Firmenkonkurse wieder auf dem Vorkrisenniveau

Infolge der staatlichen Stützungsmassnahmen mussten seit Beginn der Corona-​Krise deutlich weniger Firmen Konkurs anmelden als zu normalen Zeiten. Zuletzt stiegen die Firmenkonkurse allerdings kräftig an und liegen wieder auf dem Niveau vor der Krise. Diese Entwicklung ist sowohl sektoral als auch regional breit verankert.

Die KOF untersucht die Entwicklung der Firmenkonkurse auf Basis von Handelsregisterzahlen, die durch Dun & Bradstreet Schweiz AG gesammelt und aufbereitet werden. Das aktuelle Papier von Florian Eckert und Heiner Mikosch bietet eine detaillierte Auswertung. Die Daten zeigen auf, dass die Anzahl der monatlichen Firmenkonkurse zu Beginn der Corona-Krise deutlich eingebrochen ist. Im Jahr 2020 lagen die Firmenkonkurse durchschnittlich rund 19% unter dem Niveau von 2019 und auch im laufenden Jahr dürften sie voraussichtlich noch mehr als 10% unter dem Vorkrisenniveau zu liegen kommen. Ein Grund dafür sind die wirtschaftlichen und rechtlichen Stützungsmassnahmen der öffentlichen Hand – etwa der erleichterte Zugang zu Kurzarbeit, das COVID-​19-Kreditprogramm und die Härtefallhilfen.1 Diese Überbrückungsmassnahmen haben es weiten Teilen der Wirtschaft erlaubt, die pandemiebedingten konjunkturellen Verwerfungen auszuhalten. Im Rahmen der wirtschaftlichen Normalisierung sind die Firmenkonkurse nun wieder auf das Vorkrisenniveau zurückgekehrt (siehe Grafik G 3). 

G3

Wirtschaftspolitische Massnahmen prägen den Verlauf der Konkurse

Ein Vergleich mit früheren Krisen offenbart den aussergewöhnlichen Charakter der Corona-Krise. Während der Grossen Rezession im Jahr 2008 und dem Frankenschock im Jahr 2015 keine unmittelbaren Bewegungen der Konkursrate folgten, war während der Corona-Krise ein anderer Verlauf zu beobachten. Aufgrund der behördlichen Stützungsmassnahmen fiel die Konkursrate von über 0.06% vor der Krise auf 0.02% im April 2020. Bis im Herbst 2020 zog sie allmählich wieder an, ging dann aber wohl auch aufgrund der kantonalen Härtefallhilfen für besonders stark betroffene Unternehmen wieder zurück auf 0.05%. Im Spätsommer 2021 hat die Konkursrate ihre Normalisierung jedoch mit einem kräftigen Sprung weiter fortgesetzt und liegt nun fast wieder auf dem Vorkrisenniveau (siehe Grafik G 4).

G4

Volatile Entwicklung in den Branchen

Eine sektorale Betrachtung wird erschwert durch den volatilen Verlauf der disaggregierten Daten. Der gesamtschweizerische Verlauf zeigt sich jedoch – mehr oder weniger ausgeprägt – auch in den meisten Branchen. Der jüngste Anstieg ist hauptsächlich auf Konkurse bei den sonstigen Dienstleistungen zurückzuführen – beispielsweise von Unternehmens- und Steuerberatungen, Informatikdienstleistungen, persönlichen Dienstleistungen und übrigen Unternehmensdienstleistungen (siehe Grafik G 5). Ein vorübergehendes Aufflackern der Konkurszahlen in einzelnen Sektoren kommt sporadisch vor, zuletzt beispielsweise im vergangenen Sommer bei den Finanz-, Versicherungs- und Immobiliendienstleistern. Diese Schwankungen sind jedoch häufig vorübergehender Natur und sind nicht als Beginn einer Konkurswelle zu deuten. Die Konkurszahlen in den von der Pandemie besonders stark betroffenen Branchen «Gastgewerbe und Unterhaltungsindustrie» sowie «Transport und Kommunikation» bewegten sich zuletzt wieder über dem langfristigen Trend, liegen aber immer noch im 90%-Schwankungsbereich. In einer regionalen Betrachtung zeigt sich, dass der jüngste Anstieg besonders in den Grossregionen Zentralschweiz und Espace Mittelland zu finden war.

G5

Auch die Gründungswelle ebbt wieder ab

In vielen Branchen stiess die Pandemie den Strukturwandel an bzw. beschleunigte ihn zumindest. Insbesondere in den Branchen «Grosshandel und Einzelhandel» sowie «Finanzen, Versicherungen und Immobiliendienstleistungen» hat die forcierte Digitalisierung zu einem regelrechten Gründungsboom geführt. In diesen Branchen lag die Anzahl Neugründungen seit dem Sommer 2020 äusserst hoch, ungetrübt von den Auswirkungen der zweiten Coronawelle und den damit verbundenen Eindämmungsmassnahmen wie zum Beispiel der Schliessung von Läden für Güter des nicht täglichen Bedarfs. Auch diese Entwicklung hat sich zuletzt jedoch wieder normalisiert (siehe Grafik ­G 6).

G6

Risiko einer Konkurswelle weiterhin gering

Die Firmenkonkurse dürften aufgrund von Nachholeffekten in besonders stark gestützten Branchen und einer gestiegenen Unternehmensverschuldung weiter graduell zunehmen. Hinzu kommt, dass geänderte Konsumpräferenzen in einigen Branchen einen Strukturwandel angestossen haben, der die Konkursrate ebenfalls erhöhen dürfte – beispielsweise im Gastgewerbe oder dem Detailhandel. Diese strukturellen Anpassungen dürften aber nur schrittweise im Verlauf der epidemiologischen und wirtschaftlichen Normalisierung zum Vorschein kommen. Die rasche konjunkturelle Erholung sowie die gezielte Stützung von betroffenen Sektoren während der Pandemie dürften jedoch dafür gesorgt haben, dass das Risiko einer starken Konkursflut in der Zukunft gering ist. 

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1) Die unmittelbaren Gründe für den massiven Einbruch der Konkurse im Frühjahr 2020 waren der vom Bundesrat angeordnete Rechtsstillstand (19. März bis 4. April 2020), die anschliessenden Betreibungsferien (bis 19. April) und die ausgesetzte Pflicht zur Überschuldungsanzeige (bis Ende Oktober 2020). Das COVID-​19-Kreditprogramm des Bundes, in dessen Rahmen Unternehmen bis Juli 2020 ohne grossen bürokratischen Aufwand und zu günstigen Konditionen staatlich garantierte Überbrückungskredite erhalten konnten, dürfte ein wichtiger Grund sein, warum es bisher nicht zu starken Nachholeffekten gekommen ist. Die Ausweitung und Vereinfachung der Kurzarbeit erlaubte es zudem den betroffenen Unternehmen, den Personalaufwand zu decken. Mit den seit 2021 verfügbaren kantonalen Härtefallhilfen erhalten besonders stark betroffene Unternehmen zusätzliche Beiträge.

Literatur

Mikosch, Heiner und Eckert, Florian (2021): Firm Bankruptcies and Start-Up Activity in Switzerland During the Corona Crisis, KOF Working Papers, No. 499.

Kontakte

Dr. Florian Eckert
  • LEE G 209
  • +41 44 632 29 80

KOF Konjunkturforschungsstelle
Leonhardstrasse 21
8092 Zürich
Schweiz

Dr. Heiner Mikosch
  • LEE G 205
  • +41 44 632 42 33

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