Neue Energietechnologien in Schweizer Unternehmen

Warum entwickeln und setzen Unternehmen neue Energietechnologien ein – oder nicht: Dieser Frage ging ein internationales Forscherteam im Rahmen des nationalen Forschungsprogramms «Steuerung des Energieverbrauchs» nach.

Quelle: Shutterstock
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Eines der Hauptziele der bundesrätlichen «Energiestrategie 2050» ist die Nutzung existierender Potenziale der Energieeffizienz, wobei die Grösse dieser Potenziale von der Entwicklung neuer Technologien und deren Verbreitung innerhalb einer Volkswirtschaft abhängt. Der wirtschaftliche Anreiz, solche Technologien für andere Unternehmen zu entwickeln oder diese im eigenen Unternehmen einzusetzen, ist nicht immer gegeben. Das Risiko des technischen Erfolgs und die Entwicklungskosten derartiger Technologien sind oftmals zu hoch oder es fehlt an der notwendigen Zahlungsbereitschaft respektive ist die Amortisationszeit der Technologie zu lang. Nicht zuletzt deshalb sind energiepolitische Massnahmen notwendig, um den Einsatz von umweltfreundlichen Energietechnologien zu erhöhen.

Mit finanzieller Unterstützung des Schweizerischen Nationalfonds im Rahmen des Nationalen Forschungsprogramms «Steuerung des Energieverbrauchs» (NFP 71) konnte die KOF in Kooperation mit dem Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO) in Wien und dem Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim die Einführungsmuster und technologischen Aktivitäten bzw. effektive Politiken in Deutschland, Österreich und der Schweiz analysieren und vergleichen.

Unterschiedliche Einführungsraten

In der Periode 2012 bis 2014 führten 25% der Schweizer Unternehmer Energietechnologien neu ein. Darunter verstehen wir Technologien zur Energieeinsparung und Technologien zur Erschliessung erneuerbarer Energiequellen (z. B. Solar, Wind und Wasser). Diese Technologien wurden zum grössten Teil eingekauft und nicht selbst entwickelt. Die entsprechenden Einführungsraten waren in Österreich (32%) und in Deutschland (40%) höher. Diese Unterschiede könnten sowohl auf das wirtschaftspolitische Umfeld als auch auf unterschiedliche Einführungszeitpunkte zurückzuführen sein. So könnten beispielsweise Schweizer Firmen bereits vor 2012 in beachtlichem Ausmass Energietechnologien eingeführt haben – folglich wäre der Bedarf an diesen Technologien im Untersuchungszeitraum geringer.

Energieeffiziente Technologien hauptsächlich im Gebäudebereich

Aufschlussreicher ist deshalb die Frage, in welchen Bereichen Energietechnologien eingesetzt werden bzw. ob dadurch der CO2- Ausstoss verringert werden kann. Auf Basis der Firmen, die diese Technologien einführten, ist ein starker Fokus auf Gebäudetechnologien (siehe G 4) erkennbar: Zwischen 56% (Schweiz) und 69% (Deutschland) der Unternehmen führten in diesem Bereich Energietechnologien ein, gefolgt von Technologien im Informations- und Kommunikationsbereich (IKT), transportbezogenen Technologien, Produktionstechnologien und Technologien zur Generierung von erneuerbarer Energie. Der Schwerpunkt im Gebäudebereich widerspiegelt die Tatsache, dass dort die grössten Einsparpotenziale liegen.

Weniger Emissionen bei rund der Hälfte der Firmen

Das Erreichen von Emissionszielen steht ganz oben auf der Umweltagenda vieler Länder – so auch in der Schweiz. Die Einführung energieeffizienter Technologien kann zum Erreichen dieser Ziele beitragen; 53% der Firmen in Österreich, 51% der Firmen in der Schweiz und 40% der Firmen in Deutschland melden eine Reduktion des CO2-Ausstosses pro Stück/je Vorgang (siehe G 5) aufgrund der Einführung einer neuen Energietechnologie. Obwohl ein sogenannter Rebound-Effekt, das heisst ein insgesamt höherer CO2-Ausstoss aufgrund einer Steigerung der Stückzahl, nicht ausgeschlossen werden kann, ist dieser unter den aktuellen moderaten Wachstumsraten in den beobachteten Ländern unwahrscheinlich. Es kommt hinzu, dass 42% der Schweizer Firmen, die Energietechnologien eingeführt haben, signifikant verringerte Emissionen feststellten. Bei der Interpretation der Grafik 2 muss beachtet werden, dass im Vergleich zu schweizerischen Firmen weit mehr österreichische und insbesondere deutsche Firmen die Auswirkungen der Anwendung solcher Technologien nicht bewerten konnten.

