Berufsmaturität II: Mehr Selbststudium führt öfter zum Abbruch, aber zur gleichen Note

KOF-Forschende haben untersucht, welchen Einfluss das Selbststudium auf die Abschlusswahrscheinlichkeit eines Lehrgangs zur Berufsmaturität II hat. Es zeigt sich, dass die Ausbildung bei einem höheren Anteil Selbststudium öfter abgebrochen wird. Bei den Abschlussnoten findet sich hingegen kein Unterschied.

Studentin

Die Anzahl Berufsmaturitätsabschlüsse hat sich zwischen 2000 und 2018 von ungefähr 6500 auf gut 14 000 mehr als verdoppelt (Bundesamt für Statistik BFS, 2018). Dabei kann man zwischen den Berufsmaturitäten I und II unterscheiden. Während erstere parallel zum Eidgenössischen Fähigkeitszeugnis (EFZ) erworben wird, finden Lehrgänge für die Berufsmaturität II erst nach Abschluss des EFZ statt. Dabei gewinnt die Berufsmaturität II zunehmend an Bedeutung (BFS, 2019).

Die Institution, welche die vorliegende Studie in Auftrag gab, bietet drei Möglichkeiten an, um die Berufsmaturität II zu erlangen. Die erste Möglichkeit dauert zwei Jahre und besteht aus einem reinen Selbststudium, bei welchem die Studierenden den Stoff selbständig zu Hause erarbeiten. Die zweite Möglichkeit – ein langer, 18-monatiger, integrierter Lehrgang – kombiniert eigenständiges Selbststudium mit einem Tag Unterricht im Klassenverband pro Woche. Der Anteil Selbststudium in diesem Lehrgang beträgt rund 70%. Die dritte Möglichkeit – ein kurzer, 12-monatiger, integrierter Lehrgang – ist die kürzeste. Dabei verbringen Studierende zwei Tage pro Woche im Klassenzimmer und der Anteil Selbststudium beträgt knapp 50%.

Unterschiede kommen im ersten Semester zustande

Die Lehrgänge unterscheiden sich also substanziell in Bezug auf den Anteil Selbststudium. Das wirft die Frage auf, ob ein hoher Anteil Selbststudium zielführend ist – das heisst, die Studierenden derart vorbereitet sind, dass sie die Berufsmaturität erfolgreich erwerben können. Dieser Fragestellung gehen KOF-Forschende anhand von administrativen Daten der untersuchten Weiterbildungsinstitution nach. Die Daten umfassen alle Studierende, welche zwischen 2007 und 2018 an dieser Schule die Berufsmaturität II begonnen haben, wobei die Daten der Studierenden im Selbststudium nur bis ins Jahr 2012 zurückreichen.

Die linke Seite der Grafik G 2 zeigt, dass im kurzen, integrierten Lehrgang 78% der Studierenden ihre Berufsmaturität abschliessen. Beim langen, integrierten Lehrgang liegt der Anteil der erfolgreichen Abschlüsse leicht tiefer, bei 73%. Die statistischen Analysen zeigen, dass dieser Unterschied im ersten Semester zustande kommt, während es danach keinen Unterschied zwischen den Abschlusswahrscheinlichkeiten mehr gibt. Beim reinen Selbststudium liegt der Anteil der Studierenden, welche die Berufsmaturität abschliessen, um einiges tiefer. Lediglich 38% dieser Studierenden beenden den Lehrgang erfolgreich.

Abschlussanteil und -note nach Ausbildungsmöglichkeit

Die rechte Seite der Grafik G2 bildet den Zusammenhang des Anteils Selbststudium mit der Abschlussnote ab. Die durchschnittliche Abschlussnote ist mit 4.7 im kurzen respektive 4.8 im langen, integrierten Studium praktisch identisch. Für das Selbststudium liegen diese Daten nicht vor. Die Resultate ändern sich nicht, wenn man Unterschiede in den beobachtbaren Charakteristiken wie zum Beispiel Geschlecht, erste erzielte Noten oder Distanz zwischen Schul- und Wohnort berücksichtigt.

Ein Vergleich der Ergebnisse der integrierten Lehrgänge mit den durchschnittlichen Resultaten von Lehrgängen mit kleinem Selbststudiumsanteil im Kanton Zürich zeigt ein ähnliches Bild (BFS, 2018). Während die Abschlusswahrscheinlichkeit in den integrierten Lehrgängen am untersuchten Institut tiefer ist als bei den Zürcher Lehrgängen, weisen die Abschlussnoten kaum Unterschiede auf. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass Unterschiede in den Charakteristika der Studierenden nicht berücksichtigt werden können.

Hoher Anteil Selbststudium erfordert mehr Disziplin

Diese Resultate suggerieren, dass ein höherer Selbststudiumsanteil öfter zu einem Ausbildungsabbruch führt. Da aber die erzielten Noten nicht tangiert werden, scheint der Selbststudiumsanteil keinen Einfluss auf die Ausbildungsqualität auszuüben. Dies lässt sich dahingehend interpretieren, dass ein hoher Anteil Selbststudium mehr Disziplin erfordert, da sich die Studierenden weniger in einem Klassenverband eingebunden fühlen. Als Folge davon brechen mehr Studierende die Ausbildung ab.

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