trendEcon: Tägliche Wirtschaftsindikatoren basierend auf Schweizer Google-Suchtrends

Wegen COVID-19 verändert sich die Wirtschaft viel schneller als normalerweise. Um die rasanten Veränderungen zu erfassen, hat ein Team von Forschenden neue Wirtschaftsindikatoren entwickelt, die auf Google-Suchtrends basieren. Der Indikator für die wahrgenommene Wirtschaftslage ist in den letzten Wochen stärker abgestürzt als während der Finanzkrise. Einzelne Indikatoren des Privatkonsums haben bereits das Vorkrisenniveau erreicht, während sich andere noch nicht erholt haben.

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Aufgrund der COVID-19-Pandemie verändert sich die wirtschaftliche Situation momentan schneller und heftiger als üblich. Gängige Wirtschaftsindikatoren sind oft nur mit einer Verzögerung von mehreren Monaten verfügbar. Sie liefern daher wenig Aufschluss über die Auswirkungen der einschneidenden gesundheits- und wirtschaftspolitischen Massnahmen auf die wirtschaftliche Aktivität. Vor diesem Hintergrund entstand das Projekt trendEcon, das eine Reihe von Wirtschaftsindikatoren für die Schweiz, basierend auf Google-Suchtrends, erstellt. Diese Indikatoren werden täglich aktualisiert und liefern EntscheidungsträgerInnen in Politik und Wirtschaft zeitnahe Informationen über das Konsumverhalten und die Wahrnehmung der Wirtschaftslage in der Bevölkerung.

Suchanfragen bei Google sagen viel über die wahrgenommene wirtschaftliche Situation und die Nachfrage nach bestimmten Produkten und Dienstleistungen aus. Wenn Leute arbeitslos werden oder Sorge um ihren Arbeitsplatz haben, suchen sie beispielsweise nach Wörtern wie «arbeitslos». Wer Kleider kaufen will, tippt wahrscheinlich den Namen von Modegeschäften wie «H&M» oder «Zara» ein. So verraten uns Veränderungen der relativen Suchvolumina etwas über die Veränderung der Arbeitslosigkeit oder die Nachfrage nach Konsumgütern.

Die Methode hinter den Indikatoren

Ein Team von KOF-Forschenden und ÖkonomInnen aus anderen Institutionen hat in ihrer Freizeit insgesamt sieben Indikatoren erstellt. Zuerst wurden für jeden Indikator passende Suchbegriffe gesammelt. Dabei kommen zu jedem Thema zahlreiche Suchbegriffe infrage. Doch teilweise sind die Suchvolumina zu klein oder gewisse Begriffe sind nicht während des gesamten Analysezeitraums existent oder gleich populär. Da sich bei den französischen Begriffen ähnliche Resultate ergaben wie bei den deutschen, die französischen Wörter aber eher unter dem Problem zu kleiner Suchvolumina litten, wurden nur deutsche Wörter verwendet.

Die geeigneten Suchbegriffe und deren tägliche Suchvolumina wurden von Google Trends heruntergeladen. Die Daten wurden saisonbereinigt, was beispielsweise auch eine Korrektur für den Wochentag beinhaltet, da das Suchverhalten am Wochenende anders ist als an Arbeitstagen. Anschliessend wurde zur Erstellung der Indikatoren die erste Hauptkomponente der Daten gezogen, was bedeutet, dass pro Indikator die aussagekräftigste lineare Kombination der Variablen verwendet wird.

Wahrgenommene Wirtschaftslage verschlechtert sich deutlich

Der Hauptindikator, die wahrgenommene Wirtschaftslage, enthält Suchbegriffe wie z.B. «Wirtschaftskrise» oder «Insolvenz». Diese spiegeln die Sorgen der Bevölkerung über die Wirtschaft und ihre persönliche Situation wider. Der Vergleich mit dem vierteljährlichen Wirtschaftswachstum (Bruttoinlandprodukt, BIP) und dem Index der Konsumentenstimmung des Staatssekretariats für Wirtschaft (SECO) in Grafik 9 bestätigt, dass der Indikator die makroökonomische Entwicklung gut abbildet. Dies zeigt sich beispielsweise beim Einbruch durch die Finanzkrise 2008/09 und der darauf folgenden Erholung. Der Fall des Indikators im Frühjahr 2020 ist gemäss den provisorischen Daten ausgeprägter als während der Finanzkrise.

Google-Trends

Privater Konsum: Einzelne Indikatoren haben sich schon wieder erholt

Weitere sechs Indikatoren bilden einzelne Komponenten des privaten Konsums ab. KonjunkturprognostikerInnen interessieren sich für die Entwicklung der Konsumausgaben, da die Ausgaben von Privatpersonen in der Schweiz über die Hälfe des verwendungsseitigen BIP ausmachen. Zudem ist der private Konsum in dieser Krise aufgrund der Schliessung von Restaurants, Geschäften, Kinos etc. besonders stark und in aussergewöhnlicher Weise von der Angebotsseite her eingeschränkt.

Die vier Konsumindikatoren in Grafik 10 zeigen den starken Einbruch seit der Ausrufung der ausserordentlichen Lage am 16. März 2020. Der Indikator der Auslandreisen hat bereits Ende Februar nachgegeben. Seit einigen Tagen zeichnet sich jedoch eine Erholung ab. Der Indikator für Kleider und Schuhe ist zwar zeitweise eingebrochen, aber hat sich inzwischen wieder auf das Vorkrisenniveau erholt.

Der starke Rückgang des Suchvolumens nach kulturellen Veranstaltungen wie Theater oder Konzerten überrascht nicht. Hier wird es spannend sein, die künftige Entwicklungen zu verfolgen: Werden die Leute nach der Lockerung oder Aufhebung der Sperrmassnahmen sofort kulturelle Veranstaltungen im gleichen Umfang wie vor der Krise nachfragen oder wird aus Angst vor Ansteckung für eine gewisse Zeit abgewartet? Vielleicht erhöht sich auch die Nachfrage, da das Bedürfnis nach sozialem Konsum gross ist – oder aber das kulturelle Konsumverhalten ändert sich dauerhaft. Auch der Verlauf des Indikators Uhren und Schmuck liefert wertvolle Informationen über die Konsumlaune der Bevölkerung. Wirtschaftliche Unsicherheiten reduzieren in der Regel die Nachfrage nach teuren Anschaffungen und Luxuskonsumgütern.  

Indikatoren

Mehr Informationen zur Methode, weitere Indikatoren, interaktive Grafiken und die Daten sind auf externe Seitewww.trendecon.org verfügbar. Die Indikatoren entstanden aus einer unbezahlten Zusammenarbeit zwischen ÖkonomInnen der Data Consulting Firma externe Seitecynkra, der KOF Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich, der externe SeiteAbteilung Konjunkturprognosen des Staatssekretariats für Wirtschaft (SECO), des externe SeiteSchweizerischen Gewerkschaftsbundes und der externe SeiteUniversität St. Gallen. Eine Liste aller Beteiligten findet sich auf der externe SeiteTeamseite.  

Kontakte

Nina Mühlebach
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  • +41 44 633 86 09

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Dr. Vera Eichenauer
Dozentin am Departement Geistes-, Sozial- und Staatswissenschaften
  • LEE G 120

Professur f. Wirtschaftsforschung
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8092 Zürich
Schweiz

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