USR III: Welche Effekte auf Wirtschaft und Staatshaushalt?

Mitte Februar stimmen die Schweizer Bürger-/innen über die dritte Reform der Unternehmensbesteuerung (USR III) ab. Die Auswirkungen auf das Bruttoinlandprodukt, Investitionen, Beschäftigung, Konsum und Steuereinnahmen haben Forscher der KOF untersucht. Trotz Steuerausfällen ergeben sich positive Effekte für die Wirtschaft.

Quelle: Shutterstock, KOF
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Die Schweizer Wirtschaft ist als eine kleine, offene Volkswirtschaft stark von Migrations-, Handels- und internationalen Kapitalströmen abhängig. Angesichts der zunehmenden Mobilität der Unternehmen und der im internationalen Vergleich geringen Steuersätze in der Schweiz ist die Zahl der Unternehmen, welche die Schweiz als Standort wählen, in den letzten Jahren beträchtlich gestiegen. So sorgen die Spezialsteuerregime der Schweizer Kantone z. B. für international wettbewerbsfähige Steuerbedingungen für Holdinggesellschaften. Die kantonalen Spezialsteuerregime beruhen auf dem Prinzip einer geringeren Besteuerung von im Ausland im Vergleich zu in der Schweiz erwirtschaftetem Einkommen.

Neue steuerpolitische Massnahmen, um Abschaffung der Spezialsteuerregime auszugleichen

Diese Form der diskriminierenden Besteuerung ist Gegenstand wachsender Kritik von Seiten der Europäischen Union (EU) und der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Der auf die Schweiz ausgeübte Druck, die Spezialsteuerregime abzuschaffen und durch ein international akzeptables Besteuerungssystem zu ersetzen, veranlasste die Behörden, eine dritte Unternehmenssteuerreform (USR III) ins Leben zu rufen. Diese wurde im Juni 2016 vom Parlament beschlossen. Am 12. Februar 2017 soll darüber in einem Referendum abgestimmt werden.

Das vom Parlament verabschiedete Gesetz sieht die Abschaffung der derzeitigen kantonalen Spezialsteuerregime vor. Überdies ist zum teilweisen Ausgleich der erhöhten Steuerlast für einige Unternehmen, aber auch zur Innovationsförderung, die Einführung eines Lizenzbox-Systems zur steuerlichen Entlastung bei Erträgen aus geistigen Eigentumsrechten wie z. B. Patenten geplant. Ferner ermöglicht das neue Gesetz den Kantonen, einen Abzug kalkulatorischer Zinsen auf dem Sicherheitseigenkapital bei gleichzeitiger Verpflichtung zur Dividendenbesteuerung von mindestens 60% einzuführen. Und schliesslich sieht die Reform eine Senkung des ordentlichen Gewinnsteuersatzes durch die Kantone vor. Die letzte Massnahme ist jedoch kein Bestandteil der eidgenössischen Abstimmung und wird von jedem Kanton eigenständig beschlossen.

Welche Reform hat welche Auswirkung?

In einer kürzlich durchgeführten Studie haben Forscher der KOF die Effekte der USR III auf Wirtschaft und Staatshaushalt untersucht (Chatagny et al., 2016). Um die Effekte verschiedener steuerpolitischer Reformen auf Wirtschaft und Staatshaushalt bestimmen zu können, berechneten die Studienautoren drei unterschiedliche Szenarien (siehe Tab. 1). Im ersten Szenario (erste und zweite Spalte) erfolgt die Abschaffung der Spezialsteuerregime ohne jeglichen Ausgleich. Demzufolge verringert sich die Bemessungsgrundlage der SSG (Sonderstatusgesellschaften) um 32%, während die Steuereinnahmen aufgrund der höheren Besteuerung der restlichen Einkünfte um ca. 2.4 Mrd. Fr. steigen. Bei einer Elastizität von 1.1[1] verringern sich die Bemessungsgrundlage um 65% und die Steuereinnahmen kurz- und langfristig um 1.4 Mrd. Fr. In diesem Szenario fällt der Konsum der Privathaushalte dauerhaft um ca. 0.4% ab.

