewinnt die Konjunktur an Fahrt mit BIP-Zuwächsen von 2.2% (2018) und 1.9% (2019). Die Schweizer Wirtschaft profitiert von einer positiven Entwicklung der internationalen Rahmenbedingungen. Dies kommt der Exportwirtschaft zugute. Der Arbeitsmarkt erholt sich etwas verzögert und die Preise steigen langsam.

Für die Schweiz zeichnen die Konjunkturindikatoren (KOF Konjunkturbarometer, KOF Geschäftslageindikator) derzeit ein positives Konjunkturbild. Aufgrund der neu ausgewiesenen schwachen Entwicklung im Winterhalbjahr 2016/17 sind die Aussichten für das BIP-Wachstum deutlich düsterer, als es noch im Juni, während der letzten KOF-Prognose, den Anschein hatte. Zwar wird sich der Wirtschaftsverlauf im zweiten Halbjahr deutlich verbessern, wegen der schwachen Zahlen für das Winterhalbjahr 2016/17* ergibt sich daraus aber nur eine Jahreswachstumsrate für 2017 von 0.8% (Juni: 1.3%).

Gute Weltkonjunktur stützt Schweizer Exporte

Die konjunkturelle Entwicklung wird im Prognosezeitraum massgeblich durch die Entwicklung der Weltwirtschaft beflügelt. Aufgrund dieser positiven Impulse und eines Sondereffekts wegen internationaler Sportanlässe (siehe Box) rechnet die KOF für 2018 mit einem über die eigentliche Konjunktur hinaus erhöhten Wirtschaftswachstum von 2.2%. Die Weltwirtschaft befindet sich seit mehreren Quartalen in einem relativ kräftigen Aufschwung, der sich leicht abgeschwächt bis zum Jahresende fortsetzen wird. Für die Jahre 2018 und 2019 erwartet die KOF eine anhaltend starke Expansion der Weltwirtschaft. Die Geldpolitik der Zentralbanken dürfte weiterhin unterstützend wirken, die Fiskalpolitik bleibt dagegen in globaler Perspektive weitgehend neutral ausgerichtet. Die robuste Wirtschaftsentwicklung in Europa und in den USA wird den schweizerischen Exporteuren zugutekommen. Insbesondere dürften im Prognosezeitraum verstärkte Impulse im Handel mit den europäischen Nachbarstaaten zu verzeichnen sein. Der Druck auf die Preise sollte leicht nachlassen und die Margen der exportorientierten Unternehmen werden sich somit allmählich erholen. Die KOF rechnet mit einem robusten Wachstum der Schweizer Waren- und Dienstleistungsexporte von 3% in diesem Jahr. In den Jahren 2018 und 2019 werden sich die Zuwächse auf 4.8% und 3.5% belaufen.

Die Einfuhren von Waren und Dienstleistungen aus dem Ausland nahmen im 2. Quartal 2017 stark zu und führten zu einem negativen Aussenbeitrag. Mit der robusten und breiter abgestützten Erholung der Exporte entwickeln sich die Importe weiterhin dynamisch. Einzig bei den Tourismusimporten (den Ausgaben der Schweizer/-innen im Ausland) dürfte sich die Abwertung des Frankens gegenüber dem Euro im 3. Quartal 2017 auf die Nachfrage und somit in tieferen Einfuhren niederschlagen. Die Importe werden sich in den folgenden Jahren aber wieder etwas erholen. Insgesamt steigen sie in der Schweiz 2018 um 5.1% und 2019 um 3.4%.

Bauinvestitionen erholen sich leicht

Nach einem schwachen Jahr 2016 dürfte sich der Bausektor im aktuellen Jahr erholen und im nächsten etwas an Schwung gewinnen. Investitionen in die Infrastruktur und in den industriell-gewerblichen Bau treiben die Bauwirtschaft an. Steigende Zinsen und eine schwächelnde Nachfrage dämpfen jedoch die Entwicklung des Wohnbaus. Die KOF geht von einem Anstieg der Bauinvestitionen um 1.9% im Jahr 2018 und 1.6% im Jahr 2019 aus.

Die Investitionen in Ausrüstungen werden wie in den vergangenen Jahren weiterhin durch hohe Investitionen in Forschung und Entwicklung sowie stark schwankende Investitionen in Schienen- und Luftfahrzeuge geprägt. Aufgrund einer steigenden Nachfrage und einer sinkenden Unsicherheit gewinnen die Aus-rüstungsinvestitionen im Prognosezeitraum an Dynamik (2018: 2.8%, 2019: 2.9%).

Leicht steigende Konsumentenpreise in den kommenden Jahren

Eine Folge der abgelehnten Rentenreform 2020 ist die Senkung des Mehrwertsteuersatzes ab 1. Januar 2018 um 0.3 Prozentpunkte. Die Reduktion betrifft jedoch nur einen Teil des Konsums und bei Importprodukten ist aufgrund des schwächeren Frankens eher mit Preissteigerungen zu rechnen. Insgesamt wird sich die Inflation darum nicht nennenswert verändern. Die KOF erwartet leicht steigende Konsumentenpreise in den nächsten Jahren von 0.4% für 2017 und 2018. Für 2019 wird sich die Teuerung um 0.5% erhöhen.

