Höhere Steuern und ihr Einfluss auf Investitionen: Evidenz aus Europa

Die Auswirkungen von Steuern auf Firmeninvestitionen sind sehr heterogen. Dieser Beitrag zeigt, dass sich die Effekte zwischen unternehmer- und managergeführten Unternehmen stark unterscheiden. Auch die Dividendenbesteuerung hat nicht auf alle Unternehmen dieselben Auswirkungen.  

Unternehmen unterscheiden sich in vielerlei Hinsicht. Es gibt viele kleine und wenige grosse. Bei unternehmergeführten Firmen sind die Eigentumsverhältnisse konzentriert. Bei grossen, managergeführten Unternehmen hingegen sind die Eigentumsverhältnisse typischerweise zersplittert . Angesichts dieser Unterschiede kann angenommen werden, dass verschiedene Unternehmen auch unterschiedlich auf Steuerbelastungen reagieren.

Die Heterogenität der Unternehmen spielt für die politischen Entscheidungsträger eine grosse Rolle, da die Unternehmensbesteuerung einige Firmen stärker trifft als andere. Aus diesem Grund bieten die meisten Länder etwa steuerliche F&E-Anreize zur Förderung von Innovationen und Wachstum.

Steuerpolitik sollte Kapitalverlagerung unterstützen

Zu finanziellen Engpässen kommt es in der Regel bei jungen, innovativen Unternehmen, bei denen ein hoher Investitions- und Finanzierungsbedarf mit geringen Eigenmitteln einhergeht. Diese Unternehmen erzielen tendenziell eine höhere Kapitalrendite. Grosse, kapitalkräftige Unternehmen kennen diese Schwierigkeiten offensichtlich nicht und können sogar unter Überinvestitionen leiden. Anstatt alle Unternehmen einheitlich zu behandeln, sollte es der Steuerpolitik darum gehen, die Kapitalverlagerung von weniger profitablen zu profitableren Unternehmen zu unterstützen, die Dividendenausschüttung in Grossunternehmen zu fördern und kleinen, wachstumsstarken Unternehmen selektive Steuererleichterungen zu gewähren. In all diesen Fällen würde eine zielgerichtete Herangehensweise per Definition einige Unternehmen anders behandeln als andere.

In dieser Studie wurde ein analytischer Rahmen entwickelt, der die Investitionen eines Unternehmens systematisch mit seinen organisatorischen und finanziellen Rahmenbedingungen in Beziehung setzt. Die Analyse verdeutlicht, dass unternehmer- und managergeführte Firmen mit sehr unterschiedlichen finanziellen Rahmenbedingungen operieren und sich auch innerhalb jeder Gruppe durch die Verfügbarkeit von Eigenmitteln im Verhältnis zum Investitionsbedarf unterscheiden.

Die Ergebnisse dieser Studie stammen aus einem Panel von 35 092 Unternehmen aus 17 verschiedenen europäischen Ländern für die Jahre 2004 bis 2012. Die Grafik G 2 zeigt, dass Investitionen empirisch immer vom Vorhandensein von Eigenmitteln abhängen, wenn auch in unterschiedlichem Masse. Die theoretische Analyse impliziert, dass selbst kapitalstarke Unternehmen, die bei der Finanzierung von Investitionen und der Aufnahme von Fremdkapital keine Probleme haben sollten, aus steuerlichen Gründen leicht eingeschränkt werden. Im Gegensatz dazu ist der Einfluss eines noch höheren Liquiditätsgrads auf steuerlich eingeschränkte, unternehmergeführte Unternehmen mehr als doppelt so gross. Es wurde zudem eine stark eingeschränkte Gruppe identifiziert, die nicht nur keine Dividenden zahlt, sondern auch ihre Verschuldungskapazität zur Aufnahme zusätzlichen Fremdkapitals ausgeschöpft hat.

Marginale Effekte einer Erhöung des Liquiditätsgrads auf Eigenmittel

Unternehmenssteuern wirken sich bei allen Unternehmenstypen negativ aus

Die Schätzungen in Grafik 3 veranschaulichen die unterschiedliche Steuersensitivität von Firmeninvestitionen. Der erste, hell schattierte Balken in jeder Gruppe bezieht sich auf die Unternehmensbesteuerung, der zweite, dunkel schattierte Balken auf die Dividendenbesteuerung.

Unternehmenssteuern wirken sich bei allen Unternehmenstypen negativ auf Investitionen aus. Der Effekt ist bei unternehmergeführten Firmen, bei denen die geschätzten Koeffizienten zwischen 40 und 70% höher liegen, grösser als bei managergeführten Firmen. Eine Erhöhung der Unternehmenssteuern um 10% würde die Investitionen von kapitalschwachen Unternehmerfirmen halbieren.

Marginale Effekte einer Erhöhung der Körperschafts- und Dividendensteuern auf Eigenmittel

Was die Dividendenbesteuerung angeht, hat diese signifikant negative Auswirkungen auf die Investitionen von kapitalschwachen, unternehmergeführten Firmen und nicht dividendenzahlenden, managergeführten Firmen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Analyse eine erhebliche Heterogenität in der steuerlichen Sensitivität von Unternehmensinvestitionen feststellt. Politische Massnahmen könnten gezielte Steuererleichterungen für die am stärksten eingeschränkten Unternehmen umfassen, wenn andere Massnahmen die Probleme beim Zugang zu Fremdkapital nicht lösen oder unpraktisch sind.

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1 In dieser Studie wurden Unternehmen als unternehmergeführt klassifiziert, wenn der grösste Eigentümer einen Anteil von mehr als 50% hält (61% aller Unternehmen in der Stichprobe). Managergeführte Unternehmen werden von professionellen Managerinnen und Managern geleitet und von einem Vorstand verwaltet.

Eine ausführliche Version dieses Beitrags ist auf der externe SeiteÖkonomenstimme zu finden.
 

Literatur

Chetty, R. and E. Saez (2005): Dividend Taxes and Corporate Behaviour: Evidence from the 2003 Dividend Tax Cut. Quarterly Journal of Economics 120, 791-833.

Egger, P., K. Erhardt, and C. Keuschnigg (2018): Heterogeneous Tax Sensitivity and Firm-Level Investments. CEPR Discussion Paper Nr. 13341.

Yagan, D. (2015): Capital Tax Reform and the Real Economy: The Effects of the 2003 Dividend Tax Cut. American Economic Review 105, 3531-3563.

Zwick, E. and J. Mahon (2017): Tax Policy and Heterogeneous Investment Behavior. American Economic Review 107, 217-248.

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