Digitalisierungseffekt: Neue Jobs in Schweizer Unternehmen

Digitale Technologien stellen für den Arbeitsmarkt eine grosse Herausforderung dar. Eine neue Studie zeigt: Investieren Schweizer Firmen in die Digitalisierung, gehen zwar gewisse Arbeitsplätze verloren. Unter dem Strich kommen aber mehr neue Stellen dazu.

Ingenieur/Roboter

In der Vergangenheit haben technologische Fortschritte die menschliche Arbeitskraft in vielen Bereichen überflüssig gemacht. Sie haben aber auch zahlreiche neue Jobs geschaffen, weshalb uns die Arbeit bis jetzt noch nicht ausgegangen ist. Dieses Mal könnte es jedoch anders sein: Der Automatisierung durch digitale Technologien könnten mehr Arbeitsplätze zum Opfer fallen, als neue entstehen. Eine 2017 publizierte Studie kam denn auch zum Schluss, die Automatisierung bedrohe 47 Prozent aller Arbeitsplätze in den USA.

Wie sieht es in der Schweiz aus? Hierzulande gibt es Anzeichen, dass der Arbeitsmarkt als Ganzes von den technologischen Fortschritten bislang profitiert hat. In einer sich im Druck befindenden Studie haben Martin Wörter (KOF) und Benjamin Balsmeier (University of Luxembourg) untersucht, inwiefern Investitionen in digitale Technologien mit dem Aufbau oder Abbau von Arbeitsstellen in Schweizer Firmen zusammenhängen.

Die Studie arbeitet mit zwei Datensätzen: einer Umfrage zu Digitalisierungsaktivitäten von Schweizer Firmen (2016) und dem Swiss Innovation Survey (SIS, 2015). Beide Befragungen basieren auf dem KOF Unternehmenspanel, das eine repräsentative Stichprobe von Schweizer Unternehmen ist. Die Autoren haben mit Hilfe dieser Datensätze untersucht, ob Investitionen in neue Technologien in der jüngsten Vergangenheit mit Beschäftigungsveränderungen in den untersuchten Unternehmen zusammenhängen. Und sie haben in einem zweiten Schritt betrachtet, ob sich die Beschäftigungseffekte je nach Art der eingesetzten digitalen Technologien unterscheiden.

Art der Technologie spielt eine grosse Rolle

Dabei zeigt sich, dass Investitionen in die Digitalisierung durchaus mit einer Veränderung der Belegschaft verbunden sind. Die Zahl der hoch qualifizierten Angestellten steigt, während jene der gering qualifizierten Angestellter leicht abnimmt. Konkret: Erhöhte ein Unternehmen der Stichprobe seine Investitionen in die Digitalisierung während des Untersuchungszeitraums um 100 000 Franken, entstanden in derselben Firma im Schnitt rund 5.8 neue Stellen für hoch qualifizierte Angestellte, während die Zahl der Stellen für Geringqualifizierte um 2.3 sank. Unter dem Strich und über alle Qualifikationsstufen hinweg ergab sich in der Studie ein Plus von 1.6 Jobs pro 100 000 investierte Franken.

Zudem zeigt die Untersuchung, dass der Beschäftigungseffekt von der Art der eingesetzten Technologien abhängt. Der Effekt zeigt sich nur bei Firmen, die maschinenbasierte digitale Technologien verwenden wie Roboter, 3D-Drucker oder das IoT (Internet der Dinge). Investieren Firmen in nicht maschinenbasierte digitale Technologien (ERP, CRM, Soziale Medien, E-Commerce), ergibt sich kein signifikanter Zusammenhang. Diese Resultate decken sich mit der Ansicht, dass neue Technologien die Beschäftigung vor allem dort beeinflussen, wo Maschinen durch den Zugriff auf Daten, Rechen- und Kommunikationstechnologien gestärkt werden. In dem Bereich also, in dem der technologische Fortschritt während der letzten Jahre am grössten war.

Die Autoren schliessen aus den Ergebnissen, dass sich der Kampf um Fachkräfte in Zukunft wohl verschärfen wird. Sie raten den Unternehmen, mehr Zeit und Ressourcen in die Rekrutierung und Bindung von hoch qualifizierten Angestellten zu investieren. Denn schon jetzt beklagten viele Firmen einen Mangel an Fachkräften – auch in der Schweiz, einem Land mit einem hohen Anteil hoch qualifizierter Arbeitskräfte.

Durch den Rückgang der Stellen für gering qualifizierte Angestellte besteht laut den Autoren zudem die Gefahr, dass die Ungleichheit innerhalb der Bevölkerung zunimmt. Es sei deshalb unerlässlich, Instrumente zu entwickeln, die mögliche negative Folgen einer solchen Entwicklung minimierten. Gering und mittel qualifizierte Angestellte müssten dabei unterstützt werden, Fähigkeiten zu erwerben, mit denen sie neue, im Zuge der Digitalisierung entstandene Aufgaben übernehmen können.
 

Literatur

Balsmeier, B. and M., Wörter (2019): Research Policy, externe Seitehttps://doi.org/10.1016/j.respol.2019.03.010

Frey, C. B. and M. A. Osborne (2017): The future of employment: how susceptible are jobs to computerization? Technol. Forecast Soc. Change 114, 254-280.

Kontakt

Prof. Dr. Martin Wörter
Dozent am Departement Management, Technologie und Ökonomie
  • LEE F 111
  • +41 44 632 51 51

KOF Konjunkturforschungsstelle
Leonhardstrasse 21
8092 Zürich
Schweiz

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