Ausländisches Wissen spielt wichtige Rolle für Schweizer Unternehmen

Im Ausland generiertes Wissenskapital kann zur Innovationskraft und Produktivität von Schweizer Unternehmen beitragen. Das zeigt eine neue Studie von KOF-Forschern. Allerdings hängen die Effekte von der Unternehmensgrösse, der Höhe der Umsätze und den Qualifikationen der Mitarbeitenden ab.

Laborantin

Neue technologische Entwicklungen, innovative Produkte und Dienstleistungen sind wesentlich für die internationale Wettbewerbsfähigkeit von Schweizer Unternehmen. Deshalb ist es wichtig, besser zu verstehen, welche Faktoren Unternehmen innovativer machen und wie Anreize für innovatives Verhalten geschaffen werden.

In einer neuen Studie untersuchen Spyros Arvanitis, Florian Seliger und Martin Wörter, welchen Einfluss technologisches Wissen – insbesondere internationales Wissen – auf die Unternehmensperformance hat. Die Autoren unterscheiden zwei Typen von Wissenskapitalstöcken1: Solche, die mit Hilfe von Forschenden im Ausland generiert wurden, und solche, die ausschliesslich von Forschenden in der Schweiz aufgebaut wurden. Auf dieser Grundlage untersuchen sie drei Fragen:

  1. Hat die Erhöhung der Wissenskapitalstöcke insgesamt einen Einfluss auf die Innovationsleistung (Umsatz neuer, innovativer Produkte) und die Produktivität eines Unternehmens?
  2. Unterscheiden sich diese Effekte für ausländisches und inländisches Wissen?
  3. Über welche möglichen Kanäle können die zwei Kategorien von Wissenskapital auf die Produktivität wirken?

F&E-Aktivitäten im Ausland nehmen zu

Eine wichtige Quelle ausländischen Wissens sind die Tochterfirmen schweizerischer Unternehmen im Ausland. Laut dem Bundesamt für Statistik hat sich der Aufbau von F&E-Aktivitäten im Ausland durch Schweizer Unternehmen seit Mitte der 80er Jahre beschleunigt. Dafür verantwortlich ist zu einem grossen Teil die Pharmaindustrie. Gemäss den Angaben der KOF Innovationsumfrage erhöhte sich der Anteil der forschungsorientierten Unternehmen mit F&E-Aktivitäten im Ausland zwischen 2002 und 2015 von 10% auf 18%.

Allerdings ging gleichzeitig der Anteil aller F&E-treibenden Firmen in der Schweiz von rund 30% auf 14% zurück. Die F&E-Neigung entwickelt sich im In- und Ausland also gegenläufig – eine Tendenz, die für die Zukunft des Forschungsstandortes Schweiz eher beunruhigend ist. Weitere Quellen von innovationsrelevantem Wissen sind Kooperationen (etwa in Form von Joint Ventures oder Vereinbarungen) und F&E-Aufträge.

Positiver Effekt nur mit hoch qualifizierten Angestellten

In einem ersten Schritt untersuchten die Autoren, ob und wie stark die zwei Typen des Wissenskapitals den kommerziellen Erfolg neuer, innovativer Produkte beeinflussen. Sie finden, dass ein höheres Wissenskapital auch die Umsätze mit neuen oder modifizierten Produkten eines Unternehmens in der Schweiz signifikant erhöht. Dieser Gesamteffekt wird jedoch vom internationalen und nicht vom inländischen Wissenskapital getrieben.

Ausserdem zeigen die Autoren, dass das Wissenskapital insgesamt in einem positiven und signifikanten Zusammenhang zur Produktivität eines Unternehmens steht. Allerdings zeigen sich hier keine signifikanten Effekte für das ausländische Wissenskapital. Die Wirkung des internationalen Wissenskapitalstocks wird aber signifikant positiv, wenn es dem Unternehmen gelingt, ein neues, innovatives Produkt mit relativ hohen Umsätzen hervorzubringen. Dagegen ist der positive Effekt des inländischen Wissensstocks auf die Kombination mit hoch qualifizierten Angestellten angewiesen. Das heisst: Nur wenn in einem Unternehmen beide Komponenten vorhanden sind – eigener Wissensstock und formal gut ausgebildete Mitarbeiter –, zeigt sich der positive Produktivitätseffekt.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Unternehmensgrösse. Signifikant positive Effekte des internationalen Wissenskapitals zeigen sich nur für grosse Firmen mit mehr als 250 Beschäftigten. Grosse Unternehmen verfügen in der Regel über sogenannte «complementary assets» (etwa internationales Marketing, Vertriebskanäle) sowie grössere finanzielle Ressourcen, die positiv auf die Vermarktung innovativer Produkte wirken. Darüber hinaus steigt mit der Grösse die Wahrscheinlichkeit der internationalen Ausrichtung der Unternehmung, womit sie von der Fixkostendegression profitiert – also hohe, fixe F&E-Kosten über eine potenziell grössere Produktionsmenge verteilen kann.

Wirtschaftspolitische Massnahmen

Diese Erkenntnisse sind relevant für die Technologiepolitik. Sie zeigen, dass ausländisches Wissenskapital zur Innovationskraft und Produktivität inländischer Unternehmen beiträgt. Aus wirtschaftspolitischer Sicht könnten deshalb folgende Massnahmen sinnvoll sein:

  • Unterstützung internationaler Kooperationen zur Entwicklung neuer Technologien,
  • erleichterter Zugang zu Absatzmärkten im Ausland, vor allem für kleinere Unternehmen,
  • Schaffen von Anlaufstellen und Unterstützungsangebote für Schweizer Unternehmen auch im Ausland,
  • öffentliches Monitoring von Technologieclustern.

Eine ausführliche Version dieses Beitrags erscheint in den KOF Analysen vom 13. Juni.

1) Das Wissenskapital wird anhand der Anzahl patentierter Erfindungen gemessen (Patentanmeldungen). Die Autoren unterscheiden zwischen Erfindungen, die mit Hilfe von ausländischen Forschenden generiert wurden (ausländisches Wissenskapital), und Erfindungen ohne ausländische Beteiligung (inländisches Wissenskapital). Ermittelt werden die dafür nötigen Informationen aus Patentschriften, die teilweise Angaben zu den Wohnadressen der Forschenden enthalten. Zudem greifen die Autoren auf das KOF Unternehmenspanel zurück, das Auskunft über verschiedene Firmencharakteristiken und Leistungskennzahlen gibt.

Kontakt

Prof. Dr. Martin Wörter
Dozent am Departement Management, Technologie und Ökonomie
  • LEE F 111
  • +41 44 632 51 51

KOF Konjunkturforschungsstelle
Leonhardstrasse 21
8092 Zürich
Schweiz

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