Detailhandel: Ist alles wieder wie vor Corona?

Die Geschäftslage des Detailhandels hat sich im Juli deutlich entspannt. Gemäss den Ergebnissen der KOF Konjunkturumfragen ist die Lage nun ähnlich befriedigend wie vor der Pandemie. Waren die Geschehnisse im Frühjahr für den Detailhandel nur eine Episode?

Die Antwort lautet: nein. Und zwar nicht nur, weil die weitere Entwicklung unsicher und nach wie vor mit besonderen Risiken behaftet ist. Die Pandemie hat zu einer Polarisierung im Detailhandel geführt. Ein erstes Indiz dafür ist das Antwortmuster auf die Frage zur Geschäftslage. Per saldo wird die Lage zwar nun annähernd so günstig wie im Februar bewertet. Damals gaben aber etwa 65% der Umfrageteilnehmenden an, ihre Lage sei befriedigend. 20% bewerteten sie als gut und 15% als schlecht.

Im Juli differenzieren sich die Antworten deutlich stärker aus: Nur noch 47% der Unternehmen stufen die Lage als befriedigend ein. Dafür aber fast 30% als gut und etwa 23% als schlecht. Die «gut»- und «schlecht»-Antworten haben an Gewicht gewonnen. Es gibt also eine beträchtliche Zahl an Verlierern und Gewinnern.

Geschäftslage Detailhandel, Sparten

Supermärkte und Warenhäuser gewinnen

Auf der Gewinnerseite stehen etwa die Supermärkte und Warenhäuser sowie der Versand- und Onlinehandel (siehe G 5). Hier ist die Geschäftslage klar besser als vor der Krise. Eine unterdurchschnittliche Geschäftslage verzeichnen etwa der reine Lebensmittelhandel und der Fachhandel mit Geräten der Informations- und Kommunikationstechnik. Knapp durchschnittlich ist die Lage beim stationären Fachhandel mit Haushaltsgeräten, Textilien, Heimwerker- und Einrichtungsbedarf. Dies, obwohl gemäss den Umsatzstatistiken des Bundesamts für Statistik (BFS) die Umsätze sowohl bei Letzterem als auch beim Fachhandel mit Geräten der Informations- und Kommunikationstechnik im Mai und Juni bereits deutlich höher waren als im Februar.

Die aus den BFS-Daten abgeleiteten, impliziten Deflatoren zeigen aber, dass in diesen beiden Sparten des Detailhandels ein überdurchschnittlicher Preisdruck nach unten herrschte. Der Versand- und Onlinehandel hat dagegen gemäss der impliziten Deflatoren die Preise kaum gesenkt. Über die vergangenen Monate hinweg hat sich die Ertragslage bei den Versand- und Onlinehändlern verbessert. Dies deuten die Ergebnisse der KOF Konjunkturumfragen an. Bei den Supermärkten und Warenhäusern war die Ertragsentwicklung jüngst wieder stabil bis leicht positiv. In den übrigen Sparten waren die Erträge stärker unter Druck.

Umsatz- und Preiserwartungen

Preise dürften sich wenig bewegen

Preiserhöhungen nahmen die Detailhändler vor allem bei Nahrungsmitteln vor. Im Gesamtdurchschnitt sind die Preise im Detailhandel aber relativ stabil. Gemäss den KOF Konjunkturumfragen erwarten die Detailhändler darüber hinaus in der nächsten Zeit insgesamt wenig Bewegung bei den Verkaufspreisen (siehe G 6). Auch die Umsätze dürften ihrer Ansicht nach in der nahen Zukunft wenig ändern. Die Verbraucher bleiben vorsichtig. Zwar ist der Index der Konsumentenstimmung des Staatssekretariats für Wirtschaft (SECO) im Juli nicht mehr so negativ wie im April. Die Erwartungen der Verbraucher zur allgemeinen Konjunkturlage als auch zu ihrer eigenen finanziellen Lage sind im längerfristigen Vergleich aber weiterhin unterdurchschnittlich. Dasselbe gilt für die Neigung, grössere Anschaffungen zu tätigen.

Insgesamt deutet die derzeitige Datenlage darauf hin, dass sich der Detailhandel recht rasch wieder erholt hat. Allerdings hinterlassen die ersten Monate der COVID-19-Pandemie Gewinner und Verlierer. Die Entwicklung in den kommenden Wochen hängt im Detailhandel sicher, wie in vielen anderen Wirtschaftsbereichen auch, vom weiteren Verlauf der Pandemie ab. Im Moment rechnen die Unternehmen mit einer wenig dynamischen, aber immerhin stabilen Entwicklung.

Weitere Informationen zu den KOF Konjunkturumfragen finden Sie hier.

Kontakt

Dr. Klaus Abberger
  • LEE G 121
  • +41 44 632 51 56

KOF Konjunkturforschungsstelle
Leonhardstrasse 21
8092 Zürich
Schweiz

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