In welchen Ländern und Städten am meisten Patente angemeldet werden

Eine neue Datenbank ermöglicht es, weltweite Patentanmeldungen geografisch zu verorten. So lassen sich Technologiecluster analysieren und die Patenttätigkeiten von Ländern und Städten vergleichen. Auch für die Politik sind die Daten relevant.

Wo werden neue Erfindungen gemacht? Um diese Frage zu beantworten, haben Forschende der KOF gemeinsam mit dem «Chair of Innovation and IP Policy» der EPF Lausanne einen Datensatz mit weltweiten Patentanmeldungen erstellt.1 In einem nächsten Schritt wurden den Adressen der Erfinderinnen und Erfinder sowie der anmeldenden Firmen und Universitäten geografische Koordinaten zugeordnet («Geokodierung»). Der Datensatz enthält geografische Koordinaten sowie die dazugehörigen Städte und Regionen, in denen sich die Adresse befindet.

Die Datenbank ermöglicht beispielsweise die Identifizierung aller patentierten Erfindungen von Erfinderinnen und Erfindern mit Sitz in Zürich oder im Kanton Schwyz. Insgesamt wurden 7 Millionen Erfinder- und Anmelderadressen aus 19 Millionen Patentdokumenten gesammelt und geokodiert sowie 46 Ländern und circa 50 000 Städten zugeordnet. Grafik G1 zeigt die Erfinderkoordinaten für Patentanmeldungen mitteleuropäischer Länder auf einer Karte.

Originaldaten der wichtigsten Patentämter der Welt

Bisher gab es keine umfassende Datenbank, die genaue Standortinformationen von weltweiten Patentdaten enthält. Für dieses Projekt wurden Originaldaten der fünf grössten Patentämter gesammelt (Patentämter der USA, Europas, Japans, Chinas und Südkoreas). Zusätzlich wurden die Daten mit Adressen von drei nationalen, europäischen Patentämtern ergänzt (Patentämter in Deutschland, im Vereinigten Königreich und in Frankreich). Obwohl keine weiteren Daten von Patentämtern kleinerer Länder einflossen, konnte eine sehr gute Abdeckung auch für kleinere europäische Länder erreicht werden.

Das liegt vor allem daran, dass die kleinen, aber wirtschaftlich erfolgreichen Länder stark internationalisiert sind, was sich auch in ihren Patentanmeldungen niederschlägt. So werden viele Patente nicht nur beim nationalen Patentamt angemeldet, sondern gleichzeitig auch bei Patentämtern grösserer Länder (z.B. in Deutschland oder in den USA) oder beim Europäischen Patentamt, welches das Anmeldeverfahren innerhalb Europas vereinheitlicht. So konnten Adressinformationen für kleinere Länder aus den Anmeldungen bei anderen Patentämtern ergänzt werden.

Daten für Forschende und Entscheidungsträger

Der Datensatz richtet sich in erster Linie an Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die sich mit Innovationsökonomik und Wirtschaftsgeografie beschäftigen. Genaue Standortdaten ermöglichen zum Beispiel eine feine Messung von Transport- und Kommunikationskosten, die durch die räumliche Distanz zwischen Kooperations- und Handelspartnern entstehen. Eine weitere Anwendung liegt in der Analyse von Technologieclustern. So gibt es etwa wenig Evidenz über die Entstehung solcher Cluster in aufstrebenden Märkten wie China.

Präzise geografische Informationen über die Erfindungstätigkeiten sind aber auch für politische Entscheidungsträger sehr wichtig, da diese zunehmend an Standortentscheidungen von Unternehmen und hoch qualifizierten Arbeitskräften interessiert sind. Zu diesem Zweck ist es wichtig, zu wissen, wo sich die bedeutendsten Innovationszentren befinden. Der vorliegende Datensatz ermöglicht die Erstellung von genauen Technologieprofilen für jede Region und Stadt, so dass Vergleiche zwischen Regionen und Städten vereinfacht werden.

Der resultierende Datensatz ist frei verfügbar (siehe Link unten). Er enthält eine Identifikationsnummer, mit der jede Patentanmeldung identifiziert werden kann, sowie die Koordinaten des Wohnorts des Erfinders, die dazugehörige Stadt und das Land.

Japan und China verzeichnen am meisten Patentanmeldungen

Die einzige nicht asiatische Agglomeration unter den zehn grössten Patentanmeldern weltweit ist der «Santa Clara»-County, in dem das Silicon Valley liegt (siehe Tabelle T1). Die erste europäische Stadt findet sich erst auf Platz 46 (München). Generell ist es jedoch schwierig, asiatische Länder mit europäischen zu vergleichen, da in China Patentanmeldungen vom Staat subventioniert werden und auch die Patentsysteme nicht direkt miteinander kompatibel sind. Betrachtet man die Entwicklung in Asien über die Zeit, ist es dennoch beachtlich, welch gigantische technologische Entwicklung in China stattgefunden hat: 1990 verzeichnete die Volksrepublik gerade mal 5200 neue Patentanmeldungen, 2010 waren es ca. 250 000.

In Europa sind die Städte mit den meisten Patentanmeldungen München und – je nach betrachtetem Zeitfenster – Paris oder Stuttgart. Die europäische Patentstatistik wird sehr stark von deutschen Städten dominiert (siehe Tabelle T2). Auf Platz 11 der europäischen Städte mit den meisten Patentanmeldungen liegt Helsinki, auf Platz 12 Zürich.

Eine detaillierte Datenbeschreibung findet sich hier:

externe Seitede Rassenfosse, Gaétan; Jan Kozak, and Florian Seliger (2019): Geocoding of worldwide patent data, Scientific Data 6(260), https://doi.org/10.1038/s41597-019-0264-6.

Auf den Datensatz kann über die Website der KOF zugegriffen werden.

Verschiedene Visualisierungen für verschiedene Länder und Kontinente können auf der externe SeiteProjekt-Homepage angesehen werden.

1) Dieses Projekt wurde vom Schweizerischen Nationalfonds SNF gefördert.

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