Energietechnologien sind zu teuer

Der hohe Preis für neue Energietechnologien ist ein wesentliches Hemmnis für deren Einführung bzw. intensivere Nutzung. Weitere wichtige Aspekte sind die lange Amortisationszeit und der eingeschränkte Handlungsspielraum, der sich z. B. darauf bezieht, dass eine Firma über bauliche Veränderungen nur eingeschränkt entscheiden kann, weil sie beispielsweise eingemietet ist. Bemerkenswert ist, dass Schweizer Firmen häufiger einen Mangel an Finanzierungsquellen und Personal als relevante Hemmnisse nennen als Firmen in den anderen beiden Ländern. Fehlende politische Rahmenbedingungen werden insbesondere bei österreichischen Firmen als Hindernis genannt.

Einige Firmen entwickelten neue Energietechnologien

Damit Energietechnologien im Unternehmen eingesetzt werden können, müssen diese entwickelt werden. Die Umfrageergebnisse zeigen, dass insgesamt zwischen 9% und 13% der Unternehmen im Beobachtungszeitraum (2012 bis 2014) neue Energietechnologien entwickelt und vermarktet haben (siehe G 6). Allerdings unterscheiden sich die Charakteristiken der entwickelnden Firmen zwischen den Ländern. Auffallend ist, dass in der Schweiz der Anteil grosser Firmen (mehr als 250 Beschäftigte), die Energietechnologien vermarkten, mit 30% deutlich höher ist als in den Vergleichsländern. Das kann zum einen auf die unterschiedliche Industriestruktur in den anderen zwei Ländern zurückzuführen sein oder auf das insgesamt relativ stark ausgebaute Fördersystem für Innovationsaktivitäten in Deutschland und Österreich, das hauptsächlich auf Klein- und Mittelbetriebe zielt.

Kosten spielen auch bei der Entwicklung eine grosse Rolle

Das Ziel der Regierungen ist es oftmals, durch energiepolitische Massnahmen die Innovationsdynamik in diesem Bereich hochzuhalten bzw. zu erhöhen. Dazu kann das Empfinden von Hemmnissen der Unternehmen wesentliche Hinweise liefern. Zu den bedeutendsten Hemmnissen hinsichtlich der Entwicklung neuer Energietechnologien in der Schweiz gehören: Das Produkt des betreffenden Unternehmens eignet sich nicht für energietechnologische Innovationen, fehlende Zahlungsbereitschaft der Kunden für derartige Innovationen, hohe Entwicklungskosten und fehlende Managementkapazitäten, die oftmals anderweitig gebunden sind. Hierbei zeigt sich, dass Kostenaspekte auch in der Entwicklung von Energietechnologien eine grosse Rolle spielen: Einerseits zeigen die deskriptiven Ergebnisse zur Einführung von Energietechnologien, dass diese oftmals als zu teuer empfunden werden, und andererseits beklagen sich die Entwickler von Energietechnologien über zu hohe Entwicklungskosten und mangelnde Zahlungsbereitschaft der Kunden.

Informationen zum Projekt

Die Ergebnisse des Projekts basieren auf einer schriftlichen Umfrage bei einer repräsentativen Stichprobe von 5789 schweizerischen, 6374 deutschen und 7091 österreichischen Firmen. Die Stichproben aus den jeweiligen Ländern waren geschichtet nach Firmengrösse und Branchen. Die Rücklaufquote lag bei 31.4% in der Schweiz, 36.4 % in Deutschland und 7.6% in Österreich. Die Umfragen wurden zum selben Zeitpunkt in allen drei Ländern und auf Basis eines einheitlichen Fragebogens durchgeführt.

Weitere Informationen finden Sie in der KOF Studie Nr.77 «Creation and Adoption of Energy-related Innovation – the Main Facts»

Hinweis: In der nächsten Ausgabe des KOF Bulletins (6. Januar 2017) wird ein Beitrag zu der Wirkung von Politikmassnahmen zum Einsatz und zur Entwicklung neuer Energietechnologien erscheinen.

Kontakt

Prof. Dr. Martin Wörter
Dozent am Departement Management, Technologie und Ökonomie
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  • +41 44 632 51 51
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KOF Konjunkturforschungsstelle
Leonhardstrasse 21
8092 Zürich
Schweiz

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