Neugründungen in der Schweiz: Eine Bestandsaufnahme

Wie hoch ist die «Gründungsrate» in der Schweiz im Vergleich zu anderen Ländern? Was ist das Hauptmotiv der Schweizer Gründerinnen und Gründer? Welche Kompetenzen sind für eine Neugründung besonders relevant und welche Faktoren fördern die Innovationsperformance? Dieser Beitrag liefert einen Überblick der wichtigsten Erkenntnisse der KOF-Forschung zum Gründungsgeschehen in der Schweiz.

Gründerinnen

Neugründungen von Unternehmen werden in der technologiepolitischen Debatte der letzten Jahre vermehrt als Antriebskraft des Wirtschafswachstums angesehen. Insbesondere erfüllen wissensintensive Jungfirmen – wie namentlich von der evolutionsökonomischen Innovationstheorie betont wird – im Innovationsprozess eine sehr wichtige Funktion. Typischerweise explorieren sie grundlegend neue Problemlösungen, von denen sich in der Folge durch Marktselektion zwar nur einige wenige durchsetzen. Diese Art von Jungfirmen sind an der technologiebezogenen Wissensfront jedoch sehr wichtig, sind doch unter diesen Umständen grundlegend neue Ideen besonders gefragt. Das Gründungsgeschehen stellt somit einen in einer technologisch weit fortgeschrittenen Volkswirtschaft wichtigen Such- und Selektionsprozess dar.

Die Bedeutung von Neugründungen im Vergleich zu den bestehenden Unternehmen für die Innovationsleistung einer Volkswirtschaft wird nach Ansicht kritischer Beobachter insofern überschätzt, als in der Politik oft eine generelle Förderung von Neugründungen gefordert bzw. praktiziert wird, ohne Rücksicht darauf, ob alle neuen Firmen die Voraussetzungen als «Innovationsmotoren» erfüllen können.

Gründungsaktivitäten im internationalen Vergleich

Für internationale Vergleiche werden verschiedene sogenannte Gründungsraten verwendet, die auf der Basis von Bevölkerungsanteilen selbständig Erwerbender definiert sind. Wie ist die «Gründungsrate» in der Schweiz – gemessen am Anteil der selbständig Erwerbenden an der 18- bis 64-jährigen Bevölkerung – im internationalen Vergleich zu beurteilen? Tabelle 1 gibt Auskunft darüber für das Jahr 2018, basierend auf dem Global Entrepreneurship Monitor (GEM).

Bezüglich der eigentlichen «Gründungsrate» der frühen Phase («Seit weniger als 42 Monaten selbständig erwerbstätig»; Spalten 1 in Tabelle 1) liegt die Schweiz mit einer Gründungsrate von 7.4% etwa im Mittelfeld der hier ausgewählten Länder. Bezüglich der «Überlebensrate» in der Etablierungsphase («Seit mehr als 3.5 Jahren selbständig erwerbstätig»; Spalte 2 in Tabelle 1) steht die Schweiz mit 11.5% jedoch an dritter Stelle, nimmt also eine sehr gute Position ein. Interessanterweise liegt die Schweiz an zweiter Stelle bezüglich des – gemäss der empirischen Forschung – erfolgsträchtigsten Hauptgründungsmotivs, nämlich der «Erhöhung des Einkommens» (Spalte 3 in Tabelle 1); 67.8% der Schweizer Gründungspersonen geben die Erhöhung des Einkommens als Hauptgründungsmotiv an.

Gründungsrate

Performance von Neugründungen im internationalen Vergleich

Auskünfte zur Innovationsneigung, Exportperformance sowie zu den Beschäftigungserwartungen der Neugründungen im Jahr 2018 finden sich in Tabelle 2. Ungefähr 32% der Schweizer Neugründungen bieten ein für alle KundInnen (oder mindestens einen grossen Teil) neues Produkt an (Spalte 1 in Tabelle 2). Mit diesem Wert liegt die Schweiz an vierter Position nach Österreich, Schweden und den USA. 33.3% der Schweizer Neugründungen weisen einen Exportanteil am Umsatz von 25% auf, nur Irland und Österreich haben einen höheren Anteil exportierender Neugründungen (Spalte 2 in Tabelle 2). Auch in Bezug auf die erwartete bzw. geplante künftige Beschäftigung (mindestens sechs zusätzliche Arbeitsplätze in fünf Jahren) schneidet die Schweiz mit 28.5% aller Neugründungen gut ab.

Innovationsneigung

Innovationsträchtige Merkmale von Gründungspersonen in der Schweiz

Anhand von drei Befragungen der Unternehmen der Neugründungs-Kohorte 1996/97 in den Jahren 2000, 2003 und 2006 konnte die KOF einen einmaligen Datensatz aufbauen, der detaillierte Auskunft über verschiedene Merkmale der Gründungspersonen enthält, die für die Innovationsperformance der neuen Firmen von Bedeutung sein könnten. In vertiefenden ökonometrischen Studien auf der Basis dieser Daten konnten die wichtigsten dieser Merkmale eruiert werden.

Die universitäre Ausbildung der Gründerpersonen ist offensichtlich ausschlaggebend für das Innovationsverhalten. Technisches Know-how ist von Vorteil für F&E. Das Vorhandensein von technischen und kaufmännischen Kompetenzen ist relevant sowohl für F&E als auch für die Realisierung von Innovationen in Form von neuen oder erheblich verbesserten Produkten. Interessanterweise ist eine ausschliesslich betriebswirtschaftliche Ausbildung eher ein Nachteil bezüglich der Innovationsaktivitäten, vermutlich wegen mangelnden innovationsrelevanten Wissens. Ferner ist F&E-Erfahrung aus früheren Aktivitäten ein wichtiger Faktor für beide Innovationsvariablen.

Etwas überraschend ist die Erfahrung als Selbständiger kein Vorteil in Bezug auf «innovativeness», die Branchenerfahrung gar ein Nachteil in Bezug auf die Entfaltung von F&E-Aktivitäten. Die Existenz eines Gründerteams anstelle einer einzelnen Gründerperson ist förderlich für die Einführung von neuen Produkten. Schliesslich ist die Motivation, durch die Firmengründung eigene Ideen aus früheren Beschäftigungen zu realisieren, eine weitere wichtige Determinante des Innovationsverhaltens einer neu gegründeten Unternehmung.

Zusammenfassend sind es also vier Faktoren, die sowohl input- als auch outputseitig die Innovationsperformance einer neuen Firma fördern: universitäre Ausbildung, Kombination von technischem und kaufmännischem Wissen, Erfahrung in F&E und die Motivation, eigene Ideen zu realisieren.

Eine ausführliche Version dieses Beitrags findet sich auf unserer Webseite.

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Spyros Arvanitis

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