Forschung, Entwicklung und Innovationen: So steht es um die Schweizer Grossregionen

Die sieben Schweizer Grossregionen unterscheiden sich teilweise deutlich hinsichtlich der Produktionsfaktoren, nicht jedoch hinsichtlich der Resultate des Innovationsprozesses. Die Unterschiede bei den Inputfaktoren scheinen primär durch strukturelle Faktoren bedingt zu sein. Es sind kleine Firmen in den Bau-​ und Dienstleistungsbranchen, welche diese Unterschiede bewirken. Gleichzeitig liefern diese Unternehmenstypen einen kleineren Beitrag zu den Resultaten des Innovationsprozesses.

Aufgrund der föderalen Struktur des politischen Systems der Schweiz verdienen regionale Aspekte des wirtschaftlichen Lebens eine besondere Aufmerksamkeit. Im Rahmen der Innovationsumfrage 2019 der KOF wurden daher erstmals auch Auswertungen auf der Ebene der sieben Grossregionen der Schweiz durchgeführt (NUTS-2 Level). Die sieben Grossregionen umfassen die Genferseeregion, das Espace Mittelland, die Nordwestschweiz, die Region Zürich, die Ostschweiz, die Zentralschweiz und das Tessin. Dieser Artikel ist in drei Teile gegliedert. In einem ersten Schritt betrachten wir die Inputfaktoren des Innovationsprozesses. Wir messen, wie intensiv die Anstrengungen der Unternehmen in den einzelnen Grossregionen sind, Innovation hervorzubringen. Zu diesem Zweck analysieren wir die Aktivitäten der Unternehmen bezüglich Forschung und Entwicklung (F&E). In einem zweiten Schritt betrachten wir die Outputfaktoren des Innovationsprozesses. Das heisst, zu welchen Resultaten die Innovationsanstrengungen schlussendlich geführt haben. Wir messen dies über die Innovationsneigung und den kommerziellen Erfolg innovativer Produkte und Dienstleistungen. In einem dritten Schritt vergleichen wir, wie sich die F&E-Aktivitäten der sieben Grossregionen über Sektoren und Grössenklassen hinweg unterscheiden. Diese Aufschlüsselung zeigt die Treiber hinter den unterschiedlichen Niveaus der F&E-Aktivitäten in den Grossregionen.

In Grossregionen mit weniger F&E forschen die Unternehmen dafür intensiver

Bei den F&E-aktiven Unternehmen zeigen sich teilweise deutliche Unterschiede (Grafik 5). Während die Nordwestschweiz, die Zentralschweiz und das Tessin Anteile an F&E-aktiven Unternehmen an allen Unternehmen von über 15% aufweisen, sind diese in der Ostschweiz, in Zürich und im Espace Mittelland deutlich geringer, liegen jedoch immer noch über 10%, mit Ausnahme der Genferseeregion. Bei den F&E-Ausgaben als Anteil am Umsatz zeigt sich hingegen das umgekehrte Bild (Grafik 6). Diejenigen Grossregionen, welche beim Anteil der F&E-aktiven Unternehmen vorne liegen, befinden sich beim Anteil der F&E-Ausgaben am Umsatz weiter hinten, während diejenigen Grossregionen, welche beim Anteil der F&E-aktiven Unternehmen hinten liegen, beim Anteil der F&E-Ausgaben vergleichsweise höhere Durchschnittswerte aufweisen. Die Konzentration der F&E-Aktivitäten auf die Unternehmen unterscheidet sich also zwischen den Grossregionen. Diesem Muster entziehen sich jedoch das Tessin und die Genferseeregion. Das Tessin ist bei beiden Indikatoren überdurchschnittlich, während die Genferseeregion bei beiden Indikatoren unterdurchschnittliche Werte aufweist. Allgemein lässt sich jedoch festhalten, dass Grossregionen, in welchen Unternehmen weniger F&E betreiben, diese Unternehmen F&E dafür intensiver verfolgen.

