Investitionen

Finanzielle Engpässe bremsen das Investitionswachstum

Die Schweizer Unternehmen wollen 2023 ihr Investitionstempo zwar drosseln, die Verlangsamung deutet aber nicht auf eine Rezession hin. Gemäss den Ergebnissen der halbjährlichen KOF Investitionsumfrage dürfte sich das Investitionswachstum von nominal 5.3% im Vorjahr auf 3.9% im laufenden Jahr abschwächen. Dabei wirken sich vor allem finanzielle Engpässe dämpfend auf die Investitionserwartungen aus.

Die Bruttoanlageinvestitionen sollen in diesem Jahr erneut zunehmen, der Zuwachs dürfte aber geringer ausfallen als im Vorjahr. Dies zeigen die Ergebnisse der aktuellen KOF Investitionsumfrage vom Herbst 2022. Demnach erwarten die Umfrageteilnehmenden, dass ihre Anlageinvestitionen im Jahr 2023 um nominal 3.9% zunehmen werden. Für das vergangene Jahr weisen die Umfrageergebnisse noch eine Wachstumserwartung von 5.3% aus. Dass sich das Investitionswachstums im laufenden Jahr abschwächen dürfte, ist angesichts der Energiekrise und steigender Zinsen nicht überraschend. Erstaunlich ist vielmehr die Resilienz der Investitionen gegenüber der eingetrübten Wirtschaftslage. Die Investitionserwartungen für das laufende Jahr zeigen keine rezessiven Tendenzen, was im Einklang mit der KOF Konjunkturprognose vom Dezember 2022 steht.

Im Vergleich zum Vorjahr drosseln vor allem die Industrie und der Bausektor ihr Investitionstempo. Nachdem die Unternehmen aus dem Verarbeitenden Gewerbe ihre Investitionen im Vorjahr um 8% erhöht haben, wollen sie sie im laufenden Jahr nur noch um 2% steigern. Die Firmen aus dem Baugewerbe planen sogar, ihre Investitionen im Jahr 2023 um 3% zu reduzieren, nachdem diese im Vorjahr um 3% gestiegen waren. Einzig im Dienstleistungssektor erweist sich das erwartete Investitionswachstum als robust. Dort sollen die Investitionen ähnlich wie im Vorjahr um rund 5% zunehmen.

Die geplanten Investitionsausgaben fliessen vorrangig in Neu- und Umbauten von Betriebs- und Geschäftsgebäuden. 44% der Teilnehmenden beabsichtigen, ihre Bauinvestitionen in diesem Jahr zu erhöhen (gegenüber 31% im letzten Jahr gemäss der vorangegangenen Umfrage im Herbst 2021). Auch der Anteil derjenigen Firmen, die dieses Jahr in Forschung und Entwicklung investieren wollen, ist per saldo deutlich gestiegen. Im Vergleich dazu wollen mit 38% etwa gleich viele Firmen wie im Vorjahr ihre Investitionen in Ausrüstungen und Maschinen erhöhen.

Unsicherheit und finanzielle Engpässe lasten auf den Investitionsaussichten

Bei den für das Jahr 2023 erhobenen Investitionszahlen handelt es sich um Investitionspläne, deren Realisierung zum Zeitpunkt der Befragung noch nicht sicher war. Um die Präzision der aus den Plänen resultierenden Veränderungsraten zu bestimmen, wurden die Unternehmen nach der Realisierungssicherheit ihrer geplanten Investitionen befragt. Im Herbst 2022 bewerteten knapp 12% der Unternehmen ihre Investitionspläne für 2023 als unsicher. Das sind rund ein Drittel mehr als im Vorjahr und spiegelt ein Investitionsumfeld wider, das sich angesichts erhöhter geopolitischer Spannungen und eingetrübter globaler Wirtschaftsaussichten als herausfordernd erweist.

Die Umfrageergebnisse zeigen, dass sich insbesondere die verfügbaren finanziellen Mittel und die erwartete Ertragslage deutlich weniger positiv auf die Investitionspläne für 2023 auswirken als noch vor einem Jahr (siehe Grafik G 9). Knapp ein Fünftel der befragten Unternehmen gibt an, dass die zur Verfügung stehenden finanziellen Ressourcen die Investitionen in diesem Jahr leicht oder deutlich dämpfen werden. Im Herbst 2021 waren es nur 9.6% der Unternehmen. Diese Tendenz ist zwar in allen Sektoren zu beobachten, aber im Dienstleistungssektor ist sie am stärksten ausgeprägt.

Technischer Fortschritt stimuliert Investitionen in den Umweltschutz

Im Gegensatz dazu wirkt die technische Entwicklung nach Ansicht der Umfrageteilnehmenden im laufenden Jahr stimulierend auf die Investitionen. Im Vergleich zum Vorjahr ist ihre Bedeutung als Einflussfaktor per saldo von 49.7 Punkten auf 57.5 Punkte gestiegen. Dieser Anstieg ist in erster Linie auf das Verarbeitende Gewerbe zurückzuführen (siehe Grafik G 9). In der vorangegangenen Umfrage gaben rund 46% der befragten Industriefirmen an, dass ihre Investitionspläne positiv durch die Technologie beeinflusst werden. Für das Jahr 2023 erwarten dies 58% der Teilnehmenden aus dem Verarbeitenden Gewerbe. Die technische Entwicklung löst damit die Nachfrageerwartung als wichtigste Triebfeder für die Investitionserwartungen in der Industrie ab. Diese Entwicklung geht einher mit einem starken Anstieg des Anteils der Unternehmen, die ihr bestehendes Produktprogramm an den neuen Stand der Technik anpassen und weniger neue Produkte ins Sortiment aufnehmen wollen.

Nach wie vor ist das wichtigste Investitionsziel der Ersatz bestehender Anlagegüter. Gleichzeitig haben Investitionen für den Umweltschutz oder die Erfüllung gewerberechtlicher Auflagen stark an Bedeutung gewonnen (siehe Grafik G 10). 57% der befragten Unternehmen geben an, dass sie in diesem Jahr Investitionen zu diesem Zweck tätigen wollen. Im Herbst 2021 war dies bei 45% der Unternehmen der Fall. Ebenso hat die Bedeutung von Investitionen, die der Erweiterung der Produktion und Leistungserbringung dienen, leicht zugenommen. 72% der Unternehmen wollen dieses Jahr ihre betriebliche Kapazität erweitern (gegenüber 69% im Herbst 2021).

Die Investitionsumfrage

Die konjunkturelle Entwicklung wird durch die Investitionstätigkeit der Unternehmen stark beeinflusst. Aus diesem Grund führt die KOF Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich jeweils im Frühling und im Herbst eine Umfrage bei inländischen Unternehmen durch. Die halbjährliche Umfrage im Herbst 2022 wurde vom 26. September bis 24. Dezember 2022 durchgeführt. Von den 5826 angeschriebenen Unternehmen haben 2398 geantwortet, was einer Rücklaufquote von 41% entspricht.

Ansprechperson

Pascal Seiler
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KOF FB Konjunkturumfragen
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Schweiz

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