KOF Konjunkturprognose Herbst 2017: Internationale Impulse beflügeln die Schweizer Wirtschaft

Die Schweizer Wirtschaft dürfte sich in den nächsten zwei Jahren positiv entwickeln. Das zeigt die jüngste KOF Konjunkturprognose. Neben der günstigen internationalen Entwicklung sind hierfür teilweise auch Sonderfaktoren verantwortlich wie Lizenzeinnahmen aus Sportanlässen. Der Arbeitsmarkt erholt sich etwas verzögert, die Preise steigen langsam an.

Sowohl die vorauseilenden als auch die gleichlaufenden Konjunkturindikatoren für die Schweiz zeichnen momentan ein optimistisches Bild der gegenwärtigen Konjunkturlage (siehe G 1). Zudem hat das Bundesamt für Statistik (BFS) die Daten der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung revidiert, wobei sich sowohl das resultierende Schweizer Produktionsniveau als auch dessen Wachstumsraten der letzten Jahre erhöht haben. Selbst für das Jahr 2015, welches durch die Aufhebung des Mindestkurses zu Beginn des Jahres gekennzeichnet war, wird nunmehr ein Wachstum von 1.2% veranschlagt.

Überraschende BIP-Zahlen für das vergangene Winterhalbjahr

Gross war deshalb die Überraschung bei der Veröffentlichung der Quartalsdaten durch das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) Anfang September. Gemäss diesen Schätzungen ging die Wirtschaftsleistung Ende 2016 zum ersten Mal seit dem 1. Quartal 2015 zurück und auch das 3. Quartal 2016 sowie das 1. Quartal 2017 fielen enttäuschend aus. Somit sind die statistischen Ausgangswerte und damit aus technischen Gründen (statistischer Überhang) die Aussichten für das Gesamtjahr 2017 deutlich düsterer als während der letzten Prognoseerstellung im Juni. Die KOF rechnet zwar mit einer deutlichen Verbesserung des Wirtschaftsverlaufs im zweiten Halbjahr; aufgrund der schwachen Zahlen für den Winter ergibt sich daraus eine Jahreswachstumsrate von nur 0.8%, was signifikant niedriger ist als die noch im Juni prognostizierten 1.3%.

Reales BIP

Ungefähr die Hälfte der Revisionen ist auf die Berücksichtigung von Wirtschaftsaktivitäten zurückzuführen, die bislang ungenügend erfasst wurden. Es handelt sich hierbei um den Verkauf von Marken- und Übertragungsrechten bei grossen internationalen Sportanlässen. Diese finden zwar regelmässig, aber nicht jährlich statt. Die Austragungsorte wechseln ebenfalls und Wirtschaftsaktivitäten werden am Ort der Anlässe erfasst. Die Einnahmen aus Lizenzvergaben fliessen aber den jeweiligen Sportverbänden zu und einige dieser Verbände haben ihren Sitz in der Schweiz. Im Jahr 2016 gab es sowohl Olympische Sommerspiele in Brasilien als auch eine Fussballeuropameisterschaft in Frankreich. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) und der Europäische Fussballverband (UEFA) operieren von der Schweiz aus und die Einnahmen, vor allem aus den Fernsehübertragungsrechten für diese Anlässe, sind beträchtlich. Allein die Einnahmen aus den Fernsehübertragungsrechten der Olympischen Spiele betrugen knapp 3 Mrd. Fr. Ein Teil der Einnahmen werden allerdings für Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Durchführung der Spiele wieder ausgegeben und somit als Vorleistungen verbucht. Trotzdem wurde die Wertschöpfung in der Schweiz im Jahr 2016 durch die Sportanlässe um beinahe 2 Mrd. Fr. erhöht, die Auswirkung auf die preisbereinigte Wachstumsrate betrug damit 0.2 bis 0.3 Prozentpunkte (siehe G 2).

Populäre Sportanlässe beeinflussen Schweizer BIP im Zweijahresrhythmus

Im nächsten Jahr wird es wieder zwei bedeutende Sportanlässen geben, die unter der Regie von in der Schweiz ansässigen Organisationen ablaufen: Anfang des Jahres die Olympischen Winterspiele in Südkorea und im Sommer die Fussballweltmeisterschaft in Russland. Aufgrund dieses Sondereffekts rechnet die KOF für 2018 mit einem über die eigentliche Konjunktur hinaus erhöhten Wirtschaftswachstum von 2.2%. Da diese Sportveranstaltungen jeweils in Jahren mit gerader Jahreszahl stattfinden, ist aufgrund deren neuen statistischen Erfassung im Bruttoinlandprodukt (BIP) künftig mit einem im Zweijahresrhythmus schwankenden Wirtschaftswachstum zu rechnen.

