Deutlicher Anstieg der Firmenkonkurse

Seit Herbst 2022 ist ein deutlicher Anstieg der Firmenkonkurse in der Schweiz zu beobachten. Seit einigen Monaten nehmen auch die Firmenneugründungen stark ab. Der folgende Beitrag untersucht die Entwicklung im Detail und nennt mögliche Gründe für den Anstieg.

Die KOF untersucht die Entwicklung der Firmenkonkurse auf Basis von Handelsregisterzahlen, die durch Dun & Bradstreet Schweiz AG gesammelt und aufbereitet werden. Die Daten zeigen, dass die monatlichen Konkurszahlen seit Oktober 2022 gestiegen sind und sich weiterhin im Aufwärtstrend befinden. Im Jahr 2022 lagen die Firmenkonkurse (ohne konkursamtliche Liquidationen) durchschnittlich rund 25% über dem Niveau des Jahres 2020 und rund 16% über dem Niveau von 2021 (siehe Grafik G 1). Die Konkurswelle, welche die KOF für das Jahr 2022 prognostiziert hat, ist nun tatsächlich eingetreten. Im März 2023, als mehr als 500 Firmen in der Schweiz Konkurs meldeten, erreichte die Zahl der Firmenkonkurse den höchsten Stand seit 20 Jahren.

Allerdings sind die Konkursraten im Durchschnitt aller 40 Monate seit Beginn der Corona-Krise im Februar 2020 immer noch deutlich niedriger als im 40-Monats-Durchschnitt vor der Corona-Krise (siehe Grafik G 2).

Zinsanstieg setzt Firmen unter Druck

Drei Faktoren spielen für den Anstieg der Konkurse eine Rolle: Erstens lassen die erhöhten Energiekosten und andere Kostenerhöhungen im Zuge des vergangenen Inflationsanstiegs die Betriebskosten der Unternehmen steigen. Sofern ein Unternehmen die erhöhten Kosten nicht auf seine Kunden überwälzen kann, sinken seine Margen und machen die Geschäftstätigkeit unter Umständen unrentabel. Dies führt, sofern keine Reserven vorhanden sind, zum Konkurs. Zweitens befindet sich die Schweizer Wirtschaft, wie andere Länder auch, immer noch in einer «Post-Corona-Phase». Durch die staatlichen Kreditprogramme und Unterstützungsmassnahmen wurden die Konkurse während der Corona-Krise deutlich gedämpft.

Diese Effekte laufen nun aus, entsprechend lässt sich der derzeitige Anstieg teilweise als Nachholeffekt interpretieren. Drittens steigen im Zuge des restriktiveren geldpolitischen Kurses der Schweizerischen Nationalbank und anderer Zentralbanken weltweit die Finanzierungskosten für Unternehmen und die Banken sind im derzeitigen Umfeld vorsichtiger mit der Vergabe von Krediten. Per Konsequenz steigt die Wahrscheinlichkeit, dass Firmen − wenn sie bereits verschuldet sind − keine neuen Kredite mehr bekommen und Konkurs anmelden müssen.

Eine Aufteilung der Firmen nach Altersklassen zeigt, dass in den vergangenen sechs Monaten Firmen jeder Altersklasse von der Konkurswelle betroffen waren (siehe Grafik G 3). Insbesondere in den Altersklassen 4–5 Jahre und 6–10 Jahre waren die Konkurszahlen in den vergangenen Monaten hoch (relativ zu einem langfristigen Trend zu beobachten). Es trifft also keinesfalls nur junge Firmen, die kurz vor oder während der Corona-Krise gegründet wurden.

Grafik G 4 zeigt die Konkursentwicklung in den verschiedenen Grossregionen der Schweiz. Die gestrichelten Linien geben hierbei die durchschnittlichen Konkursraten vor bzw. nach Beginn der Corona-Krise an. Seit einigen Monaten ist in allen Regionen ein teils starker Anstieg der Konkurse zu beobachten, insbesondere in der Ostschweiz und in der Zentralschweiz.

Bei Betrachtung der Gesamtentwicklung seit Beginn der Corona-Krise zeigen sich deutliche Unterschiede in der regionalen Betroffenheit: So liegt die durchschnittliche Konkursrate in der Nordwestschweiz im Zeitraum Februar 2020 bis Mai 2023 deutlich über der durchschnittlichen Konkursrate in der Schweiz ohne die jeweilige Grossregion, während sie in der Zeit vor Corona nahe am gesamtschweizerischen Mittel gelegen hatte. Hingegen liegt in der Genferseeregion die durchschnittliche Konkursrate im Zeitraum Februar 2020 bis Mai 2023 nur minimal über dem gesamtschweizerischen Mittel, obwohl sie vor der Corona-Krise deutlich darüber gelegen hatte.

Abnehmende Neugründungen

Die Gründungsdynamik in der Schweiz war von Herbst 2022 bis März 2023 relativ hoch (nachdem die Dynamik zuvor nach den Rekordwerten in der ersten Jahreshälfte 2021 eher schwach war). In den vergangenen beiden Monaten ist nun jedoch eine Abnahme zu beobachten, und zwar über fast alle Sektoren hinweg (siehe Grafik G 5). Gründe für die geringere Neugründungsdynamik dürften die sich verschlechternden Finanzierungsbedingungen und die eingetrübten Geschäftsaussichten in verschiedenen Branchen sein. Nur im Transport- und Kommunikationssektor scheint es in den vergangenen Monaten erstmals seit Pandemiebeginn einen Gründungsschub gegeben zu haben. Dies könnte damit zusammenhängen, dass die Nachfrage nach Kulturangeboten und Tourismus nach dem Ende der Pandemie nach wie vor hoch ist.

Konkurse dürften auch im zweiten Halbjahr überdurchschnittlich bleiben

Alle drei oben genannten Faktoren, d.h. hohe Kosten, Nachholeffekte nach der Corona-Krise und ungünstigere Finanzierungsbedingungen, sprechen dafür, dass die Konkursraten auch in der zweiten Jahreshälfte 2023 überdurchschnittlich sein dürften. Auch der zu erwartende harzigere Konjunkturverlauf in diesem Jahr dürfte sich nachteilig auswirken.

Ansprechpersonen

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KOF Konjunkturforschungsstelle
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Saisubramaniam Saikrishnan
  • LEE G 201

Professur f. Wirtschaftsforschung
Leonhardstrasse 21
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