Was die Schweizer Wirtschaft im neuen Jahr erwartet

Die KOF rechnet 2021 mit einem BIP-Wachstum von 3.2%. Voraussetzung ist allerdings, dass sich die Pandemiesituation nicht noch weiter verschlechtert. Im negativen Szenario wäre ein Zuwachs von nur 0.6% zu erwarten. Die Unterschiede zwischen den einzelnen Wirtschaftsbereichen sind zudem gross. Einige haben das Vorkrisenniveau schon wieder erreicht, bei anderen dürfte das erst nach 2021 der Fall sein.

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Nachdem das Schweizer Bruttoinlandprodukt (BIP) im letzten Jahr wegen der Corona-Krise stark geschrumpft ist, sollte es 2021 wieder aufwärtsgehen (siehe Grafik G 1). Wie stark, hängt allerdings vom weiteren Verlauf der Pandemie ab. In ihrem Basisszenario geht die KOF davon aus, dass die Pandemie in den ersten Monaten des neuen Jahres abebbt. In diesem Fall rechnet sie mit einem Jahreswachstum des BIP um 3.2%. Das Vorkrisenniveau dürfe Ende 2021 wieder erreicht sein. Sollte die Pandemie bis dahin aber weiter an Kraft gewonnen haben und drastischere Schutzmassnahmen nötig geworden sein, wird das Wachstum 2021 deutlich tiefer liegen. In diesem negativen Szenario ist ein Plus von lediglich 0.6% zu erwarten. Das Vorkrisenniveau wird erst ein Jahr später erreicht, zum Jahreswechsel 2022/23.

Die aktuelle Konjunkturprognose der KOF liefert einen Überblick, wie sich die einzelnen Wirtschaftsbereiche im neuen Jahr entwickeln dürften (siehe auch Grafik G 3).

Reales BIP

Privater Konsum: Langsame Erholung

Die Ausgaben der privaten Haushalte wurden letztes Jahr von verschiedenen Faktoren beeinträchtigt, etwa von den Schutzmassnahmen, vom Anstieg der Arbeitslosenquote und von Unsicherheiten bezüglich des künftigen Haushaltseinkommens. 2021 dürften die privaten Konsumausgaben um 4% zunehmen, wobei das Wachstum im ersten Quartal durch die epidemiologische Entwicklung noch spürbar gebremst wird. Das Vorkrisenniveau des aggregierten privaten Konsums wird wohl erst im vierten Quartal 2021 erreicht werden, das Pro-Kopf-Niveau sogar erst im dritten Quartal 2022.

Die Inflation dürfte 2020 bei durchschnittlich -0.7% gelegen haben. Klammert man allerdings die touristischen Güter und Erdölprodukte aus dem Konsumentenpreisindex aus, lagen die Preise der verbleibenden Güter etwa auf dem Vorjahresniveau. Für 2021 erwartet die KOF eine durchschnittliche Inflation von 0.1%.

Arbeitsmarkt: Beschäftigung erholt sich ab dem zweiten Quartal

Die Auswirkungen der zweiten Pandemiewelle werden sich in den kommenden Monaten auf dem Arbeitsmarkt zeigen. Im Winterhalbjahr 2020/21 ist mit einer stagnierenden Beschäftigung zu rechnen (siehe Grafik G 2). Von zentraler Bedeutung wird sein, inwiefern die Firmen jene Stellen erhalten, für die gegenwärtig Kurzarbeit gilt. Die Aussicht auf einen baldigen Start der Impfkampagne dürfte sich positiv auf den Arbeitsmarkt auswirken. Die abnehmende Unsicherheit könnte viele Firmen dazu bewegen, mit Entlassungen zumindest bis im Frühling 2021 zuzuwarten. In Branchen, die besonders von der Krise betroffen sind, dürfte es aber zu einem weiteren Rückgang der Beschäftigung kommen. Ab dem zweiten Quartal 2021 sollte die Zahl der Beschäftigten wieder steigen. Insgesamt rechnet die KOF für 2021 mit einem Zuwachs der vollzeitäquivalenten Beschäftigung von 0.4%.

Die Auswirkungen der Pandemie dürften das Lohnwachstum längerfristig belasten. Dies liegt teilweise in der Vergangenheit begründet: Gemäss ersten Schätzungen des Bundesamtes für Statistik (BFS) war das nominale Lohnwachstum mit 1% im Jahr 2020 das höchste im Schweizerischen Lohnindex (SLI) verzeichnete seit fast zehn Jahren. Damit widerspiegelt die Lohnentwicklung aber die schlechte Margenentwicklung in vielen Betrieben und den Rückgang des gesamtwirtschaftlichen Produktivitätswachstums nicht. Wie bereits nach dem Frankenschock 2015 ist auch in dieser Krise zu erwarten, dass es lange dauern wird, bis dieses Überschiessen der Löhne kompensiert sein wird. Die KOF erwartet deswegen einen historisch tiefen Lohnanstieg gemäss SLI von 0.3% für 2021.

