Wird die Schweiz ihrem Image als «Speerspitze der Innovation» noch gerecht ?

Die KOF untersuchte im Auftrag des Staatssekretariats für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) die Innovationsaktivitäten der Schweizer Wirtschaft in der Periode 2014 bis 2016. Die Umfrage umfasste privatwirtschaftliche Unternehmen des Industriesektors, des Bausektors und des Dienstleistungssektors. Für die Schweizer Firmen scheint es schwieriger und kostspieliger geworden zu sein, innovativ zu sein.

Innovation

Die Schweiz gehört nach wie vor zu den innovationsstärksten Ländern der Welt, aber…

Bei den internationalen Innovationsrankings belegt die Schweiz seit Jahren einen oder sogar den Spitzenplatz1. Doch dieses Bild trügt, denn einige Zeichen deuten auf eine Verschlechterung hin. In den letzten Jahren sind bei einigen Indikatoren Rückgange festzustellen, auch im Vergleich mit dem Ausland.

Schweizer Unternehmen bekunden zunehmend mehr Mühe zu innovieren als in der Vergangenheit. Die Zahl der Unternehmen, welche die Mittel dafür bereitstellen, nimmt ab (siehe G 1). Zwei Indikatoren bestätigen dies. Am stärksten zurückgegangen ist die Zahl der Firmen, die ihre F&E in der Schweiz betreiben. Der Anteil der Firmen in der Schweiz mit F&E im Ausland ist aber stabil geblieben und die externen Forschungsaufträge (Hochschulen und andere Forschungszentren) sind nach langem rückläufigem Trend seit 2012 wieder angestiegen.

Das grösste Hindernis für alle Unternehmen, unabhängig von ihrer Grösse und über alle Sektoren hinweg, sind die Kosten, die für eine Innovation anfallen. Auch die langen Amortisationszeiten von Innovationen werden von allen Unternehmen oft als wesentliches Hindernis genannt. KMU sehen vor allem die Probleme bei den hohen Kosten der Innovationsaktivitäten und damit zusammenhängend bei deren Finanzierung, da ihnen Eigenmittel fehlen und sie Mühe haben, externe Finanzierungsquellen zu erschliessen.

Abwärststrend bei den Innovationsausgaben

Die öffentliche Innovationsförderung geht oft an Unternehmen mit mehr als 50 Beschäftigten

Öffentliche Innovationsförderung besteht in der Schweiz nur sehr selten aus direkter finanzieller Unterstützung der Unternehmen. Stattdessen wird beispielsweise bei einem gemeinsamen Forschungsprojekt eines Unternehmens und einer Hochschule der Anteil der Hochschule finanziert.

Trotz des Rückgangs in letzter Zeit ist die Zahl geförderter Unternehmen heute höher als vor 20 Jahren. Es sind vor allem die nationalen Programme (wie jene der Innosuisse [früher KTI]) die kantonalen Förderprogramme und weitere nationale Stellen, die zwischen 2010 und 2014 ihre Förderung ausgebaut haben. Am meisten nutzen Innovationsförderung Unternehmen mit über 50 Beschäftigten (62.1% der Firmen, die 2015 kantonale, regionale oder nationale Förderung erhalten haben). Dieses Finanzierungsproblem betrifft primär die Unternehmen mit weniger als 50 Angestellten. Die Förderung durch internationale Programme (wie z. B. der EU) betrafen 2016 nur 2.1% der Unternehmen. Auch da sind es vor allem grössere Unternehmen, welche diese nutzen (6.5% gegenüber 1.8% KMU).

Ein stärkerer Fokus nationaler Programme auf kleinere Unternehmen, die kaum von internationalen Programmen profitieren, könnte daher sinnvoll sein.

Grosse Unternehmen können mehr als KMU investieren

Der Abstand zwischen KMU und grossen Unternehmen im Bereich der Innovation wird immer grösser. Bei den grossen Unternehmen sehen wir seit 2009 einen leicht steigenden Anteil F&E aktiver Unternehmen, während bei den KMU, die mehr als 99% der Unternehmen in der Schweiz ausmachen, der Anteil F&E aktiver Unternehmen seit 2000 kontinuierlich zurückgeht (Siehe G 2).

Auch der Umsatzanteil der F&E-Ausgaben ist bei grossen Unternehmen doppelt so hoch: Ihre Forschungsintensität liegt bei durchschnittlich 4.5%, in der Gesamtwirtschaft sind es 2.2% und bei den KMU 2.05%. Ebenso ist der Umsatzanteil innovativer Produkte der grossen Unternehmen in den letzten Jahren stark gestiegen, auf ein höheres Niveau als in der übrigen Wirtschaft (41% gegenüber 34.7%).

Kontinuierlicher Rückgang der Innovation bei den KMU

Innovation und Digitalisierung immer mehr verbunden

Ein innovierendes Unternehmen in der Schweiz gleicht heute eher einer Firma, die ihre Produkte verbessert und an Entwicklungen anderer anpasst (wie z.B. durch Optimierung der Produktionsprozesse), als einer Firma, die Marktneuheiten (Produkte oder Dienstleistungen) hervorbringt.

Da die Digitalisierung Auswirkungen auf alle Aspekte eines Unternehmens hat und neue Geschäftsmodelle ermöglicht, sind Innovationen und der Digitalisierungsgrad einer Firma des Öfteren eng verbunden.

Die Betrachtung der Investitionen in Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) ist eine Möglichkeit, den Digitalisierungsgrad zu bestimmen. Im Zeitraum 2014 bis 2016 haben Schweizer Unternehmen durchschnittlich knapp 300 000 Fr. in IKT (Hardware und Software) investiert. Grosse Unternehmen investieren nicht nur in absoluten Zahlen mehr in IKT, sie weisen auch einen höheren IKT-Investitionsanteil (gemessen an den Bruttoinvestitionen) als die anderen auf (>20% gegenüber 16% für Unternehmen mit 50–259 Beschäftigten und 15% für kleinere; siehe G 3). Das Gleiche gilt für die Dienstleistungen.

Grosse Unternehmen investieren mehr in IKT

 

1) Global Innovation Index 2018 und dem European Innovation Scoreboard 2018.

Kontakt

Prof. Dr. Martin Wörter
Dozent am Departement Management, Technologie und Ökonomie
  • LEE F 111
  • +41 44 632 51 51

KOF Konjunkturforschungsstelle
Leonhardstrasse 21
8092 Zürich
Schweiz

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