Wie entwickelt sich die COVID-Inflation seit dem Sommer?

Nachdem die Infektionszahlen im Herbst stark angestiegen waren, haben Bund und Kantone neue Massnahmen zur Bekämpfung der Pandemie ergriffen. Beide Faktoren dürften dazu beigetragen haben, dass Schweizerinnen und Schweizer ihren Konsum wieder angepasst haben. Dies beeinflusst auch die Messung der Inflation, wenn auch nicht mehr so stark wie während des Lockdowns im Frühjahr. Das zeigt ein aktualisierter Vergleich des Landesindex der Konsumentenpreise (LIK) mit einem alternativen COVID-Preisindex.

Einkaufskorb

Die Corona-Krise beeinflusst den Konsum noch immer. Nachdem er sich über den Sommer hinweg zwischenzeitlich normalisiert hatte, dürften insbesondere die steigenden Infektionszahlen im Herbst sowie die verschärften Schutzmassnahmen dazu beigetragen haben, dass Schweizerinnen und Schweizer ihr Konsumverhalten wieder angepasst haben. Das zeigen aktuelle Daten zu Debitkarten-Transaktionen.1 Grafik 13 stellt die Veränderungen des Schweizer Konsumverhaltens seit Januar 2020 gemessen an diesen Transaktionsdaten dar.

Im November haben die Konsumentinnen und Konsumenten wieder weniger Geld in den Bereichen Unterhaltung sowie Beherbergung und Verpflegung ausgegeben. Die Ausgaben lagen rund 53% bzw. 23% unter dem Vorkrisenniveau und sind damit mit dem Niveau von Mitte Mai vergleichbar. Umgekehrt verharren die Ausgaben für Nahrungsmittel, Getränke und Tabak seit Ende des Lockdowns im Frühjahr auf einem unentwegt hohen Niveau und sind zuletzt wieder leicht angestiegen. Seit Beginn der Krise geben Schweizerinnen und Schweizer im Durchschnitt rund 30% mehr für Lebensmittel aus als vor der Pandemie. Andere Ausgabenkategorien wie persönliche und professionelle Dienstleistungen erholten sich rasch, nachdem sie im Frühling stark eingebrochen waren. Die Konsumausgaben in diesen Bereichen sind seither wieder mit den Ausgaben vor der Krise vergleichbar.

Veränderung im Schweizer Konsumverhalten

Solche Anpassungen im Konsum beeinflussen die Messung der Teuerung in der Schweiz, wie ein KOF-Forscher bereits im Juli gezeigt hat. Die Inflation wird basierend darauf berechnet, wie stark sich die Kosten eines repräsentativen Warenkorbs im Laufe der Zeit verändern. Daraus entsteht der Landesindex der Konsumentenpreise (LIK). Die Gewichtung des LIK-Warenkorbs wird jedoch nur jährlich aktualisiert, zuletzt im Dezember 2019. Weil sich das Konsumverhalten dieses Jahr aussergewöhnlich stark verändert hat, stellt sich die Frage, wie repräsentativ dieser Warenkorb für den Konsum während der Pandemie ist. Daher ist eine Preismessung, die das kurzfristig veränderte Konsumverhalten auffängt, eine interessante Ergänzung zum LIK, der mit seiner festen Gewichtung wichtig für viele Analysen und Statistiken ist.

COVID-Inflation ist immer noch höher als LIK-Inflation

Der KOF-Forscher hat deshalb einen alternativen COVID-Preisindex konstruiert, indem er die Daten des LIK mit den aktuellen Kartentransaktionen verknüpft. Konkret aktualisiert er die Warenkorbgewichtung des LIK mit den Veränderungen der Konsumausgaben, wie sie sich aus den Kartentransaktionen ergeben. Der Index reflektiert dadurch die Preisentwicklung zum jeweils aktuellen «COVID-Konsum».

Im Vergleich mit dem LIK zeigt sich, dass der COVID-Preisindex die Inflation seit Ausbruch der Krise durchgehend höher eingeschätzt hat (siehe G 14). Am grössten war die Differenz zwischen den beiden Indizes im April während des Lockdowns: Damals lag die COVID-Inflation bei -0.2%, die offizielle LIK-Inflation hingegen bei -1.1%. Die COVID-Inflation war also 0.9 Prozentpunkte höher. Zwei Effekte haben zu dieser Differenz beigetragen. Einerseits stiegen im April die Preise von Lebensmitteln und nicht alkoholischen Getränken – gleichzeitig machten diese Güter aber einen grösseren relativen Anteil an den Konsumausgaben der Schweizerinnen und Schweizer aus, weshalb sie im COVID-Preisindex relativ zum LIK stark übergewichtet wurden. Andererseits sanken die Preise von Gütern und Dienstleistungen in den Bereichen Transport oder Erholung und Kultur – diese Güter und Dienstleistungen konnten im April jedoch kaum konsumiert werden und wurden entsprechend stark untergewichtet.

Schweizer LIK mit COVID-Ausgabengewichten

Weil sich das Konsumverhalten seit dem Ende des Lockdowns wieder etwas normalisiert hat, ist auch die Differenz zwischen den beiden Messungen geschrumpft. Im November lag die LIK-Inflation bei -0.7%, die COVID-Inflation bei -0.5% – der Unterschied betrug also noch 0.2 Prozentpunkte.  

-------------------------------------------------------------------

1) Diese Daten basieren auf dem wöchentlichen Transaktionsvolumen von Debitkarten in der Schweiz und umfassen Zahlungen an Verkaufsstellen wie Lebensmittelgeschäften oder Dienstleister (z. B. Friseure, Restaurants oder Tankstellen). Sie sind öffentlich zugänglich im Rahmen des Projekts «Consumption Monitoring Switzerland», das von der Universität St. Gallen (Prof. Martin Brown, Prof. Matthias Fengler) und Novalytica zusammen mit Dr. Robert Rohrkemper (Distinguished Expert, Senior Data Scientist bei Worldline) und Prof. Rafael Lalive (Universität Lausanne) ermöglicht wird. Siehe externe Seitehttps://monitoringconsumption.com/.

Die vollständige Studie vom Juli finden Sie externe Seitehier.

Die letzte Aktualisierung vom September finden Sie hier.

Kontakt

Pascal Seiler
  • LEE G 113
  • +41 44 632 89 44

KOF FB Konjunkturumfragen
Leonhardstrasse 21
8092 Zürich
Schweiz

JavaScript wurde auf Ihrem Browser deaktiviert