Verhindert Kurzarbeit Entlassungen?

Kurzarbeit hat das Ziel, in Rezessionen Arbeitslosigkeit zu verhindern. Doch bisherige Studien konnten den erhofften Effekt meist nicht nachweisen. Eine aktuelle Studie der KOF zeigt nun, dass das Schweizer Kurzarbeitsprogramm zwischen 2009 und 2015 effektiv Entlassungen verhinderte. Die erzielten Einsparungen an Arbeitslosengeldern dürften genug gross gewesen sein, um die direkten Ausgaben für Kurzarbeitsentschädigungen zu decken.

Kurzarbeit

Im Zuge der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise 2007 bis 2009 erlebten zahlreiche Industrienationen einen scharfen Einbruch ihrer Wirtschaftsleistung. Eine populäre Massnahme gegen die drohende Massenarbeitslosigkeit waren Kurzarbeitsprogramme. Die Schweiz gab allein im Jahr 2009 1.1 Milliarden Franken für Kurzarbeitsentschädigungen aus. Kurzarbeit richtet sich an Unternehmen, die mit einem vorübergehenden Rückgang der Nachfrage nach ihren Gütern und Dienstleistungen konfrontiert sind. Durch Kurzarbeit wird diesen Betrieben ermöglicht, die Arbeitszeit ihrer Mitarbeitenden vorübergehend zu reduzieren. Die betroffenen Mitarbeitenden werden von der Arbeitslosenversicherung für den entstehenden Einkommensverlust entschädigt.

Wichtigstes Ziel der Kurzarbeit ist es, Entlassungen und damit Arbeitslosigkeit zu verhindern. Es gibt allerdings Zweifel, ob Kurzarbeitsprogramme dieses Ziel erreichen. Eine Gefahr ist, dass Entlassungen lediglich herausgezögert statt verhindert werden. Eine zweite Gefahr ist, dass Kurzarbeitsgelder für Jobs eingesetzt werden, die auch ohne staatliche Unterstützung erhalten worden wären. Wissenschaftliche Untersuchungen kamen denn auch meist zu ernüchternden Ergebnissen in Bezug auf die Wirksamkeit von Kurzarbeit – gerade auch frühere Studien zur Kurzarbeit in der Schweiz.

Kurzarbeit reduziert Entlassungen erheblich

In einer neuen Studie der KOF untersuchen Daniel Kopp und Michael Siegenthaler, ob das Schweizer Kurzarbeitsprogramm in den Jahren 2009 bis 2015 Arbeitslosigkeit verhinderte. Für ihre Analyse verknüpfen die Autoren Daten aller Schweizer Betriebe, die sich in den Jahren 2009 bis 2014 um Kurzarbeitsentschädigung beworben haben, mit Daten der Arbeitslosenversicherung des Staatssekretariats für Wirtschaft und der Beschäftigungsstatistik des Bundesamtes für Statistik.

Die Analysen zeigen klar, dass Kurzarbeit in den Jahren 2009 bis 2015 dazu beigetragen hat, Entlassungen zu verhindern. Dieses zentrale Resultat wird in Grafik G 5 ersichtlich. Die Grafik zeigt die Zahl der Personen, die in einem spezifischen Quartal entlassen wurden und die sich anschliessend bei den regionalen Arbeitsämtern als arbeitslos registrierten. Diese Zahl wird ins Verhältnis zur Gesamtbeschäftigung des vorherigen Arbeitgebers gesetzt. Die Grafik zeigt, dass in Betrieben, deren Kurzarbeitsantrag abgelehnt wurde, in den zwei Quartalen unmittelbar nach Kurzarbeitsantrag je über 4% der Beschäftigten entlassen wurden, während es in den Quartalen vor Antragsstellung nur rund 1% waren. Bei Betrieben, deren Antrag bewilligt wurde, ist der Anstieg der Entlassungen wesentlich weniger ausgeprägt (von 1% auf rund 2%).

Kurzarbeit

Zwei weitere Resultate sind interessant. Erstens entliessen Firmen, die einen negativen Bescheid erhielten, selbst zwei bis drei Jahre nach dem Antrag für Kurzarbeit mehr Beschäftigte als Firmen mit positivem Bescheid. Das spricht dafür, dass Kurzarbeit Entlassungen nicht bloss hinauszögert, sondern effektiv langfristig verhindert. Zweitens entwickelt sich die Entlassungshäufigkeit in den beiden Gruppen in den drei Jahren vor Antragsstellung ähnlich. Das spricht für die Vergleichbarkeit der beiden Gruppen.

Diese deskriptiven Ergebnisse werden durch die statistischen Analysen der Autoren gestützt. Gemäss ihren Schätzungen reduziert die Kurzarbeit die Entlassungen in den drei Jahren nach einem Kurzarbeitsantrag um mindestens 10% der ursprünglichen Beschäftigung. Manche Schätzungen weisen sogar auf einen doppelt so hohen Effekt hin. Die Kurzarbeit sichert dabei vor allem die Stellen von Arbeitnehmenden mit obligatorischem Schulabschluss oder einer Berufsausbildung.

Arbeitslosenkasse wird durch Kurzarbeit (wohl) nicht belastet

Anhand ihrer Schätzungen gelangen die Autoren schliesslich auch zum Resultat, dass durch die Kurzarbeit pro Kurzarbeits-Fall zwischen 108 000 Franken und 200 000 Franken an Arbeitslosengeld eingespart werden konnte. Daraus ergibt sich ein beträchtlicher finanzieller Nutzen der Kurzarbeit für die Arbeitslosenversicherung. In der Tat könnten die Einsparungen beim Arbeitslosengeld ausreichen, um die gesamten Kosten der Kurzarbeit für die Arbeitslosenversicherung – die ausgezahlten Kurzarbeitsentschädigungen – zu decken.

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