Wie der Wechselkurs sich auf die Schweizer Tourismusregionen auswirkt

Der Wechselkurs des Frankens zu anderen Währungen spielt für die Entwicklung des Schweizer Tourismus eine zentrale Rolle. Doch je nach Region ergeben sich stark unterschiedliche Effekte, wie eine neue Untersuchung der KOF zeigt.

Rund 55% der Logiernächte in Schweizer Hotels stammen von Gästen aus dem Ausland. Mit einer Aufwertung des Frankens verteuert sich für diese Gäste der Aufenthalt in der Schweiz. Die Erfahrung zeigt, dass sich dies negativ auf die Logiernächte niederschlägt. Doch sind die Hotel- und Beherbergungsbetriebe in den unterschiedlichen Tourismusregionen nicht gleich von einer Änderung des Wechselkurses betroffen. Grafik G 3 vergleicht die Entwicklung der Logiernächte in den unterschiedlichen Gebieten mit dem (inversen) tourismusgewichteten Wechselkursindex seit 2005.1 Dabei fallen grosse Unterschiede zwischen den städtischen Gebieten, dem Alpenraum sowie den restlichen Gebieten auf. So haben im Alpenraum nach dem Ausbruch der Finanzkrise im Jahr 2008 die Ausländerübernachtungen mit einer zeitlichen Verzögerung zum stetig teurer werdenden Franken stark abgenommen. Dieser Rückgang endete erst mit der Einführung des Mindestkurses durch die Schweizerische Nationalbank im September 2011. In der Grafik ist zudem bereits die Erholung der Logiernächte im Zuge der Abschwächung des Schweizerfrankens seit Mitte 2017 ersichtlich

G3 Grafik Logiernächte

Ganz anders verlief die Entwicklung in den städtischen Gebieten. Hier haben sich die Anzahl der Übernachtungen von ausländischen Gästen relativ unabhängig vom Wechselkurs entwickelt, wenn auch die jüngste Abwertung des Schweizerfrankens das relativ starke Wachstum noch weiter zu beschleunigen scheint. In den restlichen Gebieten entwickelten sich die Übernachtungszahlen ähnlich zu denen im Alpenraum. Der Effekt des Wechselkurses scheint hier allerdings etwas schwächer ausgeprägt.

Schätzung von regionsspezifischen Auswirkungen des Wechselkurses

Eine im letzten Jahr erschienene empirische Analyse 2 zum Effekt des Wechselkurses auf die Logiernächte in Schweizer Gemeinden bestätigt den Eindruck aus Grafik G 3. Gemäss der Studie sind ländliche und vom Tourismus abhängige Gemeinden deutlich stärker vom Wechselkurs abhängig als diejenige in den Städten. Aufbauend auf dem Modell der Studie, schätzen wir in der vorliegenden Analyse den Einfluss des Wechselkurses auf die Logiernächte für die 13 Tourismusregionen. Wir verwenden dabei monatliche Daten zu den Logiernächten für die Zeitperiode von Januar 2005 bis Februar 2018, aufgeschlüsselt sowohl nach der Tourismusregion als auch nach dem Herkunftsland der Gäste. Dieser Detaillierungsgrad erlaubt uns, für diverse Einflussfaktoren zu kontrollieren, welche die Übernachtungszahlen ebenfalls beeinflussen können. Dazu zählt die Einkommensentwicklung in den Herkunftsländern der Gäste sowie allgemeine regions- und zeitspezifische Effekte, unter welche beispielsweise die Preisanpassungen der Hotels fallen.

Tabelle 1 Wechselkurselastizitäten

Starker Effekt des Wechselkurses im Alpenraum

Tabelle T 1 präsentiert die geschätzten Koeffizienten sowie die Standardfehler der empirischen Analyse. Die Koeffizienten für die jeweiligen Regionen zeigen, wie stark die Logiernächte von ausländischen Besuchern auf eine Änderung des Schweizerfrankens reagierten (die sogenannte Wechselkurselastizität). Den höchsten Koeffizienten von 2 schätzen wir für Graubünden. Das heisst, dass die Logiernächte der ausländischen Gäste in Graubünden um 2% sinken, wenn sich der Franken um 1% aufwertet. Auch im Wallis, dem Tessin und der Region Bern reagieren die Ausländerlogiernächte sehr stark auf Wechselkursschwankungen. In allen drei Regionen führt eine Aufwertung des Frankens um 1% zu gut 1.8% weniger Logiernächten von ausländischen Besuchern. Im Gegensatz dazu beobachten wir für die städtisch geprägten Regionen Basel, Genf und Zürich keinen oder nur einen schwachen Einfluss des Wechselkurses. Interessanterweise schätzen wir zudem statistisch insignifikante Koeffizienten für die Regionen Fribourg sowie Jura & Drei-Seen-Land.

Variation in der Aufenthaltsdauer und dem Aufenthaltsgrund

Einer der wichtigsten Gründe für den unterschiedlichen Einfluss des Wechselkurses zwischen ländlichen Gebieten und Städten dürfte im unterschiedlichen Aufenthaltsgrund der Gäste liegen. So weisen mehrheitlich in Städten logierende Geschäftsreisende möglicherweise eine tiefere Preissensibilität auf als Feriengäste. Zudem liegt die durchschnittliche Aufenthaltsdauer in städtischen Gebieten deutlich unter derjenigen im Alpenraum. Für Feriengäste mit langer Aufenthaltsdauer lohnt es sich eher, das Preisniveau in der Schweiz mit demjenigen ausländischer Destinationen zu vergleichen. Schliesslich unterscheiden sich die Tourismusregionen in ihrer Struktur der Herkunftsmärkte. So weisen Touristen aus den Fernmärkten, die oft in den städtischen Regionen übernachten, tendenziell eine tiefere Wechselkurssensibilität auf als Gäste aus Europa, da bei ihnen die Ausgaben in der Schweiz einen tieferen Anteil am gesamten Reisebudget ausmachen. Insbesondere bei den asiatischen Gästen wird die Schweiz zudem oft im Rahmen einer Europatour gebucht. Die Höhe des Frankens dürfte auf die Entscheidung für eine solche Reise praktisch keinen Einfluss haben.

[1] Zum tourismusgewichteten Wechselkurs, siehe Spezialanalyse der KOF Prognosen für den Schweizer Tourismus – Oktober 2016.

[2] Stettler, C. (2017): How Do Overnight Stays React to Exchange Rate Changes? In: Schweizerische Zeitschrift für Volkswirtschaft und Statistik, 153(2), S. 123–165.

KOF Prognosen für den Schweizer Tourismus

Die Tourismusprognosen der KOF werden im Auftrag des externe SeiteStaatssekretariats für Wirtschaft (SECO) erstellt. Das SECO verfügt mit dem Gesetz über die Förderung von Innovation, Zusammenarbeit und Wissensaufbau im Tourismus (Innotour) über die Möglichkeit, Tourismusprognosen zu finanzieren. Die unmittelbaren Adressaten der Tourismusprognosen sind die Branche und die Kantone.

Die zugrunde liegende Studie finden Sie hier.

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