Der Schweizer Bausektor während COVID-19

Die Geschäftslage im Schweizer Bausektor hat sich im April stark verschlechtert. Baustellenschliessungen in Teilen der Schweiz und Hygienevorschriften verzögern laufende Bauprojekte. Die KOF rechnet für 2020 mit einem Rückgang der realen Bauinvestitionen um -2%.

Baustelle

In einigen Regionen der Schweiz wurden die Baustellen zu Beginn des Lockdowns geschlossen. Das Tessin schloss sie vom 21. März bis zum 4. Mai. Die Kantone Genf und Waadt sperrten die Baustellen nur für ein paar Tage, aber die Einhaltung der Hygienevorschriften wird häufig kontrolliert. Diese Massnahmen führten zu Beginn des Lockdowns zu einer hohen Unsicherheit im Bausektor. Es war zeitweise unklar, ob die Baustellen landesweit geschlossen werden und wie streng und regelmässig sie inspiziert werden.

Hoher Kurzarbeitsanteil im Bausektor

Die Zahl der Kurzarbeitsanträge stieg in der Gesamtwirtschaft im April auf 1.8 Millionen. Zum Vergleich: Während der Finanzkrise befanden sich 92 000 Beschäftigte in Kurzarbeit. Im Baugewerbe lagen bis April für 51% der Beschäftigten Kurzarbeitsgesuche vor (siehe Grafik G 7). Einzig im Gastgewerbe ist der Anteil mit 76% noch höher. Der Schweizer Durchschnitt liegt bei 36%. In der Vergangenheit wurde von 80% der Kurzarbeitsanträge tatsächlich Gebrauch gemacht. Der hohe Anteil der Gesuche im Baugewerbe könnte mit der grossen Unsicherheit betreffend Baustellenschliessungen zusammenhängen.

Kurzarbeitsanträge

In allen Sektoren der Schweizer Wirtschaft hat sich die konjunkturelle Lage im April stark eingetrübt (siehe Grafik G 8). Das KOF Konjunkturbarometer verzeichnete den stärksten monatlichen Rückgang seit Beginn der Berechnung des Indikators. Die grösste Abnahme des Saldos der Geschäftslage verzeichneten die Dienstleister und das Gastgewerbe. Auch die Bauunternehmen wurden hinsichtlich der Wirtschaftslage pessimistischer. Der Geschäftslageindikator für das Baugewerbe sank im April auf 4 Punkte gegenüber 34 Punkten im März (saisonbereinigt). Am deutlichsten verschlechterte sich die Geschäftslage bei den Tiefbauunternehmen.

Geschäftslageindikator

Unsicherheiten könnten etwas gesunken sein

Vorläufige Ergebnisse für den Mai deuten jedoch darauf hin, dass sich die Geschäftslage im Baugewerbe seitwärts bewegt hat, während sie im Verarbeitenden Gewerbe weiter rückläufig ist. Zudem haben sich die Erwartungen der Bauunternehmen hinsichtlich der Geschäftslage in den nächsten sechs Monaten im Vergleich zum April wieder aufgehellt (siehe Grafik G 9). Dies könnte ein Zeichen dafür sein, dass sich die Unsicherheiten, die zu Beginn des Lockdowns herrschten, etwas reduziert haben.

Der Rückgang im Bausektor ist jedoch weniger ausgeprägt als in den anderen Sektoren der Schweizer Wirtschaft. Zudem hat sich das Baugewerbe in den letzten Jahren sehr gut entwickelt, so dass die Bilanz der laufenden Geschäftslage trotz des Rückgangs immer noch im positiven Bereich liegt. Grosse Projekte verzögern sich aufgrund von Hygieneeinschränkungen, werden aber – nach aktuellem Wissensstand – trotzdem realisiert und der Auftragsbestand der Bauunternehmen ist solide.

Erwartete Geschäftslage

Wirtschaftlicher Ausblick

Die Prognose für den Bausektor wurde erheblich nach unten revidiert. Die KOF rechnet derzeit mit einem Rückgang der realen Bauinvestitionen um -2% im Jahr 2020, gefolgt von -1,4% im Jahr 2021. Die Rezession im Bausektor ist weniger stark ausgeprägt als in der Gesamtwirtschaft, aber die Erholung dürfte länger dauern.

Besonders der industriell-gewerbliche Bau sowie der Wohnungsbau dürften leiden. Der Tiefbausektor könnte robuster sein – dank zwei Infrastrukturfonds, welche die Finanzierung der Schweizer Infrastruktur langfristig sicherstellen (Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrsfonds [NAF] und Bahninfrastrukturfonds [BIF]). Ziel dieser beiden Fonds ist es, die Infrastrukturinvestitionen unabhängig von konjunkturellen Einflüssen auf den Bundeshaushalt zu machen. Daher dürften die hohen fiskalischen Ausgaben nur einen geringen Einfluss auf die Kapazität zur Finanzierung künftiger Infrastrukturprojekte haben.

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