Industrie bremst die Konjunktur im Euroraum

Der Welthandel schrumpfte im 2. Quartal 2019 annualisiert um fast 3% gegenüber dem Vorquartal. Vor allem die exportabhängige deutsche Wirtschaft leidet unter der verhaltenen weltweiten Nachfrage und der konjunkturellen Schwäche in China. Auch in Italien ist eine schwache Konjunktur zu beobachten. Die Lage auf dem europäischen Arbeitsmarkt hat sich dessen ungeachtet verbessert.

Die internationalen konjunkturellen Rahmenbedingungen für die Schweiz haben sich in den vergangenen Monaten deutlich verschlechtert. Die Produktionsausweitung im Euroraum schwächte sich im 2. Quartal 2019 ab, während in den USA und in Japan die hohen Zuwachsraten des 1. Quartals nicht gehalten werden konnten (siehe G 2). Insgesamt schrumpfte der Welthandel im 2. Quartal dieses Jahres um fast 3%. Neben der chinesischen Nachfrageschwäche und dem internationalen Handelskonflikt dürften freilich auch die im Vorquartal vorgenommenen Vorbereitungen der Firmen auf einen möglichen harten Brexit anschliessend einen dämpfenden Effekt auf den Welthandel gehabt haben.

Die gesamtwirtschaftliche Produktion im Euroraum legte im 2. Quartal 2019 mit 0.8% etwas weniger stark zu als noch zu Beginn des Jahres (siehe G 3). Die verhaltene weltweite Nachfrage und die konjunkturelle Schwäche in China machten insbesondere der exportabhängigen deutschen Wirtschaft zu schaffen. Eine schwache Konjunktur lässt sich auch in Italien feststellen. Zwar hält sich die exportorientierte und industrielastige italienische Wirtschaft angesichts des aktuellen weltwirtschaftlichen Umfelds derzeit verhältnismässig gut. Die italienische Wirtschaft hat sich aber noch nicht ganz von der Rezession im zweiten Halbjahr 2018 erholt.

Welt : Regionale Beiträge zum BIP-Zuwachs

Im Gegensatz zu Deutschland und Italien zeigte sich in Frankreich eine robuste, von einer kräftigen Binnennachfrage gestützte gesamtwirtschaftliche Expansion. Hierbei dürften auch fiskalische Impulse eine Rolle gespielt haben, die lanciert wurden, um die landesweiten Proteste gegen geplante Steuererhöhungen auszubremsen. Im restlichen Euroraum zeigten insbesondere die baltischen Staaten, Portugal und die Niederlande eine robuste konjunkturelle Dynamik. Auch in Spanien wird die Konjunktur vom privaten Konsum gestützt, angetrieben von hohen Reallohnzuwächsen, einer abnehmenden Sparquote und sinkender Arbeitslosigkeit.

Euroraum : Regionale Beiträge zum BIP-Zuwachs

Lage auf dem Arbeitsmarkt im Euroraum verbessert sich, Inflation bleibt niedrig

Die Lage auf dem europäischen Arbeitsmarkt hat sich ungeachtet des konjunkturellen Abschwungs weiter verbessert. Dies hat primär mit dem konjunkturellen Nachlauf des Arbeitsmarkts zu tun. Es ist aber auch ein Indiz dafür, dass die Reformanstrengungen während der Krisenjahre Früchte tragen. Die Arbeitslosenquote im Euroraum insgesamt lag im Sommer mit 7.5% einen halben Prozentpunkt tiefer als noch vor einem Jahr. Am niedrigsten ist sie nach wie vor in Deutschland mit 3%, aber auch in den ehemaligen Krisenstaaten Italien (9.9%), Spanien (13.9%) und Griechenland (17.2%) werden weiterhin Fortschritte verzeichnet (siehe G 4).

Die Inflation lag im August bei 1% und damit gut einen Prozentpunkt tiefer als noch vor einem Jahr, was unter anderem auf den Rückgang der Energiepreise zurückzuführen ist. Für das laufende Jahr rechnet die KOF mit einer Rate von 1.2%, gefolgt von 1.3% und 1.5% in den Jahren 2020 und 2021. Damit liegt die Teuerung im Euroraum weiterhin deutlich unter dem Inflationsziel der Europäischen Zentralbank (EZB) von nahe bei, aber unter 2%. Als Folge hat der abtretende EZB-Präsident Mario Draghi die Geldpolitik im September nochmals leicht expansiver ausgerichtet und den Einlagezinssatz um 10 Basispunkte auf -0.5% gesenkt sowie neuerliche Anleihenankäufe angekündigt.

Arbeitslosenquote im Euroraum

Abwärtsrisiken prägen den Ausblick

Die wirtschaftspolitische Unsicherheit bleibt sehr hoch und dürfte in den kommenden Monaten kaum abnehmen. So ist nach wie vor unklar, wann, ob und unter welchen Umständen das Vereinigte Königreich die EU verlassen wird. Zudem besteht das Risiko einer Eskalation des Handelskonflikts der USA mit China. Wird in den kommenden Monaten keine Einigung erzielt, könnten bis Ende des Jahres sämtliche US-Warenimporte aus China mit Zöllen von bis zu 30% belegt sein. Auch der Handelskonflikt zwischen den USA und der EU trägt zur Unsicherheit bei. Im November soll entschieden werden, ob die USA Schutzzölle auf europäische Automobilexporte einführen wird.

Die wirtschaftspolitische Unsicherheit dämpft die globale Konjunktur. Bis Ende 2020 dürfte das internationale Umfeld der Schweiz – gemessen an der Weltproduktion und gewichtet mit Schweizer Exportanteilen – nur noch halb so schnell zulegen wie während der Hochkonjunktur im Jahr 2017. Aufgrund des sinkenden Auslastungsgrads weltweit dürfte auch die Inflationsdynamik im Prognosezeitraum etwas nachlassen. Einen weiteren Risikofaktor stellt hierbei die Situation im Nahen und Mittleren Osten dar. Im Falle einer Eskalation der Spannungen am Persischen Golf besteht die Gefahr rapide steigender Energiepreise und zusätzlich erhöhter geopolitischer Unsicherheit, was die Konjunktur weltweit beeinträchtigen würde.

Eine ausführliche Version der KOF Konjunkturprognose finden Sie Downloadhier.

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Dr. Heiner Mikosch
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