KOF Konjunkturumfragen: Schweizer Wirtschaft trotz Ukraine-Krieg im Konjunkturhoch

Aus Sicht der Schweizer Unternehmen überwiegen im Moment die positiven Effekte der Pandemieerholung die Belastungen durch den Ukraine-Krieg. Der KOF Geschäftslageindikator steigt im April auf den höchsten Wert seit der Phase der Erholung von der Finanzkrise in den Jahren 2010/11.

Datenreihe

Verantwortlich für die markante Verbesserung der Geschäftslage im April ist eine deutliche Entspannung im Gastgewerbe und im Wirtschaftsbereich übrige Dienstleistungen. Offenbar profitieren diese Teile der Wirtschaft von der Lösung der Corona-Bremse. Im Aufwärtssog ist auch der Grosshandel. Zudem erholt sich teilweise die Geschäftslage bei den Finanz- und Versicherungsdienstleistungen nach einer scharfen Abwärtskorrektur im März.

Aufwärtsdruck bei den Preisen bleibt bestehen

Bei den Verkaufspreisen planen die Unternehmen weiterhin verbreitet Anhebungen. Der Aufwärtsdruck bei den Preisen besteht somit weiter und hat sich in einigen Branchen noch verstärkt. Besonders im Bereich übrige Dienstleistungen und in der Gastronomie, wo die Tendenz zu Preisanhebungen bisher jeweils eher moderat war, sind nun erheblich öfter Preisaufschläge vorgesehen.

Für die produzierenden Bereiche Verarbeitendes Gewerbe und Baugewerbe ist der Material- und Vorproduktemangel weiterhin ein ausgeprägtes Problem. Bereits ab Sommer vergangenen Jahres verschärfte sich zusehends die Knappheit. Im Januar berichteten dann mehr als die Hälfte der antwortenden Firmen des Verarbeitenden Gewerbes von einem Vorproduktemangel. Im April verschärft sich die Problematik leicht weiter, momentan sehen sich 57% der Firmen dadurch beeinträchtigt. Besonders ausgeprägt ist der Mangel im Maschinen- und Fahrzeugbau sowie bei den Herstellern im Bereich Datenverarbeitung, Elektro und Optik.

Das Verarbeitende Gewerbe hält sich noch gut, die Aussichten trüben sich aber ein

Im Verarbeitenden Gewerbe sinkt der Geschäftslageindikator den zweiten Monat in Folge ein wenig. Trotzdem wird die Lage momentan als ähnlich gut oder sogar als leicht günstiger eingestuft als in dem für das Verarbeitende Gewerbe recht erfolgreichen Jahr 2018. Die Produktion wurde jüngst gesteigert und der Auslastungsgrad der Produktionsanlagen ist nach einer weiteren Zunahme im mittelfristigen Vergleich klar überdurchschnittlich. Stürmisch ist weiterhin die Entwicklung auf der Preisseite: Die Verfügbarkeit von Vorprodukten ist weiterhin stark eingeschränkt und deren Preise steigen weiter. Die Unternehmen setzen ihrerseits die Verkaufspreise ungebremst herauf, können damit aber ihre Ertragslage nur knapp halten. Mit Blick auf die kommenden drei Monate rechnen die Unternehmen mit deutlich geringeren Nachfragezuwächsen nach ihren Produkten als bisher.

In den Baubereichen sind die Auftragsbücher gut gefüllt

In den mit der Bautätigkeit verbundenen Wirtschaftsbereichen Projektierung und Baugewerbe erhält die Geschäftslage im April den zweiten Monat in Folge einen leichten Dämpfer. Die Auftragsbücher sind in beiden Wirtschaftsbereichen aber momentan gut gefüllt. Bei den Projektierungsbüros sind die Bausummen in den Neuverträgen sowohl für den Wohnungsbau als auch für den Wirtschaftsbau gestiegen. Die Planer klagen nochmals häufiger über fehlendes Personal, zumal sie in den kommenden Monaten ihre Leistungserbringung ausweiten wollen. Im Baugewerbe steigt die Produktion und die Auslastung der Maschinen und des Fuhrparks nimmt zu. Allerdings verschärft sich der Materialmangel und die Baupreise dürften einen stärkeren Schub erhalten.

