Die Konjunktur aus dem All prognostizieren

Von Satelliten erfasste nächtliche Lichtdaten können nützliche Informationen zur aktuellen Wirtschaftsaktivität in den Ländern und Regionen der Erde geben. Sie dienen ausserdem zur Vorhersage künftiger Entwicklungen. In einem kürzlich veröffentlichten KOF Working Paper stellt Jaqueson K. Galimberti seine neue Forschung vor und berichtet von den vielversprechenden Ergebnissen des Einsatzes dieser innovativen Datenquelle für makroökonomische Bewertungen und Prognosen.

Nachtlichter können die Entwicklung der Wirtschaftslage wiedergeben (Quelle: KOF Konjunkturforschungsstelle, ETH Zürich)
Nachtlichter können die Entwicklung der Wirtschaftslage wiedergeben (Quelle: KOF Konjunkturforschungsstelle, ETH Zürich)

Prognosen zur Wirtschaftstätigkeit sind grundsätzlich von enormer Bedeutung für die Entscheidungsfindung von Entscheidungsträgern und Marktteilnehmern. Mit dem Ziel, die Genauigkeit modellbasierter Prognosen zu optimieren, richten sich die Anstrengungen der angewandten Forschung auf die Suche und Bewertung neuer Datenquellen sowie auf die Entwicklung von Methoden zur Gewinnung und Verknüpfung von prognostischen Informationen aus diesen Daten.

Herkömmliche Datenquellen für makroökonomische Vorhersagen umfassen die sogenannten harten Daten, die von Statistikbehörden erhoben werden, um die Konjunktur direkt zu messen; die weichen Daten, die von den Marktteilnehmern in Form von Umfragen erhoben werden; und die Finanzdaten, die häufig hochfrequente Daten zur Markteinschätzung bereitstellen. Eine relativ neue Datenquelle, die mehr und mehr Aufmerksamkeit in der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur erhält, sind Daten aus der Beobachtung der nächtlichen Lichtquellen. Diese werden mit Hilfe von optischen Sensoren an Bord von Satelliten erfasst, welche die Erde umkreisen. In seinem Papier untersucht Jaqueson K. Galimberti die Nützlichkeit der Nachtlichtdaten für eine Prognose des jährlichen Bruttoinlandprodukt (BIP)-Zuwachses anhand von Daten aus 172 Ländern.

Nachtlichtdaten liefern akkurate Messwerte der menschlichen Aktivität auf der Erde

Die zugrunde liegende Hypothese bei der Verwendung von Daten zu Nachtlichtern für eine Vorhersage des BIP eines Landes ist folgende: Die Lichtemission zeigt die wirtschaftliche Aktivität auf dem Gebiet des jeweiligen Landes. Wichtig für die Vorhersage ist die Dynamik dieses Zusammenhangs. Das heisst, die Brauchbarkeit der Nachtlichtdaten für die makroökonomische Prognose hängt davon ab, ob zeitversetzte Daten zur Lichtmessung frühe Indikatoren für die aktuellen und zukünftigen Aktivitäten liefern. Der grösste Vorteil der Nachtlichtdaten gegenüber den herkömmlichen Quellen makroökonomischer Daten ist in diesem Zusammenhang wohl, dass diese eine präzisere geografische Zuordnung der wirtschaftlichen Aktivität anhand von zeitnahen Momentaufnahmen dessen liefern, was in einem bestimmten Gebiet oder einem bestimmten Zeitraum geschehen ist. Daher sind die Nachtlichtdaten weniger anfällig für Messfehler, die nationale Berechnungsstatistiken beeinträchtigen, die häufig zu Datenkorrekturen führen. Zudem können sie standortbasierte Frühsignale der Gesamtwirtschaftsaktivität liefern, beispielsweise durch die Erfassung der geografischen Verteilung der Produktionsketten in den Regionen.

Die Fülle des Datenmaterials zu Nachtlichtern erlaubt die Erstellung verschiedener Indikatoren

Aktuelle Lichtbeobachtungen zum Zwecke einer Prognose erfordern daher die Verarbeitung in Form von Frühindikatoren zur zukünftigen Konjunkturentwicklung. Hier gibt es mehrere Möglichkeiten. Der grösste Beitrag der Studie ist in der Tat der Vorschlag von innovativen Massnahmen zur Extrahierung von Frühindikatoren wirtschaftlicher Aktivität aus der Datenmenge, die in den Nachtlichtdatensätzen bereitgestellt wird. Solche Indikatoren werden in drei Kategorien eingeteilt: (i) kumulierte Indikatoren; (ii) verteilungsbasierte Indikatoren und (iii) standortbasierte Indikatoren. Das Papier von Galimberti liefert weitere Einzelheiten zu diesen Indikatoren. Grafik G 1 ist eine Abbildung der verteilungsbasierten Indikatoren für den Fall Spanien im Jahr 2013.

Nachtlichtbasierte Indikatoren

Nachtlichtindikatoren finden sinnvolle Anwendung in einer globalen Stichprobe von Ländern

Die Verarbeitung der Stichprobe aus verfügbaren Nachtlichtdaten ergibt den Zeitreihen-Input für die Erstellung von modellbasierten Prognosen des jährlichen BIP-Wachstums für 172 Länder über den Zeitraum von 1993 bis 2014. Diese Prognosen werden erstellt, indem ein autoregressives Benchmark-Modell erster Ordnung für die BIP-Wachstumsraten um die zeitversetzten Werte der Nachtlichtindikatoren ergänzt wird. Verglichen mit der Benchmark-Spezifikation sind die Ergebnisse für die Integration von Nachtlichtdaten in die BIP-Wachstumsprognose eher günstig: Die Optimierungen der In-Sample-Genauigkeit, im Länderdurchschnitt anhand des BIP-Niveaus als Gewichtung, variieren zwischen 2.9 % und 7.2 % je nach Indikator.

Optimierungen der Genauigkeit von BIP-Prognosen

Die Ergebnisse zeigen eine gewisse Heterogenität der Performance in verschiedenen Ländern. Grafik G 2 zeigt diese für eine Länderauswahl, und stellt dar, wie die Optimierungen über den Durchschnitt die grossen Unterschiede der individuellen Resultate verschleiern kann. Interessanterweise scheinen diese Ergebnisse nicht mit dem Grad der Entwicklung der Länder in Verbindung zu stehen. Out-of-Sample, das heisst, wenn die Daten für eine Modellschätzung die dem Prognostiker zur Verfügung stehen, zum Zeitpunkt der Prognoseerstellung beschränkt werden, verschlechtert sich die Leistung der nachtlichtbasierten Prognosen. Dies wird in der Regel durch die Nichtverfügbarkeit von ausreichend grossen Datenstichproben auf Länderebene verursacht. Spezifikationen der Paneldaten scheinen unter diesen Umständen eine interessante Alternative zu bieten, obwohl die Daten die Annahme eines allgemeinen Zusammenhangs von Nachtlichtern und dem BIP in allen Ländern nur wenig stützen.

Jaqueson K. Galimberti: Forecasting GDP growth from the outer space. KOF Working Papers, (2017) Zürich: KOF, ETH Zürich.

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