Sportanlässe

Auf den schweizerischen Arbeitsmarkt hat diese schwankende Wertschöpfung jedoch keinen merklichen Einfluss, da die erheblichen Ertragsschwankungen hier mit nur geringen Änderungen der Beschäftigtenzahlen reagieren. Darum geht die KOF von einer nur geringfügigen Abnahme der Arbeitslosenquote um 0.1 Prozentpunkte für das nächste Jahr aus. Die Quote der registrierten Arbeitslosen dürfte somit 3.1% betragen, diejenige nach dem international vergleichbaren Standard der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) (in der Schweiz als «Erwerbslosenquote» bezeichnet) 4.7%. Die Beschäftigungsentwicklung, die seit 2015 unter einem verstärkten Rationalisierungsdruck litt, wird sich wieder etwas positiver entwickeln. Dazu trägt auch der schwächer gewordene Schweizerfranken bei.

Die Geldpolitik bleibt ungeachtet der Entspannung auf dem Devisenmarkt expansiv. Die langfristigen Zinssätze werden ab nächstem Jahr zwar langsam ansteigen, der kurzfristige Zinssatz dürfte aber erst zulegen, wenn der entsprechende Euro-Zinssatz durch die Europäische Zentralbank angehoben wird, was erst ein Jahr später zu erwarten ist. Wenn der Franken weiterhin zur Schwäche neigen sollte, kann jedoch mit einem allmählichen Abbau der Devisenreserven gerechnet werden. Dies setzt jedoch voraus, dass inländische Anleger ihr Vermögen vermehrt im Ausland anlegen möchten.

Die robuste Wirtschaftsentwicklung in Europa und in den USA wird den schweizerischen Exporteuren zugutekommen. In den letzten Jahren dämpften der starke Franken und die nur schleppend in Gang kommende internationale Konjunktur deren Möglichkeiten, den Absatz auszuweiten. Nach der inzwischen erfolgten Abwertung und dem Aufschwung der Weltwirtschaft sind die Aussichten nun günstiger, Absatzmengen und Preise zu erhöhen. Es ist darum mit einer positiven Entwicklung in der Industrie und im Tourismus zu rechnen. Für die Finanzbranche sieht die Entwicklung ebenfalls positiver aus, eine Rückkehr zu den früheren Umsätzen und Margen ist jedoch angesichts der sich vertiefenden internationalen Kooperation in Steuerfragen und verschärften Vorschriften nicht zu erwarten.

In den vergangenen Jahren trug die Binnenwirtschaft dazu bei, dass negative Impulse aus dem Ausland keine bedeutenden wirtschaftlichen Auswirkungen in der Schweiz zur Folge hatten. Weitgehend ausgeglichene Budgets und eine wachsende Bevölkerung führten zu Investitionen sowohl in die Infrastruktur als auch in das Gesundheits- und Unterrichtswesen. Der Wohnbau hat ebenfalls zugelegt und ist nun wertschöpfungsmässig etwa 60% grösser als vor 15 Jahren. Aufgrund des bereits hohen Niveaus ist aber nicht mit einer weiteren Steigerung der Wohnbauaktivität in den nächsten Jahren zu rechnen.

Sinkender Mehrwertsteuersatz per 1. Januar 2018

Infolge der Ablehnung der Zusatzfinanzierung der AHV durch die Mehrwertsteuer am 24. September 2017 wird der Mehrwertsteuersatz ab 2018 um 0.3 Prozentpunkte gesenkt werden. Die Reduktion betrifft jedoch nur einen Teil des Konsums und bei Importprodukten ist aufgrund des schwächeren Frankens eher mit Preissteigerungen zu rechnen. Insgesamt wird sich die Inflation darum nicht nennenswert ändern und die KOF erwartet keine Rückkehr zu rückläufigen Konsumentenpreisen.

Durch die geschmälerten Margen in vielen Wirtschaftsbereichen fiel die Lohnentwicklung in den letzten Jahren schwach aus. Die verbesserten Konjunkturperspektiven werden zu einer stärkeren Lohndynamik führen, jedoch nicht in kurzer Frist. Höhere Lohnabschlüsse dürften erst folgen, wenn die Firmen ihre Margen wieder ausgeweitet haben.

Kontakt

Yngve Abrahamsen
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