Die Lage in den Handelssparten Detailhandel und Grosshandel ist günstig

Im Detailhandel trübt sich die Geschäftslage leicht ein, insgesamt ist sie aber weiterhin vorwiegend gut. Der Warenabsatz stockte jüngst allerdings und die Ertragslage kam unter Druck. Da die vorhandenen Warenreserven dennoch als eher knapp angesehen werden, wollen die Detailhändler selbst noch einmal mehr Waren bestellen. Dabei sind die Umsatzerwartungen verhalten positiv. Die Verkaufspreise sollen aber in unvermindertem Tempo steigen. Die Geschäftserwartungen mit Blick auf das kommende halbe Jahr sind daher insgesamt zwar weiter positiv, aber nicht mehr so optimistisch wie im Frühjahr des vergangenen Jahres. Im Grosshandel verbessert sich die Geschäftslage leicht.

Die Lage im Gastgewerbe entspannt sich schweizweit

Im Gastgewerbe setzt sich nach einer kurzen Flaute zu Jahresbeginn die Erholung zügig fort. In den Berg- und den Seegebieten, aber nun auch in den grossen Städten verbessert sich die Geschäftslage. In der Gastronomie zieht der Absatz von Speisen und Getränken kräftig an. Auch in der nächsten Zeit dürfte nach Ansicht der Befragungsteilnehmenden die Nachfrage nach ihren Leistungen steigen. Allerdings drücken auch die Kosten und die Gastronomiebetriebe beabsichtigen, verbreitet die Preise anzuheben. Bei den Beherbergungsbetrieben ist der Zimmerbelegungsgrad – trotz der Omikron-Unsicherheit zu Jahresbeginn – im ersten Quartal dieses Jahres geringfügig weiter gestiegen. Für das laufende Quartal sind die Reservationen abermals über den Vorjahreswerten. Die Betriebe rechnen mit einer deutlichen Zunahme von ausländischen Gästen.

Die Finanz- und Versicherungsdienstleister können die Erträge nicht mehr so stark steigern wie bisher

Die Geschäftslage der Finanz- und Versicherungsdienstleister erholt sich im April teilweise, nachdem sie im März deutlich nachgegeben hatte. Die Erwartungen bezüglich der weiteren Geschäftsentwicklung sind aber nach wie vor gedämpft. Die Ertragslage der Institute entwickelte sich im ersten Quartal nicht mehr so positiv wie zuvor und auch die Erwartungen mit Blick auf das laufende Vierteljahr sind zurückhaltender als bei früheren Quartalen. Die Banken erwarten sowohl seitens der Privat- als auch der Firmenkunden weniger starke Nachfrageimpulse als in den Monaten zuvor. Aus ihrer Sicht enttäuschten ihre Erträge aus dem Handelsgeschäft.

Bei den übrigen Dienstleistungen manifestiert sich die Corona-Erholung

Im Wirtschaftsbereich übrige Dienstleistungen steigt der Geschäftslageindikator im April deutlich. Dennoch erreicht er aber noch nicht ganz die Vorkrisenwerte von Ende 2019/Anfang 2020. Sowohl im Bereich Verkehr, Information und Kommunikation als auch bei den wirtschaftlichen und den privaten Dienstleistungen steigt die Kapazitätsauslastung im April stark. Wobei hauptsächlich die Auslastung im Verkehrsbereich weiterhin unter der Auslastung von vor der Pandemie liegt. Die Zahl der Mitarbeitenden wird im Dienstleistungsbereich vermehrt als zu gering angesehen. Es wird verstärkt zusätzliches Personal gesucht, da auch die Nachfrageerwartungen weiterhin positiv sind.

Kontakt

Dr. Klaus Abberger
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KOF Konjunkturforschungsstelle
Leonhardstrasse 21
8092 Zürich
Schweiz

In die Ergebnisse der aktuellen KOF Konjunkturumfragen vom April 2022 sind die Antworten von mehr als 4’500 Unternehmen aus der Industrie, dem Baugewerbe und den wichtigsten Dienstleistungsbereichen eingeflossen. Dies entspricht einer Rücklaufquote von etwa 57%.

Die detaillierten Ergebnisse der KOF Konjunkturumfragen (inklusive Tabellen und Grafiken) finden Sie auf unserer Webseite.

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