Zweites Szenario (dritte und vierte Spalte): Ein Lizenzbox-System und der Abzug kalkulatorischer Zinsen werden mit einer mittleren Reduktion der kantonalen Steuersätze um 5 Prozentpunkte kombiniert. Hier zeigen die Resultate, dass durch die USR III die Verschiebung der Bemessungsgrundlage der SSG ins Ausland bei einem Elastizitätswert von 0.4 auf -6.3% und bei einem Elastizitätswert von 1.1 auf -16.5% beschränkt werden kann. Während bei einer Elastizität von 1.1 der kurzfristige Effekt auf den privaten Konsum leicht negativ ausfällt, ist der langfristige Effekt, ungeachtet der Elastizität, positiv. Ausserdem hat die Reform positive Effekte auf die reale Wirtschaft mit einer Steigerung des Bruttoinlandprodukts (BIP) von 0.7%, einer Zunahme der Investitionen um 1.8% und der Beschäftigung um 0.2%. Die Simulationen zeigen jedoch, dass sich die Reform negativ auf die Steuereinnahmen auswirkt. Die Steuerverluste belaufen sich bei einer Elastizität von 1.1 kurzfristig auf 2.4 Mrd. Fr. und langfristig auf 1.1 Mrd. Fr.

Im dritten Szenario (fünfte und sechste Spalte) können diese Verluste schlussendlich durch eine Erhöhung der Dividendenbesteuerung verringert werden. Bei einer Elastizität von 1.1 reduzieren sich die Steuerverluste langfristig auf 200 Mio. Fr. Durch die Dividendenbesteuerung werden die positiven Effekte der Reform auf das BIP, die Investitionen und die Beschäftigung geringfügig verringert, jedoch kann ein kurzfristiger Rückgang des Konsums der Privathaushalte vermieden werden.

Alles in allem zeigen die verschiedenen Simulationen, dass die Steuerverluste durch die Elemente der USR III langfristig stark beschränkt bzw. vollständig ausgeglichen werden können und gleichzeitig positive Effekte für die reale Wirtschaft entstehen.

Abfederung der Steueraufkommensveränderung

In der Studie werden nur die Politikveränderungen berücksichtigt, die im Reformpaket USR III auch explizit behandelt werden. Steuerausfälle, die mit der Reform verbunden sind, dürften zu Anpassungen von Einnahmen- und Ausgabeninstrumenten führen, die z.B. von Kanton zu Kanton unterschiedlich ausfallen werden. In der Studie werden Einnahmenausfälle durch die USRIII durch einen geringeren Transfer bzw. höhere Steuerzahlungen der Haushalte berücksichtig. Spezifische Ausgabenanpassungen (wie z.B. Bildungsausgaben, Infrastrukturausgaben oder Kulturausgaben) werden allerdings nicht im Modell berücksichtigt. Dies ist u.a. dadurch motiviert, dass die Anpassungen, die durch die identifizierten Veränderungen des Steueraufkommens, notwendig werden, zurzeit nicht spezifiziert sind und somit nicht für eine Simulationsanalyse verfügbar sind.

 

[1] Die Elastizität (εS) gibt die Sensibilität der Einkünfte von Unternehmen mit Spezialsteuerregimen bei einer Änderung des Besteuerungsunterschieds zwischen der Schweiz und dem Ausland an. Ein hoher Elastizitätswert weist auf eine höhere Sensibilität hin. Mit anderen Worten zeigt eine hohe Elastizität an, dass die Wahrscheinlichkeit einer Verlagerung ins Ausland bei derselben Erhöhung der Steuerlast der SSG in der Schweiz im Vergleich zum Ausland höher ist.

Das KOF Working Paper: « Introducing an IP License Box in Switzerland: Quantifying the Effects » Florian Chatagny, Marko Köthenbürger and Michael Stimmelmayr, No. 416 (2016) finden Sie hier.

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