Anteil der Unternehmen F&E
Umsatzanteil F&E-Ausgaben

Beim Anteil der Unternehmen mit innovativen Produkten und Prozessen liegen die sieben Grossregionen im Vergleich zu den Indikatoren für die F&E-Aktivität (Inputfaktoren) deutlich näher beisammen (Grafik 7). Einzig Zürich hebt sich von den anderen Grossregionen ab. Insgesamt sind die Unterschiede zwischen den Grossregionen jedoch deutlich kleiner. Noch geringer sind die Unterschiede zwischen den Grossregionen beim Umsatzanteil, welcher mit innovativen Produkten und Dienstleistungen erwirtschaftet wird (Grafik 8). Hier bewegen sich alle Grossregionen um einen ähnlichen Umsatzanteil von ca. 30%.

Wenn wir die Grafiken 5-8 insgesamt betrachten, zeigt sich, dass, ungeachtet der Unterschiede bei den Inputfaktoren, die Outputfaktoren des Innovationsprozesses keine starken Unterschiede zwischen den Grossregionen aufweisen. Insbesondere die Genferseeregion, aber auch Zürich, scheinen trotz der geringeren Innovationsanstrengungen auf ähnliche Innovationsresultate zu kommen wie die übrigen Grossregionen. Daraus lässt sich schliessen, dass diese beiden Grossregionen in einem höheren Ausmass nicht F&E-getriebene Innovationen hervorbringen, die relativ erfolgreich am Markt sind. Demgegenüber stehen die Unternehmen im Espace Mittelland und im Tessin, welche im Durchschnitt ihre innovativen Produkte und Dienstleistungen stärker auf F&E-Aktivitäten abstützen, als dies in anderen Regionen der Fall ist.

Innovationen
Innovationen

Wenn der Anteil der F&E-aktiven Unternehmen nach den drei Sektoren Industrie, Bau und Dienstleistungen aufgeschlüsselt wird, zeigt sich ein anderes Bild als in der Gesamtwirtschaft (Grafik 9). In der Industrie sind die Anteile der F&E-aktiven Unternehmen in allen Grossregionen relativ ähnlich. Die Diskrepanzen, welche wir in Grafik 5 gesehen haben, sind daher primär durch Unterschiede im Bau und in den Dienstleistungen getrieben. Die Genferseeregion und das Espace Mittelland weisen in diesen zwei Sektoren sehr tiefe Werte auf, während das Tessin und die Nordwestschweiz sehr viel höhere Werte zeigen. Während also die Industrie in den verschiedenen Grossregionen ähnlich stark in F&E-getriebene Innovation investiert, sehen wir grosse Diskrepanzen bei den Dienstleistungen. Insbesondere die Nordwestschweiz, das Tessin und die Zentralschweiz weisen einen F&E-intensiveren Dienstleistungssektor auf.

Grosse Unternehmen forschen auch mehr

Aufgeschlüsselt nach Grösse der Unternehmen (<50, 50-249 und 250 Angestellte), zeigen die Anteile der F&E-aktiven Unternehmen wiederum ein anderes Bild (Grafik 10). In allen sieben Grossregionen sehen wir die gleiche Reihung: Grosse Unternehmen betreiben sehr viel häufiger F&E als kleine und mittelgrosse Unternehmen. Die Reihung der grossen Unternehmen über die Grossregionen hinweg ist dabei ähnlich wie in Grafik 5 für die Gesamtwirtschaft, jedoch weniger ausgeprägt. Die Genferseeregion und das Espace Mittelland weisen vor allem bei den kleinen Unternehmen sehr niedrige Werte auf. Gemeinsam mit Grafik 9 erklären sich somit auch die grossen Unterschiede zwischen den Grossregionen in Grafik 5. Die Genferseeregion und das Espace Mittelland haben einen tiefen Anteil von F&E-aktiven Unternehmen in der Gesamtwirtschaft, getrieben vom Segment der kleinen Unternehmen in den Sektoren Bau und Dienstleistungen. Dies ist auch der Grund, wieso sich die Outputfaktoren des Innovationsprozesses in Grafik 7 und 8 zwischen den Grossregionen nicht sonderlich unterscheiden. Grosse und mittlere Unternehmen in der Industrie sind für den Innovationsoutput einer Grossregion bedeutender als kleine Unternehmen in Bau und Dienstleistungen.

F&E
F&E

Spescha, A. und M. Wörter (2020): Innovation in der Schweizer Privatwirtschaft – Ergebnisse der Innovationserhebung 2018. Studie um Auftrag des SBFI. externe SeiteHier online abrufbar.

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