Beschäftigung und Arbeitslosigkeit

Investitionen: Erholung erwartet, aber die Unsicherheit bleibt gross

Nachdem die Investitionen 2020 um 5.4% abgenommen haben dürften, ist im neuen Jahr mit einer verhalten positiven Entwicklung zu rechnen. Die Kapazitätsauslastung in der Industrie hat sich leicht erholt. Und mit Ausnahme des Gastgewerbes und der übrigen Dienstleister verbesserte sich die Ertragslage Ende 2020 in allen Branchen deutlich. Für 2021 rechnet die KOF daher wieder mit einem Wachstum der Ausrüstungsinvestitionen. Die Unsicherheit liegt aber noch immer klar über dem Vorkrisenniveau. Gerade die Ausrüstungsinvestitionen reagieren sehr empfindlich auf den Pandemieverlauf. Dauert die zweite Welle länger als im Basisszenario angenommen, wird das die Investitionstätigkeit dämpfen.

Aussenhandel: Anziehende Dynamik ab Frühjahr 2021

Die Verschärfung der epidemiologischen Lage in den Wintermonaten bremst die Erholung im Fremdenverkehr aus. Dementsprechend sind die Dienstleistungsexporte und -importe im vierten Quartal 2020 wohl zurückgegangen und dürften erst im Frühling 2021 allmählich wieder ansteigen. Die Erholung im Warenhandel wurde im Schlussquartal ebenfalls durch die Eintrübung der konjunkturellen Lage ausgebremst. Auch hier werden deutlichere Impulse für den Aussenhandel erst im Frühling erwartet. Die Exporte insgesamt werden im Jahr 2021 um 5.7% steigen. Die Importe werden mit 6.9% etwas kräftiger zunehmen.

Wachstumsbeiträge zum BIP

Öffentlicher Konsum und Finanzpolitik: Erhebliche Defizite in den nächsten Jahren

In den kommenden Jahren werden die Einkommens- und Gewinnsteuereinnahmen vorübergehend erheblich einbrechen, da eine Vielzahl an Unternehmen Verluste für das Jahr 2020 ausweisen dürfte. Die Verschärfungen der Massnahmen wegen der zweiten Welle werden diese Effekte noch verstärken und sich auch 2021 negativ auf Einkommen und Gewinne auswirken. Im nächsten Jahr sind wesentlich geringere Kurzarbeitsentschädigungen als 2020, aber ein Anstieg der Arbeitslosengelder zu erwarten.

Die Mittel für die Zusatzausgaben und die Kompensation der Mindereinnahmen auf Bundesebene werden über den Kapitalmarkt beschafft. In den Jahren 2020 und 2021 werden die Staatsausgaben die durch die Schuldenbremse definierte Begrenzung deutlich übersteigen. Ein Abbau der kumulierten Defizite über die durch die Schuldenbremse vorgeschriebenen sechs Jahre dürfte jedoch kaum möglich und volkswirtschaftlich nicht wünschenswert sein. Aufgrund der vorwiegend negativen Verzinsung der Bundesanleihen führt eine Erstreckung der Rückzahlung sogar zu geringeren finanziellen Ausgaben.

Geldpolitik: Unverändert expansiv

Die internationalen Währungshüter versuchen weiterhin, die konjunkturellen Effekte der Pandemie durch eine expansive Geldpolitik abzumildern. Die Prognosen zu den Kurzfristzinsen bleiben unverändert um null, dementsprechend ist bis mindestens 2022 nicht mit Zinserhöhungen zu rechnen. Damit auch die Langfristzinsen auf tiefem Niveau verbleiben, dürften die in den letzten Monaten bereits massiv gewachsenen Zentralbankbilanzen weiter ansteigen. Auch die Bilanz der Schweizerischen Nationalbank (SNB) tendiert weiterhin nach oben, da der Franken als sicherer Hafen gilt und in Krisenzeiten besonders gefragt ist. Deswegen wird die SNB wohl weiter intervenieren, um den Aufwertungsdruck zu vermindern.

Die ausführliche Konjunkturprognose 2021/22 mit Tabellen und Grafiken finden Sie hier.

Kontakt

Yngve Abrahamsen
  • LEE G 116

KOF FB Konjunktur
Leonhardstrasse 21
8092 Zürich
Schweiz

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