Schweizer Wirtschaft profitiert von ihrer Forschung und Entwicklung im Ausland

Die Investitionen schweizerischer Firmen in Forschung und Entwicklung (F&E) an ausländischen Standorten haben in den letzten 20 Jahren markant zugenommen. Sie sind mittlerweile höher als die entsprechenden Ausgaben im Inland. Die häufig geäusserte Befürchtung, diese Entwicklung gehe auf Kosten des Technologiestandorts Schweiz, hält einer empirischen Überprüfung nicht stand.

F&E Schweizer Firmen im Ausland
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Die Schweizer Wirtschaft ist seit Langem durch ausländische Direktinvestitionen (Foreign Direct Investment – FDI) intensiv in die Weltwirtschaft eingebunden. Der durch FDI im Ausland aufgebaute Kapitalbestand («outward FDI») war im Jahr 2013 gemäss FDI-Statistik der Schweizerischen Nationalbank (SNB) mit 166% des nominellen Bruttoinlandprodukts (BIP) höher als in allen anderen wirtschaftlich fortgeschrittenen Ländern.

Mehr Investitionen im Ausland als im Inland

Bei den ins Ausland fliessenden Investitionen («outward FDI») stehen zwar Etablierung und Ausbau von Distributionskanälen und Produktionsstätten im Vordergrund. Aber zunehmend investieren schweizerische Firmen im Ausland auch in F&E. Im Jahr 2012 betrugen die F&E-Ausgaben der Privatwirtschaft an ausländischen Standorten gemäss BFS-Statistik bereits 117% der inländischen F&E-Aufwendungen. Zwanzig Jahre früher, 1989, waren es erst 85%. Heimische Firmen investieren heute somit im Ausland deutlich mehr in F&E als im Inland (siehe T 2). Gemäss der KOF-Innovationserhebung 2015 tätigten 86% der Firmen mit F&E-Aktivitäten im Ausland ihre F&E-Investitionen in der Europäischen Union, 35% in Nordamerika (USA/Kanada), 9% in Japan und 33% in weiteren Ländern, darunter auch in China und anderen asiatischen Ländern.

Die Auslandspräsenz der Schweizer Wirtschaft mit F&E ist wesentlich höher als jene vergleichbarer Länder. So betrug die Relation zwischen Auslands- und Inlands-F&E in Schweden – der Nummer zwei hinsichtlich der Internationalisierung von F&E – im Jahr 2007 lediglich etwa 50%. Allerdings nahm auch in Schweden und in praktisch allen anderen wirtschaftlich weit entwickelten Ländern der Anteil ausländischer F&E im Zeitverlauf deutlich zu.

Die wachsende Auslandspräsenz wird häufig als Verlagerung von F&E-Kapazitäten auf Kosten entsprechender Aktivitäten im Inland interpretiert («Substitutions-Hypothese») und deshalb als Bedrohung einheimischer Arbeitsplätze betrachtet. Es gibt aber auch optimistische Beobachter, die davon ausgehen, dass die wachsenden Auslandsinvestitionen in F&E einerseits Produktion und Absatz in den Zielmärkten unterstützen und andererseits – und zwar in wachsendem Mass – darauf abzielen, das an ausländischen Standorten verfügbare technologische Wissen zu nutzen, um die firmeneigene Wissensbasis zu erweitern. In dieser Sicht ergänzen sich ausländische und inländische F&E-Aktivitäten und stärken so den Technologiestandort Schweiz («Komplementaritäts-Hypothese»), wobei, wie erwähnt, neben den direkten Effekten auf die Mutterfirma auch die indirekten Aus-wirkungen auf die einheimische Wirtschaft zu berücksichtigen sind.

Was gilt für die Schweiz?

In einer neuen Analyse untersuchen Spyros Arvanitis und Heinz Hollenstein, welche der beiden Hypothesen eher auf die Schweizer Wirtschaft zutrifft. Dabei zeigt sich, dass die Schweizer Wirtschaft direkt durch die Erweiterung der Wissensbasis der im Ausland investierenden Unternehmen, aber auch indirekt durch Wissensflüsse zu anderen einheimischen Firmen (Technologie-Spillovers), profitiert. Zudem steigern FDI in F&E die Unternehmensleistung. So erhöhen die markt- und kostenorientierten FDI in F&E die Produktivität der Mutterfirma, während sich wissensorientierte Auslandsaktivitäten günstig auf die marktbezogene Innovationsleistung auswirken.

Die Wirtschaftspolitik kann dazu beitragen, dass die Schweizer Wirtschaft von der internationalen Verflechtung von F&E noch mehr profitiert. Im Vordergrund stehen Massnahmen zur Steigerung der Attraktivität des Standorts Schweiz für innovative Unternehmen, unabhängig davon, ob es sich um einheimische oder ausländische Firmen handelt. Angesprochen sind dabei in erster Linie die Forschungs- und Bildungspolitik, die Steuerpolitik sowie der Abschluss weiterer (notfalls bilateraler) Wirtschaftsabkommen (Deregulierung der FDI in beiden Richtungen; besserer Patentschutz im Ausland etc.), dies scheint angesichts der derzeitigen konjunkturellen und strukturellen Herausforderungen umso angebrachter.

Die ausführliche Analyse von Spyros Arvanitis und Heinz Hollenstein ist in den aktuellen KOF Analysen zu finden.

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