Die Lohnentwicklung fiel in den letzten Jahren wegen der geschmälerten Margen in vielen Wirtschaftsbereichen schwach aus. Die verbesserten Konjunkturperspektiven werden zu einer stärkeren Lohndynamik führen, jedoch nicht in kurzer Frist. Deshalb dürften die Reallöhne sowohl 2017 als auch 2018 praktisch stagnieren. Höhere Lohnabschlüsse werden wohl erst folgen, wenn die Firmen ihre Margen wieder ausgeweitet haben.

Gemächlicher Anstieg der privaten Konsumausgaben

Die Konsumausgaben zeigten in diesem Jahr bisher wenig Dynamik. Da die Vermögens- und Geschäftseinkommen sowie die Beschäftigung in den kommenden Quartalen leicht steigen werden, erhöht sich das verfügbare Einkommen. Dadurch dürfte sich das Wachstum der Konsumausgaben etwas beschleunigen. Im Jahresergebnis 2017 erwartet die KOF einen Anstieg um 1.3%. Insgesamt wird die anziehende Dynamik zu einem Zuwachs der Konsumausgaben von jeweils 1.5% in den kommenden Jahren führen.

Der schweizerische Arbeitsmarkt blieb von der schwankenden Wertschöpfung nahezu unberührt. Die vollzeitäquivalente Beschäftigung wird nach schwachen 0.3% in diesem Jahr, in den Jahren 2018 und 2019 um 0.8% steigen. Dies entspricht ungefähr dem längerfristigen durchschnittlichen Beschäftigungswachstum. Die Quote der registrierten Arbeitslosen dürfte 2018 bei 3.1% liegen, diejenige nach dem international vergleichbare Standard bei 4.7%.

Zur positiven Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt trägt auch der nicht mehr ganz so starke Franken bei. Die KOF geht in ihrer Prognose von der technischen Annahme eines unveränderten Wechselkurses von 1.15 gegenüber dem Euro aus. Inflationsbereinigt ist der Kurs gegenüber dem Euro damit nur wenig stärker als vor der Aufhebung des Mindestkurses.

Geldpolitik weiterhin expansiv – positive Finanzentwicklung des Bundes

Die Geldpolitik der Schweizerischen Nationalbank bleibt ungeachtet der Entspannung auf dem Devisenmarkt expansiv. Die langfristigen Zinssätze werden ab nächstem Jahr zwar langsam ansteigen, der kurzfristige Zinssatz dürfte aber erst zulegen, wenn der entsprechende Euro-Zinssatz durch die Europäi-sche Zentralbank angehoben wird.

Die Situation der öffentlichen Haushalte dürfte sich im Prognosezeitraum auf allen drei Staatsebenen verbessern. Einerseits sollte die erwartete positive Entwicklung des Arbeitsmarkts die Einnahmen auf Bundes-, Kantons- und Gemeindeebene stimulieren. Andererseits wird eine Neuauflage der Reform der Unternehmensbesteuerung zu einer restriktiveren Ausgabenpolitik führen. Deswegen erwartet die KOF, dass die Dynamik des öffentlichen Konsums bis Ende 2019 schwach bleibt.

* Die jüngsten BIP-Quartalsschätzungen des Staatssekretariats für Wirtschaft (SECO) fielen negativer aus als erwartet. So ging die Wirtschaftsleistung gemäss SECO Ende 2016 zum ersten Mal seit dem 1. Quartal 2015 zurück (-0.7%), und auch das 3. Quartal 2016 (1.1%) sowie das 1. Quartal 2017 (0.3%) fielen enttäuschend aus.

Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung: Berücksichtigung von internationalen Sportanlässen

In der Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung (VGR) der Schweiz wird nun auch der Verkauf von Marken- und Übertragungsrechten bei grossen internationalen Sportanlässen berücksichtigt. Einige internationale Sportverbände wie das Internationale Olympische Komitee (IOC), der Europäische Fussballverband (UEFA) oder der Weltfussballverband (FIFA) haben ihren Sitz in der Schweiz. Die internationalen Sport-anlässe finden zwar regelmässig, aber nicht jährlich statt. Die Austragungsorte wechseln ebenfalls und die Wirtschaftsaktivitäten werden am Ort der Anlässe erfasst. Die Einnahmen aus Lizenzvergaben fliessen aber den jeweiligen Sportverbänden zu. Dies beeinflusst die Wirtschaftsleistung in der Schweiz in den Jahren, in denen diese internationalen Sportanlässe stattfinden. So finden im kommenden Jahr sowohl die Olympischen Winterspiele in Südkorea als auch die Fussballweltmeisterschaft in Russland statt, was sich als Sondereffekt auf die Schweizer Wirtschaftsleistung auswirken wird.

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